Im Land der Regenbogenschlange
brüllt. Eisern heben sie den rechten Knobelbecher seitwärts, um ihn laut Heeresdekret 14- BZ , Absatz 32a, Klausel 08/15 vorschriftsmäÃig und von einem imposanten Knall begleitet gegen den Absatz des linken Knobelbechers zu knallen. Man sieht das verhaltene Behagen im Gesicht des Brüllers, wenn ein Knaller besonders gut gelungen ist. AnschlieÃend wird das »ordnungsgemäÃe Raustreten« aus dem 7-Mann-Pulk geübt. Da hapert's noch. Mit welchem Bein beginnen? Wie viele Schritte tun bis zum Links-Abbiegen? Wie weit abbiegen? Wann ist der rechte Augenblick, um zum Stillstand zu kommen? Und wann endlich wieder die Hacken aneinanderknallen und dabei gleichzeitig die flache Hand zum Gruà an die Stirn reiÃen? Das Trainieren des Raustretens dauert länger als das gemeinsame Marschieren. Das soll keinen wundern. Den Haufen zu verlassen war schon immer beschwerlicher, als haufenweise loszubrüllen.
Die Beziehungen zwischen Australien und Deutschland sind ausgezeichnet. Trotzdem sollte man als »German« vielleicht nicht mit der Flagge über dem Bauch hier vorbeispazieren. Im hiesigen Western Australia Museum gibt es einen eigenen Saal, in dem eine nationale Tragödie ausgestellt ist. Am 19. November 1941 kommt es hier vor der Küste zu einem Seegefecht zwischen dem deutschen Hilfskreuzer Kormoran und dem australischen Kriegsschiff Sydney II. Durch einen Bluff â die Kormoran gibt sich als holländisches Handelsschiff aus â täuschen die Deutschen die feindliche Besatzung, kommen näher. Um 17 Uhr 30 beginnen die Feindseligkeiten, um Mitternacht liegt das Ergebnis vor. Beide Schiffe zerstört und gesunken, alle 645 Mann auf australischer Seite missing , 79 deutsche Tote und 314 Ãberlebende, die auf Rettungsbooten davonkommen und als Kriegsgefangene enden. Die noch heute offene Wunde: Weder das Wrack der Sydney II noch ein einziger der Vermissten wurden bisher gefunden. Auf einem Hügel steht das Sydney-Memorial , ganz unmartialisch, eine Rundmauer mit allen 645 eingravierten Namen, daneben die Statue einer Frau, The waiting mother . Keiner stört beim Blick auf das schöne Land, das schöne Wasser, keiner beim Nachdenken über die Taten des Krieges.
Unten in der Stadt gibt es das Old Geraldton Gaol , wo sie von 1858 bis 1984 das Verbrecher-Gesindel aus der Umgebung internierten. WeiÃe und Schwarze, in Zellen wie aus dem Mittelalter. Auch ein Teil der Deutschen wurde hier inhaftiert. Heimlich, denn die Angst ging um, dass die lokale Bevölkerung sie lynchen würde. In modernen Zeiten wird hier niemand mehr aufgehängt und keiner mehr ausgepeitscht. Dafür haben wir nun andere Strafen. Nicht minder furchterregend. Ich entdecke sie beim Stöbern in dem Souvenir-Laden, der sich heute in dem Gemäuer befindet. Ich kaufe eine Postkarte, auf der ein Cartoon abgebildet ist. Man sieht ein Knochengerüst in Frauenkleidern auf einer Parkbank sitzen, Text darunter: »Waiting for the right man«. Bin ich wieder in Europa, werde ich den Gag kopieren und als Warnruf verschicken an alle, die ich diesbezüglich für gefährdet halte. Auf dass sie aufwachen und mit uns anderen Männern, den Nicht-So-Richtigen, den Nicht-So-Perfekten, vorliebnehmen.
Beim Hinausgehen fällt mein Blick noch auf ein Gedicht, das an der Wand hängt. Es muss ins Buch, denn auf ironisch-poetische Weise verweist es auf Widersprüche:
A Message from the Blackman
Dear white fella
Just a coupla' things you oughta know:
When I born â I black
When I grown up â I black
When I sick â I black
When I go in sun â I black
When I scared â I black
When I die â I black
But you white fella:
When you born â you pink
When you grown up â you white
When you sick â you green
When you go in sun â you red
When you cold â you blue
When you scared â you yella
When you die â you purple
And you got the hide to call me coloured!
Am frühen Abend, es ist bereits dunkel, mache ich mich auf den Weg zum Batavia Backpackers Hostel , ich habe dort eine Verabredung. Als ich ums letzte Eck biege, höre ich jemanden gräulich schreien. Seltsamerweise denke ich sofort, eine Frau wird attackiert. Jemand ruft mir aus einem Auto zu, ich solle nicht über die StraÃe gehen, »just a bunch of alcoholics, no worries«. Ich denke, der Typ spinnt, zudem schreien Betrunkene anders. Ich gehe. Auf der
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