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Im Land der Regenbogenschlange

Im Land der Regenbogenschlange

Titel: Im Land der Regenbogenschlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Altmann Andreas
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einer andern skin-group angehört, muss er seinen Stamm verlassen. Fluchtartig. Auch bei den Aborigines wurde die Gedankenfreiheit nicht erfunden, auch sie hängen verstockt an ranzigen »Wahrheiten« und Überlieferungen. Der Junge lernt Kameltreiber und zieht irgendwann als Koch und Scout mit dem (weißen) Maler Rex Batterbee durch die Wüste, auf der Suche nach Motiven. Batterbee erkennt bald das Talent des jungen Albert und bringt ihm die Spielregeln der Wasserfarben bei. Und ein Meister kommt zur Welt. Landschaftsmalerei, immer wieder. Auch bei Namatjira die magische, so sinnliche Verbundenheit mit der Umgebung, in der er aufwuchs. Er wird national, international bekannt, Ausstellungen in großen Häusern, die Queen begrüßt ihn.
    Als er anfängt, seine Bilder zu verkaufen, muss er Steuern zahlen. Aber nur ein Staatsbürger ist steuerpflichtig. Also erkennen sie dem Mann, dessen Vorfahren seit Urzeiten den Kontinent bewohnen, die australische Staatsbürgerschaft zu. Jene erkennen sie zu, die ihm das Land gestohlen haben. Funny story.
    Doch der Künstler bekommt sein Leben nicht in den Griff, Erfolg kann Unglück bringen. Zu viele zocken ihn ab, melken ihn. Zuletzt wird er zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt, weil er eine Flasche Rum auf dem Rücksitz seines Wagens liegenließ. Und jemand sie fand, austrank und eine Frau umbrachte. Das sei auch Namatjiras Mitschuld gewesen, urteilen die Richter, denn das Gesetz verbietet, Aborigines mit Alkohol zu versorgen. Nochmals eine Geschichte von der Moral und ihrer Kunstfertigkeit, sich als Hure mit jedem zu verlustieren. Als 57-Jähriger stirbt der Maler, herzkrank, seelenkrank.
    Der Nachmittag endet mit Gelächter. Weil ich das Geburtshaus nicht finde. Aber einen Aborigine treffe, der so viele englische Wörter beherrscht wie ich in seiner Sprache. Zero. Und wir dastehen wie ein Paar Behinderter, die – jeder mit seinen Worten – aufeinander einreden. Und nichts kapieren. Ich brauche die Adresse. Und frage und er antwortet. Oder umgekehrt. Wer könnte das jetzt entscheiden. Die Zeit drängt und ich spüre einen Groll über unser beider Ignoranz hochsteigen, der aber plötzlich in ein befreiendes, selig befreiendes Lachen übergeht, denn der Oberhirte letzter, nein, allerletzter Weisheiten fällt mir ein. Jener, der jede (geistige) Sicherheitsbarriere überrannt hat und sich Sätze, ja verbale Gipfelstürme erlaubt, für die wir anderen Sterblichen guillotiniert würden: Paulo Coelho, der Weis-Sager aus Rio de Janeiro, der Fließband-Produzent unauslotbaren Schwachsinns, er rettet die Situation, indem er sich mit Blaulicht in mein Gedächtnis drängt. Er ist der Mann der Stunde, er weiß, dass ich vor Wochen ein Interview mit ihm über die Art of Travelling gelesen habe und mir damals, schon damals freudetaumelnd, jenen Satz herausschrieb, der weltrekordverdächtig klingt, ja als der Weisheit letzter Kurzschluss in die Geschichte des Reisens eingehen wird, eingehen muss: »Rede mit dem Fremden, auch wenn du dessen Sprache nicht sprichst.« Ich taumle schon wieder, gackernd vor Wonne eile ich zurück zum Parkplatz.
    Auf der Rückfahrt bittet mich Frank Lauterbach, neben ihm Platz zu nehmen. Ich tue das gern, er ist ein ausgesprochen hilfsbereiter Mensch. In ihm rumort es, er sucht noch. Als Busfahrer arbeitet er nebenberuflich, während der Woche ist er Business-partner einer Firma, die sich auf »antislip tiles« spezialisiert hat. Aber rutschfeste Ziegel wollen ihn nicht ausfüllen, sie lösen, sagt er, »keinen Lebenssinn« in ihm aus. »Eigentlich«, und endlich traut er sich, »eigentlich will ich schreiben.« Und so fragt er mich, wie er herausfinden könne, ob er begabt sei. Und so stoße ich knallhart Bescheid: Sich jeden Tag für ein paar Stunden an einen Schreibtisch nageln und schreiben. Und dabei nie vergessen, dass niemand darauf wartet, was er zu sagen hat, er also stark sein und Attacken barer Sinnlosigkeit aushalten muss. Und irgendwann das Geschriebene einem Verlag anbieten muss. Keiner wird vorbeikommen und ihm heimlich seine Texte entführen. Er soll sich eine gute Adresse suchen, denn ein guter Verleger wird die Begabung eines Schreibers erkennen. Vom Blatt, vom ersten Blatt weg. Sie ist wie Schönheit, sie ist unübersehbar. Ein Blick genügt.
    Wie die Hässlichkeit. Noch einen Abend in Alice Springs aushalten. Kino

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