Im Land der tausend Sonnen
verkohlten Reste kleiner Koalas klebten.
Es war eine traurige Pflicht. Sie vergaßen Lukas, gingen an der Schlucht vorbei, in der er lag, und drängten weiter, dem Fluss zu, wo, wie sie hofften, diese Zerstörung ein Ende gefunden haben musste, bis sie schließlich auf eine verbrannte Heimstätte stießen. Das jagte ihnen einen Schrecken ein. Sie sahen sich um, fanden jedoch keine Leichen, und das war eine große Erleichterung. Eine Zeit lang durchsuchten sie die vernichtete Farmlichtung und fragten sich, was aus den Leuten geworden sein mochte, die hier gewohnt hatten, doch sie stießen nirgendwo auf ein Lebenszeichen, und so ritten sie noch etwa eine halbe Stunde weiter, bis jemand bemerkte, dass sie sich auf dem Land des Iren befanden.
»Ein Glück, dass der Boss sich wenigstens hier rechtzeitig das Bauholz geholt hat. Quinlan hätte es jetzt nicht mehr viel genützt.«
»Wer ist Quinlan?«, fragte einer der Viehtreiber.
»Der Kerl, der Duke erschossen hat. Unseren Zuchtmerino.«
»Lieber Himmel! Na, das hier wird ihn in die Schranken weisen.«
»Wenn er davon erfährt. Er sitzt im Knast. Wir sollten jetzt umkehren. Wir folgen dem Fluss an dem verbrannten Land vorbei und teilen uns dann, um Lukas zu suchen. Ich wüsste zu gern, wohin der verschwunden ist.«
»Ist wahrscheinlich längst zu Hause.«
»Kann sein, und wir reiten durch die Gegend, als hätten wir nichts Besseres zu tun.«
»Ich hab gehört, zwischen Lukas und Keith hätte es böses Blut um die Gunst der kleinen Frau gegeben. Vielleicht will Keith gar nicht, dass er gefunden wird.«
»Und vielleicht solltest du J. B. gegenüber lieber das Maul halten. Sonst schlägt dir einer die Fresse ein.«
Sie waren alle sehr nett zu ihr, die Köchin, Elsie, sogar Mrs Dixon. Sie gaben ihr frei. Sie ließen sie mit einem Stapel Zeitschriften und Tee und Kuchen in der Sonne sitzen. Aber Hanni hatte Angst. Große Angst inzwischen.
»Lukas ist etwas zugestoßen, ich weiß es genau«, sagte sie zur Köchin, die ihr gebot zu schweigen und ihr erklärte, wie riesig diese Farm war.
»Deshalb sind sie oft tagelang weg, trotz ihrer schnellen Pferde, meine Liebe. Zu Fuß hat ein Mann es noch viel schwerer.«
»Und außerdem hat er nichts zu essen.«
»Zu essen gibt's genug. Du würdest staunen. Frag doch Lulla, sie kann dir davon erzählen. Ihre Leute, die Aborigines, die hatten noch nie Schafe oder Gemüsegärten und sind trotzdem nicht verhungert. Ich schick sie zu dir, sie soll mit dir reden.«
Lulla, das Küchenmädchen, kam und brachte Hanni ein aus Hanf geflochtenes Täschchen als Geschenk.
Sie hörte sich kommentarlos Hannis Befürchtungen an, ihre Ängste um Lukas, ließ sie reden, und irgendwann blickte sie Hanni offen ins Gesicht, die dunklen Augen von Sorge getrübt.
»Du hast verdammte Angst vor dem Boss, Missy.«
»Nein.« Hanni erschrak. »Vor welchem Boss? Was sagst du da?«
»Mr Keith. Er hat dir Angst gemacht, Missy?«
»Wie kommst du darauf, Lulla? Das ist doch Unsinn.«
»Was für ein Unsinn das ist, seh ich daran, wie du ängstlich zusammenzuckst, wenn einer seinen Namen spricht. Du hast verdammt viel Angst. Hat er's bei dir versucht?«
»Was?«
Lulla, erst siebzehn Jahre alt, erschien Hanni in diesem Augenblick so alt wie Methusalem. Ihre dunkle faltige Haut schien Jahrhunderte durchlebt zu haben, und aus ihren Augen strahlte eine Weisheit, um die Hanni sie bedauerte und gleichzeitig beneidete. Doch sie konnte ihre Demütigung nicht eingestehen, diese furchtbare Schande; niemandem konnte sie das eingestehen, zuallerletzt diesem schwarzen Mädchen.
»Ich weiß nicht, wovon du redest«, brachte sie mit leicht hochmütigem Tonfall heraus, doch Lulla ergriff ihre Hand.
»Du hast es deinem Mann nicht gesagt, Mädchen?«, fragte sie kummervoll. »Natürlich nicht. Was würde er schon sagen? Was wohl? Du böses Mädchen! Wie sagt er? Boss spuckt ihn an. Weg mit dem Niemand.«
»Bitte, Lulla. Habe ich nicht schon genug Sorgen? Lukas ist fort. Er hat sich irgendwo da draußen verirrt. Vielleicht ist er vom Pferd gestürzt
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