Im Land der tausend Sonnen
Walther seine neueste Errungenschaft, eine Kiste mit Postkarten, die, wie er erklärte, beim nächsten Mal entschieden billiger kommen würden.
Danach suchte Walther Mr Rawlins auf, den Bankdirektor, der sich sehr freute, ihn zu sehen.
»Das Kirchenkonto ist überzogen, Mr Badke.«
»Das habe ich mir fast gedacht«, antwortete Walther bekümmert. »Machen Sie sich keine Sorgen. Ich werde mich darum kümmern. Ich komme in einer anderen Angelegenheit …«
Rawlins war überrascht, dass dieser Bursche, den er für einen dieser armen deutschen Bauern gehalten hatte, in Wirklichkeit recht wohlhabend war.
»Ich wäre fast hintenübergefallen«, erzählte er seinem Angestellten, »als er mir eine Liste seiner deutschen Anteile und Aktien überreichte. Ein Vermögen, sag ich dir. Er will sie in Bargeld umwandeln, braucht jedoch Rat. Ich werde einem Börsenmakler in Brisbane schreiben und mich kundig machen, wie ich am besten vorgehe. Auf jeden Fall ist er schon mal losgegangen, um sich ein Stück Farmland auszusuchen. Wie es aussieht, wird er die Gemeinde auch im Stich lassen. In dem Fall muss ich weiteren Überziehungen einen Riegel vorschieben.«
»Wofür braucht er das Land?«
»Für eine Farm. Sie sind in ihrem Herzen doch alle Bauern.«
Das traf nicht ganz zu. Walther sah sich nach Ackerland um, doch dort wollte er Getreide für sein Bier anbauen. Gerste und Hopfen. Er hätte Kurt schreiben sollen, dass er Saatgut mitbringt. Sobald er Zeit hätte, würde er ihm ausführlicher schreiben. Vielleicht brachte Kurt auch ein paar Arbeiter aus der Brauerei mit, am besten auch den Böttcher, der ihre Fässer herstellte. Walther hatte in diesem Land hervorragendes Bauholz gesehen, gut geeignet für seine Zwecke.
Nun, so überlegte er auf dem Weg zum Krankenhaus, wo er Lukas besuchen wollte, Vetter Kurt hat daran gedacht, nach Australien zu kommen. Jetzt soll er sich beeilen.
Die Oberschwester des Krankenhauses hatte es aufgegeben, auf festen Besuchszeiten zu bestehen, denn kein Mensch in dieser ungebärdigen Stadt hielt sich daran. Die Leute kamen und gingen, wie es ihnen gerade passte, durch den Haupteingang, die Seitentüren, sogar durch die Küche. Sie strömten aus allen Himmelsrichtungen herbei und waren ein ständiges Ärgernis für sie. Besonders in der Männerabteilung, wo die Besucher in staubiger Kleidung umhertrampelten, sich auf die Betten setzten, Stühle heranschleppten und die Zimmer mit Pfeifenrauch einnebelten, was natürlich auch verboten war.
Auch heute war es wieder so. Zwei Krankenschwestern bemühten sich, den Patienten das Essen zu servieren, während freche Besucher sie neckten, die Speisen kritisierten, ihnen im Weg standen, Hilfe anboten und überhaupt nichts als Ärger machten. Ein Blick reichte der Oberschwester. Es war einer dieser Tage, an denen alles schief ging. Die Mahlzeit wurde bereits mit fast einer Stunde Verspätung ausgegeben.
»Schluss jetzt!«, brauste sie auf. »Alle raus. Raus hier!«
Eine Frau, die sich mit ihrer gesamten Familie um das zweite Bett drängte, hob erstaunt den Blick. »Wir werden Ihnen nicht im Wege sein, Oberschwester.«
»Alle, hab ich gesagt, Mrs Court. Meine Mädchen können sich hier gar nicht bewegen. Raus jetzt.«
»Deswegen müssen Sie nicht gleich so grob werden«, empörte sich die Frau und entschuldigte sich bei ihrem Mann. »Tut mir Leid, Lieber. Wir bleiben nicht lange fort. Iss jetzt brav auf. Sofern es genießbar ist!«
Lukas sah den Besuchern nach, unter ihnen auch Hanni und Walther, und er war bekümmert, als Walther ihm zurief: »Morgen komme ich wieder.«
Er wollte mit Walther unter vier Augen reden. Er hätte schon einen Vorwand gefunden, um Hanni kurz wegzuschicken. Sie verbrachte den Großteil des Tages an seinem Bett. Die übrige Zeit lief sie auf der Suche nach Arbeit durch die Stadt, und das ärgerte ihn mehr als alles andere.
Seit einer Woche lag er nun im Krankenhaus. Sein Rücken, seine abgeschürften Hände und die Knie verheilten, doch sein Bein war eingegipst. Für lange Zeit würde er sich nicht ohne Krücken fortbewegen können. Keine Arbeit. Kein Lohn. In seinem ganzen Leben war Lukas nicht so deprimiert gewesen. Es schmerzte ihn, dass
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