Im Land der tausend Sonnen
Gemeinschaft auf den vierzig Morgen Kirchenland nicht aufgegangen ist, aber …«
»Entschuldigen Sie, Herr Hoepper, aber mittlerweile denke ich, das ist das Beste, was uns passieren konnte. Dadurch sind wir gezwungen, uns hier einzugliedern, während wir uns sonst völlig isoliert hätten. Es ist nicht gesund, so stark voneinander abhängig zu sein, und die Einheimischen wären uns mit Misstrauen begegnet. Wie es gekommen ist, ist es gut, aber Pastor Beitz muss auch Grenzen akzeptieren.«
»Zum Beispiel?«
»Herr Hoepper, diese Stadt ist sehr klein. Jeder weiß über den anderen Bescheid. Ich habe gerade erfahren, dass Pastor Beitz bei der Bank wegen einer Aufstockung des Darlehens vorgesprochen hat, damit er seine Schule bauen kann.«
»Für wen?«, fragte Hubert besorgt.
»Eine Missionsschule für die Kinder der Schwarzen. Dagegen habe ich ja im Grunde gar nichts einzuwenden, aber das Geld dafür ist einfach nicht da. Wir zahlen schon unseren Zehnten, um den Pastor und die Kirche zu unterstützen, und das ist schwer genug für eine Kirchengemeinde, die um einen Neubeginn in einem fremden Land kämpft. Wenn er uns jetzt noch tiefer in die Schulden treibt, werden die meisten von uns sich von seinem Projekt lossagen. Dann steht er ohne jede Hilfe da.«
»Ich wollte, Sie und Ihre Leute würden selbst mit Pastor Beitz reden … Könnten Sie ihm nicht eine Delegation schicken?«
»Herr Hoepper, Sie müssen doch verstehen. Pastor Beitz ist lange Zeit Pfarrer in seiner eigenen Kirchengemeinde gewesen. Dort, wo er herkommt, üben die Pfarrkinder keine Kritik an ihrem Pastor. Er wird niemanden von uns anhören. Er weigert sich einfach. Aber Sie sind vielleicht in der Lage, ihn zur Vernunft zu bringen. Ich hoffe es jedenfalls. Wenn nicht, dann steht er ganz allein da.«
»Das sieht sehr gut aus, nicht wahr?«, fragte Pastor Beitz seinen Freund.
»Wozu?«, wollte Tibbaling wissen. »Wozu brauchst du eine Mauer?«
Er versuchte zu erklären, dass es ihm im Grunde nur um den schönen Anblick ging, denn hüfthoch, wie die Mauer war, eignete sie sich kaum zum Fernhalten von Eindringlingen. Er gab jedoch bald auf.
»Übrigens, hast du Vikar Ritter kennen gelernt, unseren Hilfspfarrer?«
Tibbaling nickte weise. »Ah ja. Ich habe ihn gesehen, den Doppelmann.«
»Was?«
»Doppelmann. Der neue heilige Mann.«
»Wieso sagst du das?«
»Wieso fragst du? Er ist ein heiliger Mann; er geht mit dem Heiligen Geist, nicht wahr?«
Der Pastor kniff die Augen zusammen und versuchte, den Erklärungen zu folgen. »Ja, natürlich. Aber ja. Er ist ein frommer Mann. Du hast völlig Recht. Er geht mit dem Heiligen Geist.«
Tibbaling ging weiter, um den Arbeitern zuzusehen. Er vermutete, dass der Pastor noch mehr Nahrung anpflanzen wollte, was wohl eine verlässlichere Vorratshaltung darstellte als der Proviant aus dem Busch. Besonders diese Blätter, die sie aßen. Er sah Doppelmann bei Tom Großzehe und Hüpf-Jim, zwei von Tibbalings Jungen, und alle drei hebelten mit Eisenstangen einen mächtigen Felsblock aus.
Der neue heilige Mann war ein männlicher Bursche. Tibbaling hatte seinen schönen Körperbau bewundert, als er ihn im Bach baden sah, und er hatte sich über seine Reaktion auf diese ungezogenen Mädchen gefreut. Er mochte alle Weißen in diesem Lager, doch bevor Doppelmann aufgetaucht war, hatte keiner von ihnen sich je eine Frau geholt, und das war ihm unverständlich. Er, der neue heilige Mann, hatte es zwar auch nicht getan, aber er hatte eindeutig bewiesen, dass er es wollte. Es wäre gewiss interessant zu beobachten, was jetzt geschah. Und wichtig war auch, die ungezogenen Mädchen von der Gemeinde fern zu halten. Tibbaling hielt nichts davon, wenn seine Stammesangehörigen sich mit weißen Männern paarten. Das schwächte nur.
Tibbaling schnupperte die Luft. Es war eine schlechte Jahreszeit für Stürme, zu viel Regen und Hitze und verwirrende Winde, die alles verstärkten, sogar Familienstreitigkeiten. Er hoffte sehr, dass die Geister auf der Hut waren. Und das erinnerte ihn. Warum ging der Heilige Geist mit Ritter statt mit Beißt? Dem gebührte doch bestimmt die größere Ehre. Und
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