Im Land der tausend Sonnen
von Walthers Brauerei?«
»Nein, auf der anderen Seite des Flusses. Gehen Sie hinunter zum Anleger und nehmen Sie dort ein Boot, das sie übersetzt.«
Friedrich brach auf, doch die Vorsicht ließ ihn innehalten. Besprich das lieber nicht mit Rolf. Wenn er nun genauso ist wie alle anderen? Auf Beitz' Meinung eingeschworen? Er erinnerte sich, an einer Werkstatt vorbeigekommen zu sein, über der ein Schild hing: LANDRODUNG – HOLZANKAUF. War es nicht besser, zunächst mit unvoreingenommenen Geschäftsleuten zu sprechen? Oder sollte er sich zuerst mit Beitz abstimmen? Vielleicht war er so knapp bei Kasse, dass er sich doch zum Verkauf drängen ließ. Schade, dass er ihn nicht überreden konnte, die ganzen verdammten vierzig Morgen obendrein zu verkaufen. Nachdem sie das Geld für das Holz abgesahnt hatten …
Jemand lief ihm eilig nach, und er drehte sich um, damit rechnend, dass eines von Frau Zimmermanns Kindern sich aus der kleinen im Hof spielenden Gruppe gelöst hatte und ihm folgte, um ihm einen guten Morgen zu wünschen. Sein Herz erwärmte sich ein wenig angesichts der Erfahrung, erkannt und gesucht zu werden, wenn auch nur von Kindern.
Doch es war kein Kind, es war die hübsche kleine Frau Fechner. Sie und ihren Kummer hatte er völlig vergessen.
»Oh, Vikar Ritter«, rief sie. »Dass ich Sie heute Morgen treffe! Sie sind direkt an unserem Haus vorbeigegangen. Wir wohnen dort drüben.«
»Wie schön. Und wie geht es Ihnen?«
»Ja, mir geht's gut. Ich habe ein paar Stunden frei und muss erst später wieder zur Arbeit. Ob Sie wohl Zeit hätten … für mich? Um zu reden?«
Um mir deinen Unsinn anzuhören? Ich glaube nicht. Schon wollte er eine Entschuldigung vorbringen und sich ihr entziehen, als ihm sein Kaffee wieder einfiel.
»Können Sie Kaffee kochen?«, fragte er, und sie blickte verwundert zu ihm auf.
»Ja, natürlich.«
»Schön.« Er reichte ihr das Säckchen mit den Kaffeebohnen. »Ich gehe mit Ihnen, wenn Sie mir eine Tasse Kaffee kochen.«
Der Kaffee war köstlich. Er trank bereits die dritte Tasse. Anstandshalber, so vermutete er, hatte sie zwei Stühle auf die Veranda gezogen und wartete jetzt geduldig auf ihr Stichwort. Das er schließlich auch liefern musste.
»Nun, meine Liebe. Was bedrückt Sie?«
Sie war ein überaus hübsches Mädchen … eine Frau vielmehr … mit makelloser Haut und einem prachtvollen Busen, den sie sorgsam unter einem Schultertuch verbarg. Aber ihre Figur war ihm schon beim ersten Zusammentreffen aufgefallen, und er konnte sich die verborgene Schönheit problemlos vorstellen. Sie war entschieden reizvoller, als Fräulein Adele jemals sein würde, und er fragte sich, warum er abgesehen von der normalen Bewunderung eines Mannes für schöne weibliche Formen in ihrer Gegenwart keine sexuelle Erregung empfand. Vielleicht beeinträchtigt das Dasein als Geistlicher meine Triebe, überlegte er.
»Herr Vikar, ich lebe in solcher Schande«, flüsterte sie. »Ich kann Ihnen nicht sagen, wie schrecklich es für mich ist, über solche Dinge reden zu müssen, aber ich ertrage es einfach nicht länger …«
»Reden Sie, Schwester«, murmelte er, jetzt schon gelangweilt.
»Zuerst muss ich Sie um Verzeihung dafür bitten, dass ich Sie mit meinem Kummer belästige …«
»Schon gut.«
»Und mich für das entschuldigen, was ich werde sagen müssen.«
»Liebe Frau, nichts ist neu auf dieser Welt. Nichts, was Sie mir berichten könnten, würde mich schockieren, falls Sie sich deswegen ängstigen. Ich denke, ich habe längst alles gesehen und gehört.« Und das stimmt sogar, fügte er im Stillen hinzu, darauf bedacht, sich nicht zu einem Grinsen hinreißen zu lassen.
»Sie werden nicht schockiert sein?«, fragte sie nach.
»Nein.«
»Ich habe es nicht verdient …« Sie begann zu weinen, und er seufzte. Und wartete. Er sollte noch einmal zu diesem Bach gehen und sich vor dem Mittagessen abkühlen, dann vielleicht ein Schläfchen halten …
Sie begann: »Lukas – mein Mann, Sie haben ihn schon kennen gelernt – und ich, wir haben draußen im Westen auf einer Schafzuchtfarm gearbeitet. Wir hatten
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