Im Land der tausend Sonnen
zu Gesicht, und ganz gleich, wie oft er nass wurde, er gab den Geist einfach nicht auf. Friedrich hatte schon erwogen, ihn in den Fluss zu werfen, doch er gehörte zu seiner Verkleidung und wurde daher noch für eine Weile gebraucht. Die Progress Hall sah Beitz' Kirche ähnlich wie ein Ei dem anderen, bis auf die bleiverglasten Fenster und die Tatsache, dass sie ein wenig länger und breiter war. Mit der Umgebung verhielt es sich jedoch anders. Das Gebäude wirkte ohne Grünpflanzen etwas verloren mitten auf einer Wiese und sah aus, als müsste es dankbar sein für die Gnade, überhaupt dort stehen zu dürfen.
Er warf einen Blick hinein, auf den glänzend polierten Fußboden aus Zedernholz, genau wie in St. Johannis, nur dass hier Tische und mit Bändern geschmückte Wahlkabinen standen. Frauen in Schürzen huschten umher, stellten Gegenstände bereit und trugen durch die Hintertür Tabletts in den Saal. Es roch betörend nach frischem Holz, Sägemehl und frisch gebackenem Kuchen.
Immer mehr Leute folgten ihm zur Tür, und er trat zur Seite, um sie vorbeizulassen, wobei er ihre Grüße gnädig zur Kenntnis nahm.
Er ging um das Haus herum zu einer Seitentür, wo Frauen eine schwere Kiste mit Lebensmitteln von einem Wagen luden. Er trat hinzu, um ihnen zu helfen, und nahm ihren strahlenden Dank entgegen.
»Das alles ist für die große Tombola«, erklärte eine der Frauen.
Auf einer kleinen Bühne standen drei Männer, die das geschäftige Treiben unten im Saal überhaupt nicht beachteten. Sie sahen bedeutend aus, wie auch der samtbezogene Tisch vor ihnen mit den drei Plüschstühlen.
»Die Hauptpersonen«, sagte er grinsend zu sich selbst. »Möchte wetten, der Jüngere ist unser Liebhaber.«
Er wandte sich einer weißhaarigen Frau mit rosigem Gesicht zu, die sich in keiner Weise von den weißhaarigen Frauen mit rosigen Gesichtern in seiner alten Heimat unterschied, und sprach sie gedankenlos auf Deutsch an.
»Tut mir Leid«, sagte sie. »Ich verstehe kein Dänisch.«
Wie konnte das passieren? Er versuchte es noch einmal, dieses Mal auf Englisch.
»Gehe ich recht in der Annahme, dass es sich bei dem jungen Mann oben auf der Bühne um diesen Herrn hier handelt?«
Er zeigte auf ein Pamphlet an der Tür. Darauf war Keith Dixon abgebildet, und darunter standen sein Name und ein paar Worte, die ihn nicht interessierten.
»Ja. Das ist er. Ist er nicht großartig? Er ist genau der Mann, den wir als Abgeordneten brauchen. Seine Mutter ist eine meiner besten Freundinnen. Möchten Sie ihn kennen lernen?«
Nicht unbedingt, dachte er. Ich wollte ihn nur mal sehen. Ihm wurde klar, dass eine Ausrede für sein Hiersein angebracht sein könnte, und er sagte, was ihm als Erstes in den Sinn kam.
»Oh nein. Ich möchte nicht aufdringlich sein. Ich wollte nur eine Spende anbieten.«
Politiker und Geistliche, dachte er, die sind doch alle gleich. Spenden haben es ihnen angetan.
Die Frau schlüpfte zurück in den Saal, und er wandte sich zum Gehen.
Ob Politiker oder Geistliche, lachte er innerlich, versucht doch mal, mir eine Spende zu entlocken. Doch jemand tippte ihm auf die Schulter, als er gehen wollte.
»Sie haben nach mir gefragt? Ich bin Keith Dixon. Wie ich hörte, wollen Sie für unsere Sache spenden?«
Diesem jungen Spund war Friedrich mehr als gewachsen. Er lächelte. Pass gut auf, Freddy.
»Oh, Sir, ich wollte Ihnen nicht die Zeit stehlen. Ich bin Vikar Ritter von der lutherischen Gemeinde.«
»Ach ja? Nun, schön, Sie kennen zu lernen. Das ist die deutsche Gemeinde, wie?«
»Ja, Sir, unsere bescheidene Gemeinde.«
»Verzeihung, man hat mir erzählt, Sie seien Däne.«
»Däne?«
»Ja. Wir haben hier eine große dänische Gemeinde.«
»Ah. Das wusste ich nicht.«
»Sind Sie neu hier?« Friedrich bemerkte wohl, dass er in Dixons Achtung gesunken war.
»Ja. Ich bin erst seit kurzer Zeit hier. Ich soll Pastor Beitz ablösen.«
»Ihre Leute sind hier nicht sonderlich beliebt.«
»Tut mir Leid, das zu hören. Würden Sie mich ein Stückchen begleiten und mir
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