Im Land der tausend Sonnen

paar von seinen jungen Burschen zum Roden schickt, muss Pastor Beitz sich unterbrechen und sie daran hindern. Sie streiten sich gehörig deswegen. Und übrigens … Walther ist von einer Schlange gebissen worden.«
            »Lieber Gott! Davor haben wir hier draußen ständig Angst, aber dort in dem dichten Unterholz dürfte es noch viel gefährlicher sein. Geht es ihm wieder gut?«
            »Er war ein paar Tage krank, dann hatte er es überstanden. Strauss sagt, wenn ihn eine von diesen hochgiftigen Schlangen gebissen hätte, wäre er binnen weniger Stunden gestorben. Nicht unbedingt ein Trost, wie? Eva versucht herauszufinden, wie die Giftschlangen aussehen, aber das ist meiner Meinung nach reine Zeitverschwendung. Wenn du gebissen wirst, war's das.«
            »Mag sein«, antwortete Jakob sorgenvoll.
            »Und hier, bevor ich es vergesse«, sagte Theo. »Pastor Beitz schickt dir einen Brief.«
            Aus der Tiefe seiner Hosentasche zog er einen zerknitterten Umschlag heraus. »Was schreibt er?«
            »Ich lese ihn später«, sagte Jakob, für den Fall, dass der Pastor ihm etwas Privates mitzuteilen hatte, und ging zu Frieda, um das halbe Rind zu zerlegen.
            Er erinnerte sich erst wieder an den Brief, als er zur Nacht das Licht löschen wollte.
            Der Inhalt überraschte ihn nicht, bereitete ihm aber Sorgen. Pastor Beitz schickte allen seinen Segen, tadelte Jakob, weil er mit seiner Familie nicht zum Sonntagsgottesdienst kam, und ließ ihn wissen, dass die gemeinsame Kasse mittlerweile bedenklich zusammengeschrumpft sei. Beitz hatte beschlossen, das Problem zu lösen, indem er von allen Mitgliedern der Gemeinde, die unabhängig lebten und arbeiteten, den Zehnten einforderte, und der sollte nach seiner Berechnung einen Shilling pro Woche und pro Kopf betragen, Kinder waren davon ausgenommen.
            Es kam Jakob nicht in den Sinn, diese Zahlung zu verweigern, doch der Aufruf erfolgte zu einem ungünstigen Zeitpunkt, da sie bisher noch keinen Penny eingenommen hatten, geschweige denn einen Shilling. Allmählich bereute er seine Großzügigkeit, ein zweites Stück Land für Karl gepachtet zu haben.
            Frieda zeigte sich optimistischer. »Der Ochsentreiber sagte, am ersten Sonntag jedes zweiten Monats ist Markttag in Bundaberg. So haben die Leute aus dem Busch Gelegenheit, zur Kirche zu gehen und ihre Waren zu verkaufen. Der nächste Markt findet in zwei Wochen statt, im August. Wir gehen hin, Jakob.
            Wir verkaufen Gemüse und meinen Käse. Ich habe genug davon. Wir schaffen das.
            Vielleicht könnten wir Pastor Beitz mit Naturalien statt mit Geld bezahlen«, fügte sie nach kurzem Überlegen hinzu.
            »Das möchte ich nicht gern tun.«
            »Warten wir's ab.« Sie lächelte. »Warten wir ab, was nach dem Markttag noch übrig ist. Vielleicht verkaufen wir gar nichts, dann hätten wir wenigstens Nahrungsmittel, die wir ihnen geben könnten. Das ist genauso viel wert wie Geld.« Jakob machte sich auf die Suche nach Theo. »Wusstest du, dass der Pastor knapp bei Kasse ist?«
            »Ja. Ich dachte mir schon, dass er dir das schreiben würde. Ich habe nichts, was ich ihm geben könnte. Walther sagt, Pastor Beitz hat an das Seminar in Hamburg geschrieben und darum gebeten, dass man dem jungen Vikar, der zu seiner Hilfe kommen soll, Geld für ihn mitgeben möge, doch der wird erst im nächsten Jahr erwartet. Sieht so aus, als müssten Walther und die beiden Lutze-Jungen sich genauso wie alle anderen eine Arbeitsstelle suchen. Richtige Arbeit.«
            »Und das Land, das sie schon gerodet haben, holt sich der Dschungel wieder. Das dürfen wir nicht zulassen. Gibt es auf dem Kirchenland vielleicht gutes Bauholz, das Les Jolly kaufen könnte?«
            »Jede Menge. Jolly war sogar schon dort. Aber Pastor Beitz will nicht verkaufen. Er sagt, er benötigt das beste Bauholz für die Kirche, und abgesehen davon dürfe keiner einen Baum anrühren. Er gibt nicht einen einzigen her.«
            Jakob gab es auf; er hatte genug eigene Sorgen.

  6. Kapitel
     
            Zunächst lebten die Kleinschmidts im Holzfällerlager tief im Wald, während die Männer zur Arbeit gingen, aber da sie ihre Frauen bei sich hatten, musste Rolf so schnell wie möglich für bessere Unterkünfte sorgen. Zu seiner Erleichterung erwiesen sich die anderen