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Im Land der weissen Rose

Im Land der weissen Rose

Titel: Im Land der weissen Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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das Reiten nicht
mit Passion betrieb. Der junge Gentleman saß locker und korrekt
im Sattel, handhabte die Zügelführung sicher und verstand
das Pferd ruhig neben seiner Begleiterin zu halten, um dabei
angelegentlich mit ihr zu plaudern. Zu Gwyneiras Verwunderung besaß
er jedoch kein eigenes Pferd und zeigte auch keine Neigung, den neuen
Hengst auszuprobieren, während Gwyn darauf brannte, seit Warden
das Pferd gekauft hatte. Bislang hatte man ihr einen Ritt auf Madoc
allerdings stets mit dem Argument verwehrt, ein Hengst sei kein
Damenpferd. Dabei war der kleine Rappe von deutlich ruhigerem
Temperament als Gwyneiras eigenwillige Igraine, wenn auch sicher
nicht an den Damensattel gewöhnt. Doch was das betraf, war Gwyn
optimistisch. Die Viehtreiber, die mangels Reitknecht auch als
Stallburschen fungierten, hatten keine Ahnung von Schicklichkeit. So
musste Lucasden verwunderten McKenzie heute auch extra dazu
auffordern, Gwyneiras Stute mit dem Seitsattel zu versehen. Für
sich selbst orderte er eines der Farmpferde, die durchweg größer,
dafür aber leichter waren als die Cobs. Die meisten schienen
auch recht spritzig zu sein, doch Lucas’ Wahl fiel auf das
ruhigste Tier.
    Â»Dann kann ich eingreifen, wenn Mylady in Schwierigkeiten
kommt und habe nicht womöglich mit dem eigenen Pferd zu
kämpfen«, erklärte er dem verblüfften McKenzie
seine Wahl.
    Gwyneira verdrehte die Augen. Sollte sie wirklich in
Schwierigkeiten kommen, wäre Igraine vermutlich schon mit ihr am
Horizont verschwunden, bevor Lucas’ gelassener Schimmel
überhaupt antrat. Allerdings kannte sie das Argument aus
Benimmbüchern und tat deshalb so, als wüsste sie Lucas’
Fürsorge zu schätzen. Der Ritt über Kiward Station
verlief denn auch sehr harmonisch. Lucas plauderte mit Gwyneira über
Fuchsjagden und äußerte sich verwundert über ihre
Teilnahme an Hundetrials.
    Â»Das erscheint mir doch eine ziemlich ... äh,
unkonventionelle Beschäftigung für eine junge Lady«,
tadelte er mild.
    Gwyneira biss sich leicht auf die Lippen. Fing Lucas jetzt schon
an, sie zu bevormunden? Dann war es besser, ihm gleich einen Dämpfer
zu verpassen.
    Â»Damit werden Sie sich bei mir abfinden müssen«,
sagte sie kühl. »Es ist schließlich auch ziemlich
unkonventionell, einer Brautwerbung nach Neuseeland zu folgen. Zumal,
wenn man den künftigen Gatten nicht einmal kennt.«
    Â»Touché!« Lucas lächelte, wurde dann aber
ernst. »Ich muss auch zugeben, dass ich das Vorgehen meines
Vaters zunächst nicht ganz billigen konnte.Allerdings ist es
hier wirklich sehr schwierig, eine angemessene Verbindung zu
arrangieren. Verstehen Sie mich richtig, Neuseeland wurde nicht von
Gaunern besiedelt wie Australien, sondern von durchaus ehrbaren
Menschen.Aber die meisten Siedler... nun, es fehlt ihnen einfach an
Klasse, an Bildung, Kultur. Insofern schätze ich mich nun mehr
als glücklich, dass ich dieser unkonventionellen Brautwerbung
zugestimmt habe, die mir eine solch entzückend unkonventionelle
Braut zugeführt hat! Darf ich hoffen, dass auch ich Ihren
Ansprüchen genüge, Gwyneira?«
    Gwyn nickte, auch wenn sie sich zum Lächeln zwingen musste.
»Ich bin angenehm überrascht, hier einen solch perfekten
Gentleman wie Sie vorzufinden«, sagte sie. »Ich hätte
auch in England keinen kultivierteren und gebildeteren Gatten finden
können.«
    Das war zweifellos richtig. In den Kreisen des Waliser Landadels,
in denen Gwyneira sich bewegt hatte, verfügte man zwar über
eine gewisse Grundbildung, doch in den Salons war doch häufiger
von Pferderennen als von Bach-Kantaten die Rede.
    Â»Natürlich sollten wir einander noch näher kennen
lernen, bevor wir einen Hochzeitstermin festsetzen«, meinte
Lucas. »Alles andere wäre nicht schicklich, das habe ich
Vater auch schon gesagt. Der hätte die Feier nämlich am
liebsten schon übermorgen anberaumt.«
    Gwyneira fand zwar, dass der Worte nun genug gewechselt waren,
doch sie stimmte natürlich zu und zeigte sich anschließend
entzückt von der Einladung, Lucas heute Nachmittag in seinem
Atelier zu besuchen.
    Â»Ich bin natürlich nur ein unbedeutender Maler, hoffe
aber, mich noch entwickeln zu können«, erläuterte er
ihr, während sie im Schritt eine einladende Galoppstrecke
entlang ritten. »Zurzeit arbeite ich an einem Porträt
meiner Mutter.

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