Im Land Der Weissen Wolke
genannt, und er war immer ihr besonderer Freund gewesen.
Fleurettes Befangenheit fiel von ihr ab.
»Immer noch!«, nahm sie das Spiel auf. »Ruben Hood und ich sind einander versprochen ... das ist einer der Gründe, weshalb ich hier bin.«
»Aha«, meinte McKenzie. »Der Sherwood-Wald wird wohl zu klein für die wachsende Anzahl eurer Anhänger. Nun, da kann ich helfen, Lady Fleur ... Allerdings sollten wir jetzt erst einmal die Schafe in Sicherheit bringen. Der Boden hier wird mir etwas zu heiß. Möchten Sie mich begleiten, Miss Fleur, um mir mehr von Ihnen und Ihrer Mutter zu erzählen?«
Fleurette nickte eifrig. »Gern. Aber ... Sie sollten sich besser irgendwohin auf den Weg machen, wo Sie wirklich sicher sind. Und die Schafe vielleicht einfach zurückgeben. Mr. Sideblossom ist mit einem Suchtrupp unterwegs ... einer halben Armee, sagt meine Mutter. Mein Großvater ist auch dabei. Sie wollen Sie festnehmen und mich ...«
Fleurette schaute sich wachsam um. Bislang hatte sie sich hier sicher gefühlt, doch wenn Sideblossom mit seinen Vermutungen Recht hatte, befand sie sich zurzeit auf dem Gelände von Lionel Station, Sideblossoms Land. Und womöglich hatte der Anhaltspunkte dafür, wo McKenzie sich aufhielt.
McKenzie lachte wieder. »Sie, Miss Fleur? Was haben Sie denn angestellt, dass man Ihnen einen Suchtrupp hinterherschickt?«
Fleur seufzte. »Ach, das ist eine lange Geschichte ...«
McKenzie nickte. »Gut, dann verschieben wir das lieber, bis wir in Sicherheit sind. Folgen Sie mir einfach, und Ihre Hündin kann Friday zur Hand gehen. Umso schneller sind wir hier weg.« Er pfiff Friday, die genau zu wissen schien, was er von ihr erwartete. Sie trieb die Schafe seitlich über die Terrasse, nach Westen, auf die Alpen zu.
McKenzie stieg auf sein Maultier. »Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, Miss Fleur. Die Gegend, in die wir reiten, ist völlig sicher.«
Fleurette schloss sich ihm an. »Sagen Sie einfach Fleur zu mir«, bat sie. »Das alles ist sowieso ... sehr seltsam, aber es klingt noch seltsamer, wenn mein ... also, wenn jemand wie Sie mich Miss nennt.«
McKenzie warf ihr einen prüfenden Blick zu.
Die beiden ritten eine Zeit lang schweigend nebeneinander, während die Hunde die Schafe zunächst über wenig einladendes, steiniges Gelände trieben. Hier wuchs nur noch wenig Gras, dazu stieg der Weg an. Fleur fragte sich, ob McKenzie sie wirklich in die Berge führte, konnte es sich aber kaum vorstellen.
»Wie sind Sie ... ich meine, wie kommen Sie dazu, dass ...«, platzte sie schließlich heraus, während Niniane sich geschickt über den steinigen Grund tastete. Der Weg wurde immer schwieriger und führte jetzt durch ein schmales Bachbett, das von Steilwänden begrenzt war. »Sie waren doch Vormann auf Kiward Station, und ...«
McKenzie lachte grimmig. »Du meinst, warum ein geachteter und annehmbar bezahlter Arbeiter sich zum Viehdieb wandelt? Auch das ist eine lange Geschichte ...«
»Ist aber auch ein weiter Weg.«
McKenzie streifte sie wieder mit diesem fast zärtlichen Blick.
»Also gut, Fleur. Als ich von Kiward Station wegging, hatte ich eigentlich vor, mir eigenes Land zu kaufen und eine Schafzucht zu beginnen. Ich hatte ein bisschen gespart, und ein paar Jahre früher hätte ich sicher Erfolg gehabt. Aber jetzt ...«
»Was ist jetzt?«, fragte Fleur.
»Es ist kaum noch möglich, hier zu annehmbaren Preisen Weideland zu erstehen. Die großen Viehzüchter – Warden, Beasley, Sideblossom – reißen sich nach und nach alles unter den Nagel. Maori-Land gilt seit ein paar Jahren als Besitz der Krone. Ohne Erlaubnis des Gouverneurs können die Maoris das nicht verkaufen. Und diese Erlaubnis erhalten nur ausgewählte Interessenten. Außerdem sind die Grenzen sehr ungenau. Sideblossom zum Beispiel gehört das Weideland zwischen dem See und den Bergen. Bislang beansprucht er das Land bis zu den Terrassen, auf denen wir uns getroffen haben. Wenn sich jetzt aber noch weiteres findet, wird er selbstverständlich behaupten, es gehöre ebenfalls ihm. Und niemand wird Einspruch erheben, es sei denn, die Maoris raffen sich auf und erklären ihre Besitzansprüche. Aber das tun sie fast nie. Die haben ja eine ganz andere Einstellung zum Land als wir. Gerade hier im Alpenvorland siedeln sie selten langfristig. Sie kommen allenfalls im Sommer ein paar Wochen her, um zu fischen und zu jagen. Daran hindern die Viehzüchter sie nicht – jedenfalls nicht, wenn sie klug sind. Die weniger Klugen
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