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Im Land Der Weissen Wolke

Im Land Der Weissen Wolke

Titel: Im Land Der Weissen Wolke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Sie sich das Tier an, es hat offensichtlich kaum gefressen, seit es von mir getrennt wurde. Die Hündin ist diesem ... Sie ist Mr. Sideblossom zu nichts nütze, sie hört auf niemanden ...«
    »Mr. McKenzie, wir verhandeln hier nicht über Ihren Hund!«, meinte der Richter streng. »Aber da Sie nun schon gestehen wollen: Die Diebstähle auf Lionel Station, auf Kiward Station, Beasley Farms, Barrington Station ... das alles geht auf Ihr Konto?«
    McKenzie reagierte mit dem schon bekannten Schulterzucken. »Gibt viele Diebstähle. Wie gesagt. Ich mag ab und an ein Schaf mitgenommen haben ... so ’n Hund braucht ja Training.« Er wies auf Friday, was dröhnendes Gelächter im Saal auslöste. »Aber tausend Schafe ...«
    Der Richter seufzte wieder. »Also schön. Sie wollen es nicht anders. Rufen wir also Zeugen auf. Als Erstes hätten wir hier Randoph Nielson, Vormann auf Beasley Farms ...«
    Nielsons Auftritt eröffnete einen Reigen von Arbeitern und Viehzüchtern, die durchweg bezeugten, dass auf den genannten Farmen Hunderte von Tieren gestohlen worden waren. Viele hatte man später in McKenzies Herde wiedergefunden. Das alles war ermüdend, und James hätte den Vorgang abkürzen können, doch er zeigte sich jetzt verstockt und leugnete jedes Wissen über das gestohlene Vieh.
    Während die Zeugen Zahlen und Daten herunterbeteten und McKenzies Finger streichelnd und tröstend über Fridays weiches Fell wanderten, ließ er die Blicke durch den Raum schweifen. Es gab Dinge, die ihn im Vorfeld dieses Verfahrens mehr beschäftigt hatten als die Angst vor dem Strang. Die Verhandlung fand in Lyttelton statt – Canterbury Plains, verhältnismäßig nahe an Kiward Station. Würde sie also da sein? Würde Gwyneira kommen? In den Nächten vor der Verhandlung rief James sich jeden Augenblick, jede noch so winzige Begebenheit mit Gwyneira in Erinnerung. Von jener ersten Begegnung im Stall bis zu ihrem Abschied, als sie ihm Friday geschenkt hatte. Nachdem sie ihn betrogen hatte? Seit damals hatte es keinen Tag gegeben, an dem James nicht darüber nachgedacht hatte. Was war damals geschehen? Wen hatte sie ihm vorgezogen? Und warum hatte sie so verzweifelt und traurig gewirkt, als er sie gedrängt hatte zu reden? Sie hätte doch eigentlich zufrieden sein müssen. Immerhin hatte sich das Geschäft mit dem anderen ebenso ausgezahlt wie das mit ihm ...
    James sah Reginald Beasley in der ersten Reihe, daneben die Barringtons – den jungen Lord hatte er auch im Verdacht gehabt, doch Fleurette hatte ihm auf seine vorsichtigen Fragen hin versichert, dass er kaum Kontakt mit den Wardens hielt. Würde er sich nicht weiter für Gwyneira interessiert haben, wenn er der Vater ihres Sohnes wäre? Um die Kinder, die in der Bank zwischen ihm und seiner unscheinbaren Frau saßen, schien er sich jedenfalls rührend zu kümmern. George Greenwood war nicht anwesend. Aber auch der kam nach Fleurs Aussagen kaum als Pauls Vater in Frage. Er hielt zwar regen Kontakt mit allen Farmern, hatte aber stets eher Helen O’Keefes Sohn Ruben protegiert.
    Und da war sie. In der dritten Reihe, halb verdeckt von ein paar stämmigen Viehhütern vor ihr, die vermutlich auch noch aussagen sollten. Sie spähte zu ihm hin, musste sich dabei ein bisschen verrenken, um ihn im Blick zu behalten, aber das schaffte sie mühelos, schlank und beweglich, wie sie war. Oh ja, sie war schön! Genauso schön, so wach und aufmerksam wie früher. Ihr Haar sprengte schon wieder die strenge Frisur, in die sie es zu zwingen versucht hatte. Ihr Gesicht war blass, die Lippen leicht geöffnet. James versuchte nicht, ihren Blick zu fesseln, das wäre zu schmerzlich gewesen. Später vielleicht, wenn sein Herz nicht mehr so wild pochte und wenn er nicht mehr fürchtete, seine Augen könnten alles verraten, was er noch für sie empfand ... Vorerst zwang er sich, den Blick von ihr zu wenden und weiter über die Zuschauerbänke schweifen zu lassen. Neben Gwyneira erwartete er Gerald zu sehen, aber da saß ein Kind, ein Junge, vielleicht zwölf Jahre alt. James hielt den Atem an. Natürlich, das musste Paul sein, ihr Sohn. Paul war längst alt genug, um seinen Großvater und seine Mutter zu dieser Verhandlung zu begleiten. James musterte den Jungen. Vielleicht verriet sein Vater sich ja in seinen Zügen ... Fleurette ähnelte ihm selbst zwar kaum, aber das konnte bei jedem Kind verschieden sein. Und bei diesem hier ...
    McKenzie erstarrte, als er sich das Gesicht des Jungen näher ansah. Das

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