Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Land Der Weissen Wolke

Im Land Der Weissen Wolke

Titel: Im Land Der Weissen Wolke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
Vom Netzwerk:
und so intensiv grau, wie Gwyneira es noch nie gesehen hatte. Meist spielten graue Augen ja ins Bläuliche, doch Lucas’ Augen wirkten, als habe man hier nur schwarze und weiße Farbe gemischt. Er trug sein hellblondes, leicht gelocktes Haar kurz, wie es in Londoner Salons Mode war. Lucas war förmlich gekleidet; er hatte für diese Begegnung einen grauen Dreiteiler aus bestem Tuch gewählt. Dazu trug er glänzende schwarze Halbschuhe.
    Als Gwyneira jetzt auf ihn zutrat, lächelte er sie an. Sein Gesicht wurde dadurch noch anziehender. Die Augen jedoch blieben ausdruckslos.
    Schließlich verbeugte er sich und ergriff Gwyneiras Hand mit langen, schlanken Fingern, um einen formvollendeten Handkuss anzudeuten.
    »Mylady ... Ich bin entzückt.«

    Howard O’Keefe blickte Helen verwundert an. Er verstand offensichtlich nicht, warum seine Frage ihr die Sprache verschlagen hatte.
    »Wie ... wieso mit der Heirat?«, stammelte sie schließlich. »Ich ... ich dachte ...« Helen zupfte an ihrer Haarsträhne.
    »Und ich dachte, Sie wären gekommen, um mich zu ehelichen«, meinte Howard und wirkte dabei fast ein wenig erzürnt. »Haben wir uns da missverstanden?«
    Helen schüttelte den Kopf. »Nein, natürlich nicht. Aber es kommt so plötzlich. Wir ... wir wissen gar nichts voneinander. Ge... gewöhnlich läuft es doch so, dass der Mann seiner kün... künftigen Gattin zunächst den Hof macht, und dann ...«
    »Miss Helen, von hier bis zu meiner Farm ist es ein zweitägiger Ritt!«, meinte Howard streng. »Sie erwarten doch nicht wirklich, dass ich diesen Ritt mehrmals unternehme, nur um Ihnen Blumen zu bringen! Was mich angeht, so brauche ich eine Frau. Ich habe Sie jetzt gesehen, und Sie gefallen mir gut ...«
    »Danke«, murmelte Helen errötend.
    Howard reagierte gar nicht darauf. »Von meiner Seite wäre damit alles klar. Mrs. Baldwin sagte mir, Sie seien sehr mütterlich und häuslich, und das gefällt mir. Mehr brauche ich gar nicht zu wissen. Wenn Sie noch Fragen an mich haben – bitte, ich will sie gern beantworten. Aber dann sollten wir uns über die ... äh, Modalitäten unterhalten. Reverend Baldwin würde uns doch trauen, oder?« Letzteres richtete sich an Vikar Chester, der eifrig nickte.
    Helen dachte fieberhaft über Fragen nach. Was musste man über einen Menschen wissen, mit dem man die Ehe einging? Schließlich begann sie mit seiner Familie.
    »Sie stammen ursprünglich aus Irland, Mr. Howard?«
    O’Keefe nickte. »Ja, Miss Helen. Connemara.«
    »Und Ihre Familie ...?«
    »Richard und Bridie O’Keefe, meine Eltern, sowie fünf Geschwister – oder auch mehr, ich bin früh von zu Hause weg.«
    »Weil ... das Land nicht so viele Kinder ernähren konnte?«, fragte Helen vorsichtig.
    »Könnte man so sagen. Ich wurde jedenfalls nicht gefragt.«
    »Oh, das tut mir Leid, Mr. Howard!« Helen unterdrückte den Impuls, tröstend die Hand auf seinen Arm zu legen. Natürlich, das war das »schwere Schicksal«, von dem er in seinen Briefen geschrieben hatte.
    »Und dann kamen Sie gleich nach Neuseeland?«
    »Nein, ich bin viel ... äh, herumgekommen.«
    »Das kann ich mir denken«, entgegnete Helen, obwohl sie nicht die geringste Vorstellung hatte, wohin sich ein von seiner Familie verstoßener, halbwüchsiger Junge wandte. »Aber in all der Zeit ... in all der Zeit dachten Sie nie an eine Heirat?« Sie errötete.
    O’Keefe zuckte die Schultern. »Wo ich mich rumgetrieben hab, gab’s nicht viele Frauen, Miss. Walfangstationen, Robbenjäger. Einmal allerdings ...« Sein Gesicht nahm einen weicheren Ausdruck an.
    »Ja, Mr. Howard? Entschuldigen Sie, wenn ich aufdringlich bin, aber ich ...« Helen lechzte nach einer Gefühlsregung bei ihrem Gegenüber, die es ihr vielleicht ein wenig leichter machte, Howard O’Keefe einzuschätzen.
    Der Farmer grinste breit. »Ist schon gut, Miss Helen. Sie wollen mich kennen lernen. Nun, da gibt es nicht viel zu erzählen. Sie hat einen anderen geheiratet ... was vielleicht mit ein Grund ist, weshalb ich die Sache jetzt schnell regeln möchte. Die Sache mit uns, meine ich ...«
    Helen war gerührt. Also war es keine Gefühlsarmut, sondern lediglich eine verständliche Angst, sie könnte ihm ebenso weglaufen wie das erste Mädchen, das er damals geliebt hatte. Zwar begriff sie nach wie vor nicht, wie dieser wortkarge, hart wirkende Mann so wunderschöne Briefe schreiben konnte, doch sie glaubte ihn nun besser zu verstehen. Howard O’Keefe war ein stilles Wasser.
    Aber wollte sie

Weitere Kostenlose Bücher