Im Land des Eukalyptusbaums Roman
stand ein Bücherregal mit angestaubtem Lernmaterial, Kartons mit Kreide und Schwämmen.
Beim Anblick des Kamins kam Nola die Vermutung, daß das Schulgebäude ursprünglich ein Wohnhaus gewesen sei, vielleicht sogar das von Langford Reinhart, bevor das Haupthaus gebaut worden war. Als sie ein zweites Zimmer betrat, war sie dessen fast sicher. Jetzt wurde es als Materiallager benutzt, war aber vermutlich einmal ein Schlafzimmer gewesen. Überall standen Kartons herum; die meisten enthielten Bücher. Bei genauerem Hinsehen stellte Nola allerdings fest, daß es zumeist für Kinder ungeeignete Liebesromane waren. Sie fand das äußerst merkwürdig.
Shannon spielte mit der Kreide, während Nola den Boden kehrte und die Pulte in der Klasse so anordnete, wie sie es für zweckmäßig hielt. Alles war mit einer dicken rötlichen Staubschicht bedeckt. Während siekehrte, geriet ihr der Staub in Augen, Nase, Kehle und Haar, selbst in die Ohren. Shannon schien er allerdings nicht zu stören, vermutlich war sie nichts anderes gewohnt.
Nach dem Saubermachen schaffte Nola die Bücherkisten aus dem Nebenraum und stapelte sie an der Rückwand des Klassenzimmers auf. Sie wollte den hinteren Raum später für sich als Schlafzimmer einrichten. Als Shannon sich erkundigte, was sie vorhatte, und Nola es ihr erklärte, runzelte die Kleine die Stirn, fast als hätte sie einen Schreck bekommen, dann schob sie trotzig die Unterlippe vor.
»Stimmt was nicht, Shannon? Hast du erwartet, daß ich heute nacht wieder bei dir schlafe?«
Das Kind senkte den Kopf und gab keine Antwort. Nola glaubte, daß sie verstanden hatte.
»Fürchtest du dich vor einem neuen Alptraum, Shannon? Oder vor einem anderen Unglück?«
Die Augen des Mädchens füllten sich mit Tränen.
Eingedenk der Warnungen Galens wußte Nola nicht so recht, was sie sagen sollte. Sie hockte sich hin und wollte das Mädchen an sich ziehen. Aber Shannon blieb steif und wehrte ihre Umarmung ab.
Wie gern hätte Nola sie getröstet, ihr gesagt, daß sie immer für sie da sein würde, aber da ihr Verbleib noch ungewiß war, wollte sie keine Versprechungen machen, die sich später als unhaltbar herausstellen würden. Sie trocknete Shannons Tränen und sah ihr fest in die runden, grünen Augen.
»Gestern nacht habe ich in deinem Zimmer schlafen dürfen, weil ich nirgendwo sonst untergekommen bin. Ich will so ehrlich mit dir sein wie möglich, Shannon.«
Das Kind verzog das Gesicht und fing wieder an zu weinen.
»Wir werden einander jeden Tag sehen, solange ich hier bin. Aber wie lange das sein wird, kann ich nicht vorhersagen.«
Es konnten Stunden, Tage, Wochen oder Monate sein. Sie hatte keine Ahnung. Ihre Zukunft lag in den Händen von zwei mürrischen Männern, die ihr auch nicht den kleinsten Schimmer Optimismus gönnten.
»Ich möchte dich jetzt um einen großen Gefallen bitten. Weißt du, was ein Gefallen ist?«
Shannon schüttelte den Kopf.
»Es ist etwas ganz Wichtiges, was du für mich tun sollst.«
Das Kind machte große Augen.
»Ich möchte, daß du meine persönliche Hilfskraft wirst in der Schule.«
Shannon schniefte. »Und was muß ich tun?«
Nola tat, als müsse sie angestrengt nachdenken. »Die Schulglocke läuten. Nach dem Unterricht die Tafel putzen. Stifte und Papier austeilen. Alle Bücher in Ordnung halten. Es gibt immer viel zu tun, und ich möchte dich bitten, weil ich weiß, daß du es kannst.«
»Kann ich auch!« rief Shannon begeistert. Daß sie vermutlich die einzige Schülerin bleiben würde, spielte keine Rolle.
»Du bist ein braves Mädchen. Meine persönliche Hilfskraft sitzt natürlich ganz vorn.«
Shannon wischte sich die Tränen mit dem Ärmel ab und strahlte.
Der Tag verging wie im Fluge. Nola fing an, Shannondie ersten Buchstaben des Alphabets beizubringen und, nur so zum Spaß, ein paar Kinderlieder. Während der großen Pause zeigte Shannon ihr die Hühner. Jede Henne hatte ihren eigenen Namen. Als sie die Kuh zum ersten Mal zu Gesicht bekam, erschrak Nola, wie abgezehrt das Tier aussah, aber sie enthielt sich jeden Kommentars. Statt dessen suchte sie den Horizont ab und fragte sich, wo der Rest der Herde abgeblieben war. Wenn hier schon praktisch kein Grashalm mehr wuchs, um diese eine Kuh zu ernähren, wovon lebte dann die ganze Herde? Sie sah zum stahlblauen Himmel hinauf und begriff, was Tierman gemeint hatte, als er davon sprach, daß man ihn in den Dürreperioden hassen lernt.
Shannon öffnete die Tür zum Mannschaftshaus,
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