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Im Land des Falkengottes. Amenophis

Im Land des Falkengottes. Amenophis

Titel: Im Land des Falkengottes. Amenophis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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die Terrasse bringen, wo ich es gemeinsam mit Ti und Etana einnahm. Wir unterhielten uns nur wenig, denn der Tag war anstrengend, und ich musste immerzu an Merit denken und wie schön es gewesen wäre, hätte sie jetzt bei mir sein können.
    Ich hielt mich den ganzen folgenden Tag im Palast und in dessen Gärten auf. Ramessu führte mich durch viele Säle und Räume und überall wusste er kleine Geschichten zu erzählen. In den Palästen von Men-nefer und Waset war es üblich, dass unsere Herrscher nach ihrem Regierungsantritt umfangreiche Änderungen bei deren Ausstattung vornahmen. Hier in Merwer war das anders. Über die Jahre hinweg hatte sich nach Ramessus Erzählungen fast nichts verändert, mit Ausnahme des einen oder anderen Möbelstückes, das unter diesem oder jenem Herrscher hinzugekommen war. So fühlte ich mich manchmal in längst vergangene Zeiten zurückversetzt.
    Ähnlich erging es mir am Abend im Palast Sobekhoteps. Der Bürgermeister bewirtete seine Gäste auf das Vorzüglichste, und doch hinterließ alles bei mir den Eindruck, als würden alte Zeiten aufleben. Die Speisen waren köstlich, aber bei weitem nicht so aufwendig zubereitet wie in Waset. Die Musik war bezaubernd schön, und die Musikanten spielten hervorragend. Aber es waren durchweg Lieder und Gesänge, die man in den Palästen entlang des Flusses nicht mehr zu hören bekam. Auch die Kleidung der Menschen, ihre Perücken und der Schmuck waren nicht so aufwendig wie anderswo. Es ging einfach ruhiger zu. Irgendwie schien die Zeit in den Palästen von Merwer stehen geblieben zu sein, und ich konnte mir gut vorstellen, dass schon mein Vater als junger Mann soempfand, wenn er hier verweilte. Ich nahm mir vor, ihn nach meiner Rückkehr danach zu fragen.
    «Verzeiht mir, edler Herr, wenn ich Euch anspreche!» Ein Mann von ungefähr vierzig Jahren stand neben mir und lächelte mich freundlich an. Er hatte das Aussehen eines Fremdländers, und auch an seiner Aussprache merkte ich, dass er kein Ägypter war.
    «Ich heiße Kelija und komme aus dem Königreich Mitanni», fuhr er fort, nachdem ich mich ihm zugewandt hatte.
    «Ich grüße Euch ebenso, Kelija», entgegnete ich, und nickte zur Begrüßung höflich mit dem Kopf. «Was führt Euch aus dem entfernten Mitanni hierher, mitten in diese kleine Oase?»
    «Unser Herrscher, König Sutarna, hat mich hierher entsandt, um seine Schwester Nadija zu besuchen und um zu sehen, ob es ihr wohl ergeht.»
    Ich sah Kelija offenbar mit fragenden Augen an, denn sogleich fuhr er fort: «Thutmosis, der Vater Eures Herrschers Nimuria – er lebe, sei heil und gesund   –, machte Nadija, die älteste Schwester unseres Herrschers Artatama, zu einer seiner Frauen. Seit vielen Jahren lebt sie jetzt im Frauenpalast von Merwer. Unser König Sutarna hat schon lange kein Lebenszeichen mehr von ihr erhalten, weswegen er mich die Reise unternehmen ließ.»
    «Und was konntet Ihr über Nadija in Erfahrung bringen?»
    «Heute ist sie eine betagte Frau von dreiundfünfzig Jahren, aber sie ist wohl versorgt, und es geht ihr gut. Auch nach dem Tod von Pharao Thutmosis Men-chepru-Re wird sie würdevoll behandelt. Ich konnte mich selbst davon überzeugen.»
    «Euch wurde gestattet, den Frauenpalast zu betreten?», fragte ich verwundert.
    «Nein, edler Eje. Die Erlaubnis hierzu erhielt ich natürlich nicht, und ich glaube, es ist nicht vermessen, wenn ich sage, dass auch Ihr diese Erlaubnis nicht erhalten würdet. Es gibteinen Garten, in welchem nach vorheriger Anmeldung und unter den Augen eines Aufsehers ein Gespräch stattfinden kann. Die Sitten sind bei euch ebenso streng wie bei uns.»
    Kelija und ich unterhielten uns noch lange an diesem Abend, und er erzählte mir viel von seinem Land und dessen freundschaftlichem Verhältnis zu Ägypten. Kelija wusste so Vieles, angefangen bei den ersten Begegnungen unter Pharao Thutmosis Aa-cheper-ka-Re, von den Bündnissen, die beide Länder geschlossen hatten, und auch davon, dass Nimuria einmal eine Königstochter Babylons versprochen worden war.
    Doch es war mir einfach zu viel, was er wusste, ich mochte nicht an so viele Zufälle glauben. Sein Besuch hatte gewiss einen anderen Grund. Deswegen wollte ich die Verbindung zu ihm aufrechterhalten und lud ihn für den kommenden Tag zu einem Abendessen in den Palast ein.
    «Nimm dich in Acht, Eje», sagte Sobekhotep zum Abschied zu mir, und seine Krokodilaugen rollten aufgeregt umher.
    «Niemand, kein Mitanni, kein Babylonier oder sonst

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