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Im Land des Falkengottes. Amenophis

Im Land des Falkengottes. Amenophis

Titel: Im Land des Falkengottes. Amenophis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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blieb ihm keine andere Wahl, und er musste Sutarna um eine Tochter bitten. Es gab nur ein gewaltiges Hindernis, das es zu überwinden galt, und das war meine Schwester Teje.
     
    Die Anfahrt zum nordöstlichen Ufer des Sees dauerte nicht lange, und noch weit vor Sonnenaufgang erreichten wir den vorbereiteten Rastplatz. Der Wind kam aus Westen und stand für uns günstig. Im Schatten der Bäume und Sträucher, die das Ufer säumten, schlichen wir etwa zweihundert Ellen nach Norden, bis wir eine Vertiefung erreichten, die eigens für die Jagd angelegt worden war. Von hier aus waren die Gazellen und Wildstiere am besten zu beobachten, wenn sie zur Tränke kamen. Uns ging es aber nicht um sie, sondern um die Löwen, die hier ebenfalls Beute machen wollten.
    Zwar wurden wir von einem ortskundigen und erfahrenen Jäger geführt, doch Ameni ließ es sich nicht nehmen, den Fortgang der Jagd selbst zu bestimmen, war die Beute einmal ausgemacht. Etwas abseits des Ufers, hinter einer Sanddüne, machten wir bald ein Löwenrudel aus. Zwei Löwinnen sonderten sich ab und umgingen ihre Beute, um sie dann dem restlichen Rudel unter Führung eines starken Löwen zuzutreiben. Noch während die Löwen eines der Tiere hetzten, um es alsbald zu reißen, verließen wir die Vertiefung und eilten zu unseren Streitwagen. In rasender Fahrt verließen wir die Oase und nahmen die Verfolgung des Rudels auf, das uns bereits wahrgenommen hatte und flüchtete. Anfangs blieben unsere fünf Wagen dicht beisammen, denn Ameni wollte das Rudel auseinander sprengen, um allein das männliche Tier jagen zu können. Und so geschah es auch: Die Löwinnen setzten sich nach links und rechts ab, und so trieben wir den Löwen voruns her. Während sich Ameni in der Mitte etwas zurückfallen ließ, erhöhten wir anderen die Geschwindigkeit, und es dauerte nicht mehr lange, bis das Tier von uns in weitem Bogen eingekreist war.
    Langsam fuhren jetzt unsere Wagen immer näher an den Löwen heran. Das mächtige Tier wurde angesichts der Bedrohung immer unruhiger, duckte sich nieder, um irgendwann zu einem Sprung und zum Angriff anzusetzen. Zwischen Amenophis und seinem Nachbarn wurde die Lücke bewusst etwas größer gehalten, denn wir wussten, dass sich der Löwe diese Stelle zu seiner Flucht aussuchen würde. Der Wagen Nimurias war bereits bis auf weniger als sechzig Ellen herangekommen, da schnellte der Löwe hoch und raste los. Der erste Pfeil Amenis traf seine rechte Flanke, und mit lautem Gebrüll überschlug sich das Tier, raffte sich aber sofort wieder auf, und ging auf den Wagen Pharaos los. Ehe Ameni einen zweiten Pfeil abschießen konnte, fiel das Raubtier über eines der Pferde her, biss sich an dessen Hals fest und zerrte es so zu Boden. Das andere Pferd wieherte laut auf und wollte loslaufen, wodurch das Gespann Nimurias umzustürzen drohte. Im selben Augenblick stieß Ameni mit der ganzen Kraft seiner Arme dem Löwen einen Speer in die Seite, und mit fürchterlichem Brüllen brach er zusammen, röchelte noch einige Augenblicke, dann verendete er ebenso wie Pharaos Pferd. Es war der zweiundvierzigste Löwe, der von Amenis Hand getötet wurde.
     
    Am Abend waren wir Nimurias Gäste. Das Fell des Löwen war bereits abgezogen und lag in der Mitte des Saales, sodass es jedermann bewundern konnte. Amenophis liebte es, wenn seine Jagdbegleiter unter den staunenden Blicken der übrigen Gäste Pharaos Furchtlosigkeit und dessen jagdliches Geschick priesen. An diesen Abenden wurde viel gegessen und noch mehr getrunken. Junge Tänzerinnen sprangen zu lauter, wilderMusik in den Saal, und wir alle berauschten uns an den makellosen Körpern und deren Bewegungen, die einmal kunstvoll elegant, dann wieder ausgelassen und dämonisch waren. Jeder von uns heftete seine Augen auf eines der Mädchen, und auch ich erinnerte mich an die Nächte, die ich mit Inena verbrachte. Ich trank einen Schluck aus meinem Becher, lehnte mich nach hinten und schloss die Augen. Im Geiste sah ich Inena vor mir tanzen, mich anlächeln.
    «Du solltest allmählich wieder ins wirkliche Leben zurückkehren», sagte Ameni zu mir.
    Als ich meine Augen wieder öffnete, sah ich in sein Gesicht, sah seine mandelförmigen Augen, sein fröhliches Lachen, seine makellosen Zähne. Ratlos zuckte ich mit den Schultern und schwieg.
    «Du bist noch zu jung, Eje, um den Rest deines Lebens nur in Erinnerungen zu verbringen. Lebe jetzt! Heute! Min und Hathor geben dir keinen Tag zurück, wenn du alt bist und

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