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Im Land des Falkengottes. Amenophis

Im Land des Falkengottes. Amenophis

Titel: Im Land des Falkengottes. Amenophis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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Gesicht oder Brust. Der Zug kam nur schleppend voran, und es dauerte mehr als zwei Stunden, ehe wirden Hafen erreicht hatten. Dort lagen zwölf Schiffe, um die Toten und ihre Schätze, die königliche Familie und die Mächtigen des Landes nach Waset zu bringen.
    Zum ersten Mal betrat ich die königliche Barke. Sie war genau sechzig Ellen lang. Der Rumpf war auf ganzer Länge dunkelgrün gestrichen. Der Bugsteven endete in einem prächtigen, aus Holz geschnitzten Löwenkopf, der Hecksteven war nach oben eingebogen und stellte eine Lotosblüte dar. An Bug und Heck war der Rumpf seitlich mit Darstellungen des Kriegsgottes Month, stilisierten Lotosblüten und einem großen, vollkommenen Horusauge verziert. In der Mitte des Schiffes befand sich ein zweistöckiges Deckshaus. Es hatte zwei Türen, die zu zwei Kajüten führten, zu einer großen mit Fenstern und einer sehr kleinen, fensterlosen Kajüte. Den oberen Stock erreichte man nur über eine schmale Außentreppe. Dort wurden die Schiffsmöbel und die Wäschetruhen eingelagert. Auf Bug und Heck gab es zwei holzgeschnitzte Sitzplätze, über die zum Schutz gegen die Sonne Baldachine gespannt waren. Die Seitenteile des vorderen Sitzplatzes zierten Darstellungen eines Stieres, die hinteren Sphingen.
    Das Deckshaus selbst war bunt bemalt mit weißen, roten und blauen Vierecken, in der Mitte der weißen Vierecke befanden sich blaue Punkte.
    Im großen Raum des Deckshauses waren nur wenige Möbel aufgestellt. Zwei kunstvoll geschnitzte Stühle, dazwischen ein kleiner Klapptisch, eine Kommode für die königlichen Insignien und den Schmuck Seiner Majestät, und eine etwa zwei Ellen hohe vergoldete Holzfigur, die Amun-Re zeigte. Mehr nicht.
    An einer Wand hingen Amenis Jagdbogen und ein Köcher mit Pfeilen. In einer Ecke lehnten einige Speere, daneben stand sein Senetspiel.
    «Auf einem Schiff muss selbst Pharao mit wenig Platz auskommen», brummte Amenophis vor sich hin. Ich spürte, dass ihm die Enge des Raumes nicht sehr behagte.
    «Und wo schläfst du?», wollte ich wissen.
    «Es gibt hier Betten, die werden aus Platzgründen zusammengeklappt, wie bei der Armee. Sie befinden sich über uns in einem Stauraum und werden nur bei Bedarf aufgestellt», klärte mich Ameni auf.
    «Bei der Hitze sollen wir hier in dem muffigen Loch schlafen?» Auch ich wurde nun etwas missmutig.
    «Erstens fliegen da oben Tausende von Mücken durch die Nacht, die nur darauf warten, euch auszusaugen», sagte mein Vater, der jetzt unbemerkt eingetreten war. «Und zweitens ist es hier nachts kühler, als ihr glaubt. Ihr werdet sehen, die Fahrt nach Waset wird uns viel Freude machen, und ihr werdet herrliche Dinge sehen.»
    Während wir unser Schiff besichtigten und in Besitz nahmen, wurden die Lastkähne beladen. Der übrige Hof bestieg nun ebenfalls die Schiffe. Die Große königliche Gemahlin Mutemwia, meine Mutter und Teje fuhren auf einem eigenen Schiff mit gelbem Rumpf und hellroten Segeln, ebenso Königin Iaret. Mein Vater begleitete Ameni und mich. Auch Ptahmose und Merire verfügten über ein eigenes Schiff. Weiter fuhren auf dem königlichen Schiff fünf Diener und fünf Dienerinnen, einige Musikanten und zwölf Soldaten der Leibgarde sowie zehn Mann Besatzung. Die Särge der Toten und die Eingeweidekrüge wurden auf eine zweite königliche Barke getragen und dort unter einen Baldachin gestellt, wo sie, von weißen Vorhängen geschützt, den Blicken der Menschen entzogen waren. Vor dem Baldachin stand ein dreibeiniges Kohlebecken, aus welchem während der ganzen Reise unaufhörlich Weihrauch emporstieg. Im Übrigen hielten sich nur die Besatzung und Soldaten der Leibgarde auf dieser Barke auf.
    Gegen Abend waren alle Schiffe beladen und zur Abfahrt bereit. Da unsere Reise stromaufwärts ging und der Wind nicht stark genug war, um die Schiffe voranzutreiben, mussten sie vom Land aus von Sklaven und Stieren gezogen werden, da, zumal bei den Lastschiffen, auch die Kraft der Ruderer nicht ausgereicht hätte.
    Es war ein prächtiges Bild: die bunt bemalten Schiffskörper und darüber in den herrlichsten Farben die Segel.
    Das Segel unseres Schiffes war das Einzige, das gemustert war. Abwechselnd rote und weiße Vierecke, und in den roten Vierecken waren gelbe Kreise eingezeichnet.
    Als wir ablegten, nahm Ameni, der jetzt nur ein Nemes-Kopftuch trug, seinen Platz auf der vorderen Sitzbank unter dem Baldachin ein, und an Land erhob sich nochmals das laute Geschrei der Menge.
    So wie hier,

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