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Im Land des Falkengottes. Amenophis

Im Land des Falkengottes. Amenophis

Titel: Im Land des Falkengottes. Amenophis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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genau, dass man mich hier nicht erwischen darf, Eje.»
    Sie hatte leider Recht. Unsere Begegnung, unsere Zuneigung, unsere Liebe musste erst einmal unbemerkt bleiben.
    «Wann sehen wir uns wieder, Inena?»
    «Morgen gehen die Festlichkeiten weiter», stellte sie nüchtern fest.
    «Ich tanze wieder im großen Hof. Entweder du kommst dorthin, und wir verschwinden unauffällig, oder ich komme einfach hierher, irgendwann.»
    «Das kann gefährlich sein – die Wachen und Amenophis!», gab ich zu bedenken.
    «Dann verlange nach dem blinden Harfner, nach Ramessu! Bei ihm wirst du mich finden.»
    «Bleib hier, Inena!», flehte ich. Sie kam an mein Bett, gab mir einen innigen Kuss und sagte: «Wir sehen uns ja bald wieder. Heute abend!»
    «Versprochen?»
    «Versprochen!»
    Sie huschte auf den Balkon und entschwand in den erwachenden Morgen. Wieder flüsterte ich ein paar Mal «Inena» und schlief nochmals fest ein.
     
    Der Vormittag des neuen Tages war schon fortgeschritten. Ich lag in meinem Bad, sang vor mich hin und wollte mein Glück noch gar nicht richtig fassen, da hörte ich Ameni. Ich tauchte noch einmal unter, und als mein Kopf zwischen Lotosblüten wieder aus dem Wasser auftauchte, saß er schon am Rand des Beckens.
    «Was macht das Wohlbefinden? Du warst ja heute Nacht urplötzlich verschwunden.»
    Mit einem wohligen Grinsen, ich weiß, es war etwas überheblich, schaute ich ihn aus meiner Wanne an, ließ aus meinem Mund eine kleine Wasserfontäne spritzen, und sagte: «Danke, vermutlich nicht so gut wie bei dir. Der Nilbarsch muss irgendetwas gehabt haben. Ich lag die ganze Nacht leidend im Bett.»
    «Davon habe ich gehört. Und wer war das Mädchen, das dich offensichtlich erfolgreich gepflegt hat und heute morgen fluchtartig über den Balkon dein Zimmer verließ?»
    Es war nicht zu fassen. Aus Scham tauchte ich nochmals unter, nahm einen Mund voll Wasser, tauchte auf, blähte die Backen und ließ das Wasser dann doch ganz gemächlich über die Mundwinkel in das Becken laufen.
    «Woher weißt du das alles schon wieder?»
    «Wenn du vor den Augen fast aller meiner Gäste hinter einem Mädchen herläufst und dann in deinen Gemächern verschwindest, brauchst du dich nicht zu wundern, wenn ich das eine Stunde später erfahre!»
    «Bist du jetzt böse auf mich?», fragte ich in herrlichster Unschuld.
    «Böse? Eje, warum böse? Niemals könnte ich wegen deines Glück böse sein. Das weißt du ganz genau. Und sollte dir heute Abend oder morgen wieder irgendein Nilbarsch nicht bekommen – hab kein schlechtes Gewissen!»
    Ich war beruhigt, nein, ich war über und über glücklich, mit dem Leben im Einklang, und ich tat etwas, was sich kein Mensch auf dieser Welt außer mir getraut hätte: Ich nahm Ameni am Hals, zog ihn in die Wanne und umarmte ihn und küsste ihn auf beide Wangen. Dann sagte ich, völlig zu Tränen gerührt:
    «Alles, alles was du willst, mache ich dir! Baue deine Tempel! Baue dir Paläste, Schiffe und Denkmäler! Ich werde immer für dich da sein, gleich, wo du mich haben willst, Ameni. Immer!»
    Wir lachten beide, und Tränen rannten über unsere Wangen. Danach gab ich Ameni einen trockenen Schurz von mir.

VIER
    Übe Gerechtigkeit für den Herrn des Rechts,
    dessen Gerechtigkeit das Recht ist.
     
    N atürlich musste ich beim anschließenden Morgenmahl meinem Freund – zumindest im Groben – erzählen, was sich in der vergangenen Nacht ereignet hatte. Kommentarlos nahm er alles zur Kenntnis, und zuletzt erfüllte mich ein noch nie da gewesener Stolz: Ich, der Jüngere, der Schwächere, sein Untertan, hatte dem großen, mächtigen Amenophis eine Erfahrung voraus, hatte etwas erlebt, was er erst erfahren, erleben musste.
    Meine Eltern sah ich an diesem Tag gar nicht, und ich war froh darum, denn vielleicht hätten auch sie sich nach meinem Verbleib am Vorabend erkundigt. Nachdem mich mein Vater auch in den nächsten Tagen nicht darauf ansprach, wusste ich, dass alles letztlich eine Angelegenheit zwischen Ameni und mir war, und darüber war ich froh.
    Bis zum Abend hatten wir keinerlei Verpflichtungen, so hielten wir uns am Schwimmbad des Palastgartens auf, spielten unter einem Baldachin Senet, tranken Melonensaft und aßen kaltes Brathuhn mit Oliven. Amenophis spielte seine Partie hervorragend bis ich ihn fragte: «Wann werdet ihr heiraten?»
    «Ach, daran erinnerst du dich also noch?»
    Ich schwieg, machte noch zwei Züge und hatte das Spiel im letzten Moment gewonnen.
    «Schau an, mit solchen

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