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Im Land des Falkengottes. Amenophis

Im Land des Falkengottes. Amenophis

Titel: Im Land des Falkengottes. Amenophis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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Zügen gewinnt man also jetzt Senet?», lachte er mich an. Dann lehnte er sich zurück, verschränkte seine Arme hinter dem Kopf, blickte zu den Kindern Ptahmoses, die etwas abseits im Garten spielten, und sagte: «Ich bin noch im Unklaren   …», ich erschrak mächtig, «ich bin noch im Unklaren, ob wir nach unserer Rückkehr von Men-nefer heiraten oder noch vorher, hier.»
    «Weshalb willst du Men-nefer wieder verlassen? Es hört sich zumindest so an.»
    «Men-nefer wird sicherlich Sitz der Verwaltung bleiben, wir werden auch regelmäßig dort sein. Hier in Waset errichte ich jedoch meinen neuen Palast, und Waset wird die Hauptstadt Beider Länder sein – jedenfalls unter meiner Regierung.»
    «Wer von den Würdenträgern weiß schon etwas davon? Deine Mutter?»
    «Lieber Eje, in vielen Dingen bin ich sicher noch eine Weile auf den Rat und die Hilfe anderer angewiesen, aber meine Mutter und – sei mir nicht böse – auch dein Vater müssen zur Kenntnis nehmen, dass ich Pharao der Beiden Länder bin, und zwar alleine und uneingeschränkt. Im Übrigen habe ich schon einige Andeutungen gemacht, sodass niemand überrascht sein wird.»
    Amenophis zog seinen Schurz aus, sprang in einem mächtigen Satz ins Wasser und durchquerte in kräftigen Zügen das Becken, fast eine Stunde lang. Ich hing derweil den verschiedensten Gedanken nach, dachte an Inena und was mir der heutige Abend bringen würde, dachte an die Zukunft mit Ameni und versuchte, mir Teje als seine Große königliche Gemahlin vorzustellen.
    Schließlich tat ich es meinem Herrscher gleich, sprang ebenfallsins Wasser und schwamm mit ihm gemeinsam ein paar Bahnen. Danach trennten sich unsere Wege, weil wir uns für das abendliche Fest vorbereiten mussten.
     
    Eine nicht zählbare Menschenmenge versammelte sich in allen Sälen und Höfen des Palastes, festlich gekleidet und geschminkt. Das heutige Fest zierte nicht mehr die weiße Pracht des Jasmins, sondern ausschließlich Lilienblüten. Ihr Duft war ein ganz anderer als tags zuvor, er war herber und frischer, ja jugendlicher, und wohin das Auge auch sah, gab es nur eine weiße Blütenpracht.
    Anders als am Vorabend blieben heute vor dem Erscheinen des Herrschers Tanzveranstaltungen und akrobatische Darbietungen aus. Zahlreiche Musiker spielten auf, und über den vielen, verhaltenen Stimmen der Festgäste erhob sich zart und elegant, ja wie schwebend eine einzelne kräftige Knabenstimme und sang das alte Liebeslied:
     
    Einzig ist die Geliebte, ohnegleichen,
    schöner als jede Frau.
    Strahlend ist sie, wie der aufgehende Stern,
    der dem guten Jahr voranzieht.
     
    Mit hohem Wuchs und schimmernder Brust,
    hat sie echten Lapislazuli im Haar;
    ihre Arme übertreffen das Gold,
    ihre Finger sind wie Lotoskelche.
     
    Sie lässt den Hals aller Männer
    sich verrenken, dass man sie sieht;
    ein jeder, der sie umarmt, spürt Wonne
    und fühlt sich als erster aller Liebhaber.
     
    Dienerinnen und Diener reichten wieder Wein und Bier. Vater saß neben mir, und sein Gesichtsausdruck verriet mir, dass er mit dem bisherigen Verlauf des Festes zufrieden war und dass die kommende Nacht noch einige weitere Überraschungen verhieß. Er ließ sich wiederum nicht die geringste Andeutung entlocken.
    «Übe dich in Geduld und warte ab! Wer sich überraschen lässt, genießt doppelt.» Wie immer waren seine weisen Sinnsprüche wenig trostreich, und mir blieb wirklich nichts anderes übrig, als abzuwarten.
    Im großen Saal kam Unruhe auf, von draußen hörte man Rufen und den scharfen Klang von Trompeten und Posaunen. Pharao erschien heute nicht durch den inneren Zugang im Thronsaal, sondern wurde in einer offenen Prunksänfte durch die äußeren Höfe getragen, um sich dort der jubelnden Menge zu zeigen. Vierundzwanzig Musiker, jeweils sechs nebeneinander, schritten dem Zug voran, um das Erscheinen Seiner Majestät anzukündigen. Ihnen folgten fünfzig bis sechzig bildhübsche nubische Mädchen, die aus geflochtenen Körben, die sie mit ihrem linken Arm umfassten, Blütenblätter warfen. Dahinter trugen zwölf nubische Leibgardisten die goldene Sänfte Pharaos. Nimuria, wie unser Herrscher seit seiner Krönung hieß, trug anstelle einer Krone heute lediglich das Nemes-Kopftuch und hatte auch auf den Zeremonialbart verzichtet. Ein schwerer goldener Kragen lag über seinen Schultern, und in seinen Händen hielt er Geißel und Krummstab. Es war nicht zu übersehen, dass Pharao den Jubel seiner Untertanen genoss, auch wenn es seine

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