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Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Titel: Im Land des Falkengottes. Tutanchamun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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ich es von den Schlächtereien kannte, wenn man dort Schweine abstach. Dann hörte ich zwischen wildem Schnauben, wie das Tier in seinem Todeskampf laut die Zähne aufeinander schlug und wie Äste unter dem Schlagen seiner mächtigen Läufe brachen.
    «Ipu!», rief ich nach hinten, denn ich konnte mir nicht erklären, wie ein Schwein in den Palastgarten gelangen konnte. «Ipu!», rief ich noch einmal und sah dabei angestrengt in die Dunkelheit hinab. Und bevor ich meinem Diener den Befehl erteilen konnte, die Palastwache in den Garten zu schicken, damit sie das Tier endlich von seinem Leiden erlösen konnte, traten zwei Männer aus den Büschen direkt unter mir. Es waren Tutanchamun und Amenemhet.
    «Klang es echt?», rief Nassib laut zu mir und Ipu hinauf, und er strahlte dabei so stolz, dass ich im spärlichen Licht seine großen Zähne erkannte. Eine entsetzliche Wut über diesen Streich stieg in mir empor, und am liebsten hätte ich mich grußlos umgedreht und die Terrasse für diesen Abend verlassen.
    «Du kannst von Glück reden, dass du noch lebend vor mir stehst!», rief ich stattdessen hinunter. «Hättet ihr das Schwein nicht augenblicklich verenden lassen, hätte euch ein Pfeilhagel der Leibgarde ein unerfreuliches Ende bereitet.»
    Wenig später saß mein Herrscher neben mir. Er hielt seine Finger unter die Nase und atmete tief ein.
    «Wildschweine riechen entsetzlich», stellte er nüchtern fest.
    «Hast du es denn angefasst?», wollte ich wissen und verzog dabei mein Gesicht, denn nie in meinem Leben wäre ich aufden Gedanken gekommen, ein Wildschwein anzufassen, und wäre es auch noch so tot gewesen!
    «Der Keiler war mindestens so schwer wie du und ich zusammen. Da wir nur zu viert waren, blieb mir gar nichts anderes übrig, als mit anzufassen.»
    Es bedurfte keiner Aufforderung durch mich, damit er die Geschichte dieses Keilers zu Ende erzählte.
    «Der Wind stand günstig, und er hatte nicht die leiseste Ahnung, dass wir keine vierzig Ellen entfernt standen. Er nahm gerade ein Entengelege auseinander und leckte aus dem Nest den Inhalt der Eier heraus, da schossen Amenemhet und ich gleichzeitig. Er muss im Schuss noch einen Schritt gemacht haben, denn wir trafen ihn nicht genau ins Herz, sondern etwas weiter hinten. Unter einem entsetzlichen Aufschrei zuckte er zusammen und krümmte sich, sodass sein Rücken noch buckliger aussah als zuvor. Dann begann er, im Kreis herumzugehen, schreiend und quiekend, wie du es vorhin gehört hast. Schließlich ging er zu Boden, schnaubte, fauchte und klapperte mit seinen mächtigen Zähnen, bis er uns plötzlich wahrgenommen hatte. Er raffte sich noch einmal auf und kam langsam und schwankend auf uns zu. Sirr, Sirr, Sirr machte es, und schon steckten drei Pfeile genau in seinem Stich», endete Nassib seine Geschichte und tippte dabei mit dem rechten Zeigefinger dreimal auf sein Brustbein.
    «Und über wessen Feuer wird das Tier heute Nacht gebraten?», fragte ich ihn.
    «Bäh!», entfuhr es ihm sofort, und er machte ein angewidertes Gesicht. «Der Keiler war mindestens sechs Jahre alt. Ihn würden nicht einmal die Zwangsarbeiter im Steinbruch von Tura hinunterbekommen. Nein, Eje», sagte er und machte große Augen.
    «Wir haben ihn an einen Wagen gehängt, sind damit ein Stück weit durch die Steppe gefahren und haben ihn dann in der Nähe eines Felsens zurückgelassen.»
    Dann beugte er sich zu mir herüber, als wollte er mir etwassagen, das keiner hören durfte, und flüsterte mir zu: «Löwenjagd, Eje. Löwenjagd!»
    «Damit lockst du bestenfalls Hyänen an, und zwar heute Nacht noch. Löwen jagt man nicht aus dem Hinterhalt oder von einem Felsen herab. Man verfolgt sie im Streitwagen!»
    «Woher weißt ausgerechnet du das?», fragte er mich misstrauisch.
    «Du wirst es nicht glauben», antwortete ich jetzt in etwas überheblichem Ton. «Aber ich habe zusammen mit deinem Großvater in der Oase Fajum Löwen gejagt. Das liegt zwar fast fünfzig Jahre zurück, aber ich erinnere mich noch ganz gut daran.»
    «Davon hast du mir nie erzählt, Eje!»
    «Weil ich immer gehofft hatte, dir etwas Vernünftigeres beibringen zu können als dieses blutige Handwerk. Aber jetzt lass uns auf deinen ersten Keiler trinken!»
    Wir nahmen beide unsere Becher und lachten uns zu.
    «Auf deinen Ka, Eje!»
    «Auf deinen Ka, Nassib!»
     
    Immer wieder trieb es mich nach On. Ich las in den alten Schriften alles über die Heiligtümer des Horus, des Sobek und des Apis-Stieres. Diese

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