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Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Titel: Im Land des Falkengottes. Tutanchamun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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den unglaublichsten Verstecken tauchen die alten Statuen Amuns auf, selbst die Goldene Barke für das Opet-Fest stehtan ihrer alten Stelle und wartet auf die heilige Pilgerfahrt zum südlichen Ipet-sut.»
    Ich konnte das alles nicht in der Schnelligkeit verarbeiten, in der mir Haremhab diese Neuigkeiten berichtet hatte. Immer wieder starrte ich ihn an und schüttelte dabei ungläubig den Kopf. In völliger Unordnung jagte mir Gedanke für Gedanke willkürlich durch den Kopf. Es gab tausend Fragen, die ich Haremhab stellen wollte, doch gleich fiel mir etwas Weiteres ein, ehe ich eine Frage aussprechen konnte.
    «Was ist mit den anderen Tempeln und den anderen Göttern, die Echnaton verboten hatte? Und was ist mit Nofretete und den Kindern selbst? Wo befinden sich jetzt ihre Leichname?»
    Er spürte wohl, dass mir die Sorge um die Toten doch mehr am Herzen lag als das Schicksal der einst verbannten Götter. «Rechmire hatte unverzüglich angeordnet, dass Eure Tochter wie ein Pharao und dass Meritaton wie eine Große königliche Gemahlin für die Ewigkeit vorbereitet werden. Auch die Prinzessinnen werden vorbereitet, wie es sich für ihre Abstammung ziemt. Ich rechne jeden Tag damit, dass ihre balsamierten Leiber hier eintreffen, damit Seine Majestät und Ihr die Toten bestatten könnt.» Ich nickte zufrieden, und ehe ich etwas sagen konnte, beantwortete mir Haremhab die noch offene Frage: «Von den anderen Gottheiten war zwar im Befehl der Königin nicht die Rede. Aber ich glaube, sie werden sich kaum aufhalten lassen und überall in den Beiden Ländern ungefragt in ihre Tempel und ihre Domänen zurückkehren.»
    Ich war in Gedanken längst schon wieder woanders und sagte leise, mehr für mich als zu ihm: «Wir werden sie ohne großes Aufsehen bestatten. Niemand soll davon etwas erfahren. Niemand. Hört Ihr!»
    Haremhab sah mich verständnislos an.
    «Das   … das könnt Ihr nicht machen», stammelte er. «Sie ist, sie war die Königin Ägyptens!»
    «Aber nicht die rechtmäßige, und ich fürchte, Haremhab, siewar eine wenig geliebte Königin. Als ein Vater, der seine Tochter trotz allem, was vorgefallen ist, geliebt hat, möchte ich nicht, dass man ihrem Sarg Flüche hinterherruft oder gar mit Steinen nach uns wirft.»
    «Das wird niemand wagen!», empörte sich der General.
    «Ich will es aber erst gar nicht wissen. Die Menschen scheinen über den Regierungsantritt Tutanchatons so glücklich zu sein, dass man die letzten Jahre davor schnell vergessen sollte. Ich will die Vergangenheit nicht leugnen, General. Versteht mich nicht falsch! Aber das Land braucht jetzt Ruhe. Einfach nur Ruhe.»
    Er hatte mich verstanden.
     
    Noch in finsterer Nacht stand ich an der Hafenmauer vor dem Stadtpalast und wartete auf die kleine Flotte, die die Särge der Ermordeten nach Achet-Aton brachte. Es waren nur wenige Menschen um mich. Damit der Trauerzug klein und unbemerkt bleiben konnte, bestand ich darauf, dass Tutanchaton nicht an der Bestattung teilnahm. Außer Haremhab, meinem Diener Ipu, Echnatons erstem Schreiber Maja und einigen anderen Beamten stand nur noch Anchesen-paaton bei mir. Die Dreizehnjährige hatte es sich trotz ihrer entsetzlichen Erlebnisse nicht nehmen lassen, mich zu begleiten. Es wurde nicht ein einziges Wort gesprochen, während wir warteten.
    Das silbrigkalte Licht des Vollmonds spiegelte sich in der weiten, stillen Oberfläche des Nils, und es war mir, als breitete sich vor uns ein unendlich weiter Spiegel aus, der von schwarzem Schilf und darüber von den schwarzen Wedeln unzähliger Palmen eingerahmt war. Über allem wölbte sich ein tiefblauer Himmel, den einige wenige, vom Licht des Mondes hell erleuchtete weiße Wolken durchzogen. Da und dort flatterten ein paar Fledermäuse in aufgeregtem, unstetem Flug über uns hinweg. Wir hörten vom Torturm des Palastes her das durchdringende, stets an den Tod mahnende Huhu eines Käuzchens und vom jenseitigen Ufer das tiefe, zufriedene Brummen einer Herde Flusspferde, die im Schutz der Nacht an Land gegangenwar, um sich an dem üppigen Ufergras gütlich zu tun. Nur den Liebesgesang einer Nachtigall vermisste ich noch. Ich hätte stundenlang so stehen und die Nacht mit all ihren Eigenheiten genießen mögen, wäre der Anlass, weswegen ich und die anderen hier standen, nicht so traurig gewesen.
    Ich war wohl tief in Gedanken versunken, denn ich hatte das Nahen der Flotte überhört. Deshalb war ich umso überraschter, als plötzlich Bug für Bug aus der

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