Im Land des Roten Ahorns
durchzogenen Horizont aufsteigt. Alles ist so still und friedlich, so fernab von der Welt.
Bitte verzeihen Sie mir, aber zuweilen wünschte ich mir, Sie könnten sich diese Pracht anschauen! Ihr Vater hat sich hier immer sehr wohl gefühlt, und ich bedaure es sehr, dass er nicht mehr die Kraft hat, mich noch einmal zu besuchen. Aber vielleicht können Sie eines Tages diese Pracht bewundern.
Teuerste Jaqueline, ich habe es bisher nicht gewagt, das zu erwähnen, aus Furcht, dass Sie es missverstehen oder ablehnen könnten. Doch da ich im Moment von Mut beseelt bin, möchte ich Sie wissen lassen, dass ich jederzeit bereit wäre, Ihnen zu helfen, wenn es darauf ankäme. Sie können sich stets auf mich als Ihren treuen Freund verlassen, sollten Sie einmal in Not geraten.
Jaqueline seufzte. Wie gern hätte sie Warwick jetzt bei sich! Mit ihm an ihrer Seite würde Fahrkrog sicher nicht wagen, ihr etwas anzutun. Der Freund ihres Vaters könnte sie beim Regeln der Geschäfte unterstützen und ihr die Einsamkeit nehmen, die sie Tag für Tag marterte.
Aber dann fiel ihr ein, dass sie Warwick nie von ihren finanziellen Nöten geschrieben hatte. Freund hin oder her, sie hatte ihren Vater nicht dieser Peinlichkeit aussetzen wollen.
Sie überflog den Rest des Briefes und strich dann versonnen über die elegante Unterschrift.
Vielleicht werde ich Ihre Hilfe eines Tages in Anspruch nehmen, dachte sie. Aber im Augenblick können Sie mir nicht helfen. Da müsste schon ein Wunder geschehen.
Am Abend fand sich Martin Petersen bei ihnen ein. Sein Besuch kam überraschend für Jaqueline. Auf der Beerdigung hatte sie ihn zwar gesehen, doch Zeit für ein Gespräch hatten sie nicht gehabt. Nach ihrer Flucht vor Fahrkrog war Petersen bereits verschwunden gewesen.
»Bitte entschuldigen Sie, wenn ich störe«, sagte er nun, während er fast schon verlegen den Hut in den Händen drehte. »Ich weiß nicht, ob es der richtige Zeitpunkt ist, aber ich hatte Ihnen versprochen, Sie zu unterrichten, sobald der Besichtigungstermin feststeht.«
Jaquelines Magen klumpte sich zusammen. Es war also so weit. Die Geier würden einfallen und aus dem Haus holen, was sie kriegen konnten.
»Treten Sie doch ein, Herr Petersen, Sie kommen nie ungelegen«, sagte sie freundlich, während sie die Tür hinter ihm schloss.
»Christoph, seien Sie so gut und machen Sie Herrn Petersen einen Tee!«
Hansen verbeugte sich und verschwand wieder in der Küche.
Petersen ließ den Blick durch die Halle schweifen, bevor er ihr in die gute Stube folgte.
»Wenn ich mir allein schon die Halle anschaue, bin ich mir fast sicher, dass wir die Gläubiger zufriedenstellen können«, bemerkte er, während er Hut und Mantel auf der Chaiselongue ablegte. »Es ist ein Jammer, dass Ihr Vater sich so tief verschuldet hat. Wenn er nicht erkrankt wäre, wäre das sicher nicht passiert. Bei seinen Fähigkeiten und seinem guten Ruf.«
»Das ist sehr freundlich von Ihnen.« Jaqueline fragte sich, ob Petersen nicht der anonyme Freund war, der ihr den Brief ihres Vaters geschickt hatte.
Aber vielleicht ist es besser, wenn ich es nicht weiß, ging ihr durch den Sinn, während sie Petersen einen Platz auf dem Sofa anbot.
Wenig später erschien Christoph mit dem Tee. Seine Hand war immer noch verbunden.
Jaqueline entging nicht, dass Petersen ihn musterte.
Er hat mich noch nicht auf die zerschlagenen Scheiben angesprochen. Wahrscheinlich wird er es gleich nachholen.
Nachdem Christoph verschwunden war und Petersen von dem Tee probiert hatte, fragte er: »Hat es in letzter Zeit irgendwelche Schwierigkeiten bei Ihnen gegeben? Ich habe die abgedeckten Fenster gesehen. Und Ihr Diener scheint verletzt zu sein.«
Jaqueline knetete verlegen die Hände. Was sollte sie dem Anwalt sagen? Dass sie Fahrkrog hinter dem Anschlag vermutete? Dafür hatte sie keine Beweise. Nicht einmal die Polizei würde welche finden.
»Ein paar Lausebengel haben sich wohl einen Scherz erlaubt und die Scheiben eingeworfen. Christoph hat sich verletzt, als er die Scherben beiseiteräumen wollte.«
Petersen blickte sie skeptisch an.
Offenbar glaubt er mir nicht. Bin ich denn so eine schlechte Lügnerin?
»Wenn es etwas gibt, was Ihnen Schwierigkeiten bereitet, dann sagen Sie es mir bitte! Ich werde versuchen, Ihnen zu helfen, so gut ich kann.«
»Danke, aber das ist nicht nötig. Ich glaube wirklich, dass es nur ein dummer Streich war. Und selbst wenn jemand anderes dahintersteckt, wird es schwer sein, ihm das
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