Im Land des Roten Ahorns
mit ihr anfreunden.«
Jaqueline war sprachlos. Ist der Mann verrückt geworden?, fuhr ihr durch den Kopf. Ich soll mich mit seiner Verlobten anfreunden?
Heftiger Widerwille regte sich in ihr.
Nein, sie wollte Monahan nicht mit seiner Verlobten erleben. Und bestimmt legte auch seine Verlobte keinen Wert darauf, ihre Bekanntschaft zu machen, wenn es ihr schon nicht gefiel, dass Connor sich um Jaqueline kümmerte. Außerdem gab es noch ein anderes Problem: Monahan löste tiefe Gefühle in ihr aus, Gefühle, die sie vor ihm verbergen konnte. Frauen besaßen allerdings ein weitaus besseres Gespür für Empfindungen als Männer. Und Marion durfte keinesfalls merken, wie es um Jaqueline stand.
»Ich weiß nicht, ob das gut wäre.« Jaqueline bemühte sich um eine diplomatische Antwort. So freudig, wie Connor ihr den Vorschlag unterbreitet hatte, schien ihm sehr viel an diesem Abend zu liegen. »Ihre Verlobte wird es sicher nicht gern sehen.« Jaqueline errötete.
»Marion und ich sind nun schon seit Jahren verlobt«, fuhr Monahan fort. »Bisher hat es keine größeren Krisen zwischen uns gegeben, und sie hat keinerlei Grund anzunehmen, dass ich ihr jemals untreu gewesen wäre. Das Einzige, worauf sie eifersüchtig sein kann, ist meine Arbeit, aber von der werde ich nicht lassen.«
Das zerstreute Jaquelines Bedenken keineswegs. »Ich sollte trotzdem nicht da sein. In Hamburg hätte es ein peinliches Getuschel gegeben, hätte ein verlobter Mann eine fremde Frau zu einer Gesellschaft mitgebracht. Die Klatschbasen hätten sich darüber die Mäuler zerrissen. Ich möchte Ihnen keine Unannehmlichkeiten bereiten.«
Connor lächelte fein.
Wenn du wüsstest!, dachte er. »Was das angeht: Es gibt bereits Gerede in der Stadt«, erklärte er. »Die Gerüchte besagen, ich hätte eine Frau in meiner Hütte versteckt. Eine Frau, die man für meine Geliebte hält. Solange Sie in St. Thomas niemand gesehen hat, wird man immer wildere Geschichten spinnen.«
»Und Sie meinen, mein Auftauchen auf dem Empfang wird die Leute davon abbringen?« Jaqueline musste sich anstrengen, um ihre Enttäuschung zu verbergen, denn insgeheim fragte sie sich: Findet er mich so hässlich, dass er denkt, die Leute werden mich nicht für eine Konkurrentin von Marion halten?
»Nun, Sie könnten ihnen erzählen, was Sie hergetrieben hat. Und was Sie vorhaben.«
»Sie glauben also, eine Abenteurerin ist hier besser angesehen als anderenorts?«
»Zumindest ist man hier liberal genug, um Frauen nicht das Denken und Handeln abzusprechen. Wenn die Leute mit Ihnen sprechen und merken, dass Sie gar nicht daran interessiert sind, meine Hochzeit zu verhindern, werden sie uns beide in Ruhe lassen.«
Monahan griff unvermittelt nach ihren Händen.
Jaqueline wäre am liebsten aufgesprungen, doch sie mochte sich ihm nicht entziehen. Ihr Herzschlag beschleunigte sich, und sie war froh, dass sie saß, denn sonst wären ihr wohl die Knie weich geworden.
Warum hat dieser Mann nur so eine Ausstrahlung auf mich? Warum bringt er mich so durcheinander?, fragte sie sich.
»Bitte, Miss Jaqueline, tun Sie mir den Gefallen! Ich bin sicher, dass wir alles klären können. Marion ist kein schlechter Mensch, sie fürchtet Sie nur, weil sie Sie nicht kennt. Ich will nicht, dass sie den Eindruck gewinnt, ich wäre nicht mehr an ihr interessiert, nur weil ich das Bedürfnis habe, Ihnen zu helfen.«
Diese Worte rührten und enttäuschten Jaqueline zugleich. Natürlich hatte sie die närrische Vorstellung, dass sie die Frau an seiner Seite sein könnte, gleich beiseitegeschoben. Und sie war auch nicht nach Kanada gekommen, um sich ausschließlich auf die Suche nach einer guten Partie zu machen. Dennoch klang das so, als gebe es für ihn nichts Reizvolles an ihr. Nichts, was ihn vielleicht doch in Versuchung führen könnte.
Aber kann ich ihm die Bitte abschlagen?, fragte Jaqueline sich. Immerhin gewährt er mir Quartier, und er hat mich rührend gepflegt. Nein, ich darf jetzt nicht undankbar sein. Immerhin ist es nicht selbstverständlich, dass er sich um mich kümmert. Offenbar hat er damit sogar in Kauf genommen, seine Verlobte zu verärgern. Das muss ich wiedergutmachen! Ihr Entschluss stand fest.
»Also gut, ich komme mit«, sagte sie.
»Ich danke Ihnen«, sagte Connor lächelnd. »Sie werden es bestimmt nicht bereuen. Wenn die Wogen geglättet sind, wird sich niemand mehr das Maul zerreißen. Ich werde mich jetzt in Schale schmeißen und hole Sie dann gegen halb acht
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