Im Land des Roten Ahorns
Monaten heiraten wird. Dann wird die Familie jemand anderen brauchen, der sich um den Nachwuchs kümmert.«
»Meinen Sie das im Ernst?« Jaqueline versagte sich, der aufsteigenden Euphorie nachzugeben. Die Sache hörte sich gut an, aber sie wollte sich keine falschen Hoffnungen machen.
»Ja. Die Jennings sind anständige und wohlhabende Leute. Aber Jennings gehört das Warenhaus der Stadt. Sie würden es sicher gut bei ihnen haben.«
»Vorausgesetzt, sie wollen, dass eine Deutsche ihre Kinder erzieht.«
»Die Jennings sind sehr offene Menschen, die es möglicherweise begrüßen würden, wenn ihre Kinder ganz nebenher eine Fremdsprache erlernen können. Wenn ich Sie wäre, würde ich schon mal ein Bewerbungsschreiben aufsetzen.«
Jaqueline musste sich erst einmal setzen, so groß war ihre Freude. Sollte ich wirklich einmal Glück haben?, fragte sie sich.
»Für den Fall, dass Sie sich bei den Jennings bewerben wollen, habe ich Schreibzeug in diese Kiste gepackt.« Er deutete auf ein Paket neben dem Bett. »Und ich lege auch gern ein gutes Wort für Sie ein, wenn es nötig ist. Aber ich glaube, Sie überzeugen Ihre Arbeitgeber auch allein.«
Jaqueline presste die Hand auf den Mund. Tränen schossen ihr in die Augen. Sie war sprachlos vor Rührung. Schließlich sprang sie auf und umarmte Monahan spontan. »Ich danke Ihnen, Connor!«
»Na, na, Miss Halstenbek, nicht weinen! Dazu besteht doch wirklich kein Anlass.«
Connor hielt sie einen Moment lang und strich ihr behutsam über den Rücken. Dann gab Jaqueline ihn wieder frei. Unter Tränen lächelnd, wischte sie sich mit einer fahrigen Handbewegung übers Gesicht.
Monahan konnte den Blick nicht von ihr wenden.
Jaquelines Wangen glühten. Eine Woge angenehmer Gefühle breitete sich in ihr aus, und unbekannte Wünsche erwachten in ihr.
»Würde es Ihnen etwas ausmachen, mir heute Abend ein wenig Gesellschaft zu leisten?«, platzte es aus ihr heraus.
Connor seufzte schwer. »So gern ich dieses Angebot angenommen hätte, ich werde heute zum Dinner bei meiner Verlobten erwartet. Tut mir leid.«
»Oh!« Jaqueline versuchte sich die Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Was hast du denn geglaubt?, fragte ihre innere Stimme. »Entschuldigen Sie bitte, ich wollte nicht -«
»Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen«, unterbrach er lächelnd. »Ich verspreche Ihnen, dass ich bei Gelegenheit auf Ihre reizende Einladung zurückkommen werde.« Monahan betrachtete sie prüfend.
Jaqueline hoffte nur, dass er ihr nicht ansah, wie sehr sie seine Verlobte beneidete.
»Wenn Sie wollen, mache ich morgen mit Ihnen einen kleinen Spaziergang und zeige Ihnen einen Hain von Purpurtannen. Wir haben dort ein paar Bäume herausgenommen, um den anderen ein stärkeres Wachstum zu ermöglichen. Aber bereits jetzt ist es ein imposanter Anblick.«
»Das ist eine gute Idee.« Ihre Enttäuschung verdrängend, lächelte Jaqueline. »Dann wünsche ich Ihnen einen schönen Abend.«
»Das wünsche ich Ihnen auch, Jaqueline. Vergessen Sie nicht, den Hund zu füttern!«
»Keine Sorge, ich vergesse doch meinen Lebensretter nicht!« Als Jaqueline merkte, dass damit nicht nur der Hund, sondern auch Connor gemeint sein könnte, senkte sie verlegen den Blick.
Nachdem Monahan die Hütte verlassen hatte, tätschelte er dem Hund noch einmal den Kopf und stieg dann wieder auf sein Pferd.
Jaqueline blickte ihm noch so lange sehnsuchtsvoll nach, bis sie ihn zwischen den Bäumen nicht mehr erkennen konnte. Dann begab sie sich zu der Kiste mit dem Schreibmaterial. Sie fand darin ein Tintenfass, einen Federhalter, Löschpapier und feine hellgelbe Briefbögen und Umschläge.
Eigentlich war das Papier viel zu edel für ein Bewerbungsschreiben. Wahrscheinlich will er sichergehen, dass ich einen guten Eindruck mache. Zärtlich strich sie mit der Hand über das Papier. O Connor, warum bist du bloß nicht mehr frei ...
Brennende Sehnsucht stieg in ihr auf, aber Jaqueline versagte es sich, ihr länger nachzuhängen, und konzentrierte sich auf die Bewerbung. Eine Anstellung wird mich hoffentlich von meiner Schwärmerei für ihn abbringen, dachte sie.
3
Beim Abendessen im Hause Bonville herrschte eine frostige Stimmung. Nur Marion und Connor waren anwesend, denn George Bonville hatte eine wichtige Sitzung in der Town Hall. Wie der Abend mit Marions Vater verlaufen wäre, wusste Connor nicht. Aber er war froh darüber, dass der nicht für gezwungene Heiterkeit am Tisch sorgte oder ihn gar auf Probleme
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