Im Land des Roten Ahorns
Zimmer Nummer sieben.«
Damit verabschiedete er sich.
Marion sah ihm aufgebracht nach. Er lügt!, versuchte sie sich einzureden, obwohl sie wusste, dass Warwick keinen Grund dazu hatte. Er will sich rächen, dachte sie. Und das werde ich auch tun.
Beflügelt durch das Gespräch mit Marion Bonville, ritt Warwick erneut zu Monahans Waldhütte. Dabei vermied er es tunlichst, den Holzfällern zu begegnen, deren Geräusche meilenweit durch den Wald hallten. Niemand durfte erfahren, was er vorhatte, und ihm womöglich ins Handwerk pfuschen.
Wie immer trug er seinen Revolver bei sich. Außerdem steckte in seiner Satteltasche eine kleine Flasche Chloroform für den Fall, dass Jaqueline sich zur Wehr setzen würde. Sich das Betäubungsmittel zu beschaffen war nicht leicht gewesen. Er hatte im Drugstore einen Freund in Chatham vorgeschützt, einen Arzt, für den er das Mittel besorgen solle. Auf dessen Namen hatte der Apotheker es ihm auch angeschrieben, weil Warwick versprochen hatte, seinen Drugstore überall in der Gegend weiterzuempfehlen.
Seltsam, es steigt gar kein Rauch aus dem Schornstein auf, dachte er, als er das Gebäude vor sich ausmachte. Er saß ab, band sein Pferd an einen Baum und griff zum Feldstecher. Zu sehen war nichts. Nichts regte sich im und am Haus. Offenbar war Monahan zu seiner Sägemühle zurückgekehrt. Dennoch schlich Warwick vorsichtig durchs Unterholz. Als ein Ast unter seinem Stiefel knackte, schlug der Hund an. Wütend warf sich das Tier in die Leine und fletschte die Zähne.
Verdammtes Mistvieh!, dachte Warwick und ließ die Hütte nicht aus den Augen. Wenn Monahan oder Jaqueline da sind, werden sie sicher gleich vor die Tür treten, um nachzusehen, was los ist. Wenn der Kerl rauskommt, mach ich ihn kalt!
Aber nichts geschah. Das Gebell des Hundes schreckte zwar die Vögel aus den Baumkronen auf, aber in der Hütte blieb alles still.
Soll ich reingehen oder nicht?, überlegte Warwick. Er beschloss, seine Deckung aufzugeben.
Doch selbst als er sich gut sichtbar der Tür näherte, tat sich nichts.
Ist sie vielleicht ausgeflogen? Macht einen Spaziergang?
Der Hund bellte sich beinahe heiser; das Halsband würgte ihn, als er sich zähnefletschend auf die Hinterbeine stellte.
»Halt die Klappe, du Mistvieh!« Damit riss Warwick den Revolver aus dem Holster und drückte ab. Mit einem kläglichen Jaulen brach das Tier zusammen. Ungerührt ging Warwick zur Tür.
Nicht abgeschlossen!
Ein Funken Hoffnung überkam ihn. Vielleicht schläft sie noch.
Als er die Tür aufzog, strömte ihm kühle, nach Bettfedern und Asche riechende Luft entgegen. Jaqueline war fort!
»Verdammt!«
Wütend trat er gegen einen Stuhl, der ihm im Weg stand, und kippte den Tisch um. Eine Lampe, die darauf gestanden hatte, zerschellte auf dem Fußboden. Petroleum breitete sich auf den Dielen aus. Der beißende Geruch stach Warwick in die Nase, während er das Lager betrachtete, dessen Bettdecke nur nachlässig zurechtgezogen war.
Hier haben sie es miteinander getrieben! Ich war dir ja nicht gut genug, du elendes Frauenzimmer. Aber warte nur: Ich werd's dir auch noch besorgen, du kleine Hure. Wieder und wieder wirbelten diese Gedanken durch seinen Kopf.
Hasserfüllt packte er die Bettdecke und warf sie neben den Petroleumfleck. Dann zog er ein Streichholz aus der Tasche und riss es an. Kaum berührte es die Flüssigkeit, schoss eine Flamme empor. Warwick stieß mit dem Fuß die Decke hinein, die auf der Stelle Feuer fing.
Soll die verdammte Hütte doch niederbrennen!, dachte er. Monahan wird vielleicht ahnen, wer ihm diesen Denkzettel verpasst hat, aber nachweisen kann er mir nichts.
Damit kehrte Warwick zu seinem Pferd zurück und machte sich aus dem Staub.
6
Connor fiel der Gang zum Haus der Bonvilles äußerst schwer. Alles hatte sich für ihn verändert. Bis zum Morgen hatte er wach gelegen und über sich und Jaqueline nachgedacht. Immer wieder war er zu demselben Schluss gekommen: Marion wird mich niemals glücklich machen. Und ich will kein Leben führen, in dem ich etwas bereuen muss.
Drei Mal musste Connor klopfen, ehe die Tür geöffnet wurde.
»Ah, Mr Monahan, willkommen!«, grüßte der Butler. »Miss Bonville ist in ihrem Salon.«
»Danke, James!« Connor durchquerte mit langen Schritten die Halle. Aus der Küche drang der Duft von Savannahs selbstgebackenem Kuchen.
Ihre Kochkünste werde ich wahrscheinlich mehr vermissen als Marion, kam ihm in den Sinn.
Im Salon saß Marion vor dem Fenster.
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