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Im Land des Silberfarns: Roman (German Edition)

Im Land des Silberfarns: Roman (German Edition)

Titel: Im Land des Silberfarns: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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Schafbock drehte sich folgsam um und lief vor Gregory her, der gleich den einzigen Weg entdeckte, der zu diesem Strand führte, und mit den Schafen darauf zuhielt.
    David sah seine Frau verwundert an. »Was ist denn? Du benimmst dich, als hättest du ein Gespenst gesehen. Kennst du Gregory womöglich aus Kororareka? Dann sage ich ihm sofort, dass er gehen muss! Wenn es sein muss, dann kommen wir auch alleine zurecht. Ich dachte nur, es wäre ein gute Idee, wenn uns jemand hilft, der auch weiß, was er tut.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, das ist es nicht. Er hat mich nur an jemanden erinnert, den ich früher kannte. In England. Mach dir keine Sorgen, das hat nichts zu bedeuten.«
    David sah sie lange forschend an. Dann nickte er. »Gut, wenn du das sagst, will ich dir glauben.« Damit nahm er den Käfig mit den Hühnern und lief dem Mähen der Schafe hinterher.
    Mit einer geschickten Bewegung warf Anne den Sack mit den Einkäufen auf ihren Rücken, schnappte sich Charlotte und ging hinter den beiden Männern her. Ihre Gedanken rasten immer noch. Hatte Gregory gewusst, dass er sie hier finden würde? Warum hinkte er so schrecklich? Hatte er sie etwa gesucht – oder war sein übler Vater vielleicht pleitegegangen? Sie schüttelte den Kopf. Alle diese Fragen würde er schon im Laufe der nächsten Tage und Wochen beantworten. Aber die wichtigste war doch: Sollte sie David erzählen, dass sie als junges Mädchen Gregory versprochen war, dass sie ihn geliebt hatte und es damals kaum erwarten konnte, ihn endlich zu heiraten? Oder sollte sie besser schweigen, damit er nicht ins Zweifeln kam?
    Schon nach wenigen Schritten war ihr klar: Sie wollte erst einmal nichts sagen. Sie wollte David nicht mit einer alten Geschichte erschrecken. Das machte sie sich selbst vor, und fast glaubte sie sich sogar. Auch wenn ihr heimlich klar war, dass sie sich ein bisschen zu sehr darüber gefreut hatte, Gregory wiederzusehen. Dieses unglaubliche Lachen …
    Charly jammerte. Ihr Griff um die kleine Kindertaille war wohl etwas zu fest gewesen. Anne musste sich selber ermahnen, ihre verkrampften Muskeln etwas zu entspannen. Dabei wollte sie unbedingt erleben, wie David und Gregory oben auf der Lichtung ankamen. Immerhin hatte sie in den letzten Wochen viel Mühe und Schweiß auf das Gehege für die Schafe verwendet. Doch als Anne endlich mit Charlotte oben angekommen war, saßen die Männer bereits auf der Veranda und redeten miteinander.
    Anne ging zu ihnen. »Kann ich euch etwas zu trinken geben? Ich kümmere mich dann gleich um das Essen.«
    Die beiden nickten und unterhielten sich weiter über die Schafzucht. Anne flüchtete zu ihrem Herd und setzte einen ordentlichen Eintopf mit vielen Süßkartoffeln, den Muscheln vom Strand und einigen Kräutern auf, die sie hier in der Gegend gefunden hatte. Dann brachte sie einen kalten Kräutertee nach draußen und lehnte sich gegen die Wand, um den beiden zuzuhören und Gregory heimlich zu beobachten.
    Er hatte sich in der Zeit verändert, die sie sich nicht gesehen hatten. Wie lange war das her? Vier Jahre? Fünf Jahre? Aus dem gut aussehenden jungen Landedelmann war ein selbstsicherer Mann geworden, dem das Leben so einige Spuren eingegraben hatte. Die tiefen Lachfältchen in der sonnengebräunten Haut, die Konturen an Kinn und Backenknochen, die so viel deutlicher zutage traten. Sie konnte ihre Neugier nicht mehr beherrschen. »Was hat Euch denn in diesen Teil der Welt verschlagen, Master Gregory?«
    Er wandte sich ihr zu. »Verzeiht, wir langweilen Euch mit unserem Gespräch über Schafe! Das war sehr unhöflich …« Er legte eine kurze Pause ein, während er mit der Hand unwillkürlich über seinen Oberschenkel strich. »Was mich hierher gebracht hat? Die Neugier auf die Welt und natürlich die Suche nach dem Glück.«
    »Hattet Ihr zu Hause denn kein Glück?« Anne hoffte, dass ihre Stimme nicht zitterte, als sie diese Frage stellte.
    Gregory musterte sie einen Moment lang aus seinen braunen Augen. »Doch, ich hatte viel Glück. Aber dann kam es mir in einem unaufmerksamen Moment abhanden. Seitdem bin ich auf der Suche nach so viel Glück, wie ich es einst besessen habe. So ist das, wenn man jung ist – man ahnt nicht, wie reich man ist, bis man alles verliert …«
    Anne schluckte. »Und … wo seid Ihr auf meinen Mann gestoßen?«
    Wieder zeigte Gregory sein strahlendes Lachen. »Das war purer Zufall. Ich habe in der Nähe von Wellington einige Monate bei einem Schafzüchter

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