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Im Land des Silberfarns: Roman (German Edition)

Im Land des Silberfarns: Roman (German Edition)

Titel: Im Land des Silberfarns: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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Paddy-Jay mit dem zufriedenen Gesicht eines Mannes, der sich nicht nur im Recht glaubt, sondern auch am längeren Hebel sitzt.
    »Ich muss mit meiner Frau sprechen«, sagte Wilcox bestimmt. »Alleine.«
    »Damit ihr irgendetwas Kluges aushecken könnt? Nein, nein. Wenn ihr etwas zu besprechen habt, dann vor mir. Oder gar nicht. Eure Entscheidung.« Er sah Wilcox herausfordernd an.
    Anne hätte fast gelacht – wenn ihre Situation nicht so verzweifelt gewesen wäre. Dieser Paddy-Jay hielt sich wirklich für besonders klug – dabei hatte er erst vor wenigen Stunden ein wunderbares seetüchtiges Schiff zu Kleinholz verarbeitet. Und er benahm sich immer noch so, als sei ihm da etwas Großartiges gelungen. Aber er hatte sie unbestritten in der Hand. Und hatte die Macht, sie nicht nur zu trennen, sondern auch ihren frisch angetrauten Mann in das Unglück zu schicken. Sie beugte sich zu Wilcox hin. »Hast du eine Idee? Bitte, hab eine vernünftige Idee!«
    Wilcox biss sich auf die Lippen. Die Narbe in seinem Gesicht leuchtete auf der blassen Haut, als er ihr leise antwortete: »Zu Fuß können wir keinen anderen Ort erreichen. In Australien wäre ich sicherer – aber wie soll ich da hinkommen? Ich muss los. Keine Sorge, ich werde in Kororareka auf mich aufpassen! Der Weg ist lang, da kann ich mir etwas einfallen lassen.«
    Anne atmete tief durch. So sah also ihr Schicksal aus. Wieder einmal blieb ihr nichts anderes übrig, als das Beste daraus zu machen. Ihre Gedanken überschlugen sich. Wie konnte sie wenigstens ein bisschen Sicherheit für Wilcox und sich selbst herausschlagen?
    Sie sah Paddy-Jay an: »Und wenn Ihr es wagt, mir auch nur ein Haar zu krümmen, dann erhaltet Ihr ein Goldpfund weniger. Ihr habt hier für meine Sicherheit unter den Wilden zu bürgen.«
    Der Schwarzhaarige war für einen Augenblick verwirrt. »Bürgen?«
    Anne nickte. »Sicher. Ich bleibe als Geisel hier, und Ihr sorgt dafür, dass mir nichts geschieht. Sollte mir trotz Eurer Mühen etwas zustoßen, erhaltet Ihr nur das halbe Geld. Sollte ich mein Leben verlieren, bekommt Ihr gar nichts. Das ist doch nur recht und billig, meint Ihr nicht?«
    David Wilcox nickte zustimmend. »So verhalten sich Ehrenmänner und gute Geschäftemacher. Und das seid Ihr doch – oder etwa nicht?«
    Paddy-Jay nickte. Der dümmliche Ausdruck in seinem Gesicht machte deutlich, dass er keine Ahnung hatte, worauf er sich eingelassen hatte. Aber mehr Sicherheit würde Anne aus diesem Holzkopf wohl nicht ziehen können. Wilcox reckte Paddy-Jay die Hand entgegen. »Dann wollen wir uns auf diese Vereinbarung den Handschlag geben. Es gilt!«
    Die Männer schüttelten sich mit ernsten Mienen die Hände. Paddy-Jay überrumpelt, David Wilcox wenigstens mit einem winzigen Hauch Sicherheit für Anne ausgestattet. Sie saß dabei, blickte in die Gesichter und versuchte sich auszumalen, was wohl in den nächsten Wochen auf sie zukommen würde. Eine weiße Frau unter Wilden. Sie musste unbedingt die Sprache dieser Maori lernen, sonst war sie verloren. Eine leise Übelkeit machte sich in ihrer Magengrube breit. Entschlossen schluckte die den bitteren Geschmack nach Galle wieder herunter. Jetzt war der falsche Augenblick für Selbstmitleid!
    Am nächsten Morgen brach David Wilcox auf – an seiner Seite der etwas schmächtige Matrose, der für ihn eingestanden war. Die Wunde an seinem Oberarm war von den Maori versorgt worden, der Angriff von Paddy-Jay hatte ihm nur für kurze Zeit das Bewusstsein geraubt, aber nicht ernstlich verletzt. Wilcox zog Anne an seine Brust und drückte sie fest an sich.
    »Ich versuche, so schnell wie möglich wieder hier zu sein«, flüsterte er in ihr Haar. »Bitte pass auf dich auf. Ich weiß nicht, was ich machen würde, wenn dir etwas zustößt …« Seine Stimme brach.
    Anne versuchte ihm Mut zu machen. »Das schaffst du. Und wenn ihr mit einem Schiff zurückkehrt, dann seid ihr wahrscheinlich wieder hier, bevor ich auch nur die Ansätze der Sprache der Maori begriffen habe. Bitte, mach dir keine Sorgen. Ich komme zurecht, das solltest du doch wissen.«
    Er sah sie zweifelnd an. »Als ich dich geheiratet habe, da habe ich geschworen, dass ich dich künftig von aller Unbill fernhalte. Jetzt sieht es nicht so aus, als ob mir das länger als drei Tage lang geglückt ist. Kein sehr tüchtiger Ehemann, den du dir da eingefangen hast.«
    »Du kannst nichts dafür«, wollte Anne ihn noch einmal beruhigen.
    »Doch, ich hätte merken müssen, dass meine

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