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Im Leben gibt es keine Proben (German Edition)

Im Leben gibt es keine Proben (German Edition)

Titel: Im Leben gibt es keine Proben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Biermann
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Selbstverständlichkeit, der linken Partei anzugehören, von der Angst, zu vielen Langweilern und Leerköpfen zu begegnen, von Deiner Entscheidung, kein Lehrer sein zu wollen, Dir ging es um Philosophie, Sprachen und Religion. Du wurdest Journalist, nachdem Du den Maler Walter Womacka als Dolmetscher nach Kairo begleitet hattest. Jeder von uns machte sich auf seinen Weg, traf Freunde und Fremde, Geliebte und Ungeliebte – Lebenshunger eben, Aufbruch in die Welt. Deine Neugier hat Dich davongetrieben, ewiges Gehen und Zurückkehren – wir konnten uns einfach nicht lassen. Eine zarte Bewunderung füreinander hat unsere Liebe wachsen lassen.
    Einmal riefst Du unvermittelt an: »Ich komme in Deine Premiere.« Du kamst, sahst, siegtest, liebtest und reistest wieder weg. Ich wurde sehr dick von dieser wundervollen Nacht, bekam 1973 unseren Sohn Jacob. Wir heirateten, und 1976 kam unsere Tochter Jennipher.
    Jeder, der heute mit uns diese letzte Stunde mit Dir verbringt, denkt gern zurück an die nächtelangen, wilden Gespräche mit Dir, Diskussionen voller Feuer, Besessenheit und Streit, der unsere Köpfe frisch hielt. Du hast uns zum Denken animiert, uns in unserer Bequemlichkeit provoziert, uns aus unserer geistigen Enge gelockt. Jeder Lehrer fürchtete Deine Argumente, wenn Du Deine Kinder verteidigt hast gegen Anpassung und Reglementierungen.
    Unbestechlich warst Du in Deinem Beruf, traurig und zornig, wenn Dich Freunde, Kollegen nicht verstanden haben. Feigheit und Opportunismus waren Dir verhasst, Du littest förmlich unter engstirnigen Vorgesetzten, uninteressierten Kollegen, dogmatischen Lehrern unserer Kinder.
    Ganz wichtig war Dir, informiert zu sein. Deine Weitsicht hat mich oft bewahrt vor vorschnellen Aktionen, vor emotionalen Überreaktionen. Durch Dich bin ich ein politisch denkender Mensch geworden.
    Freunden warst Du ein freundlicher Ratgeber in scheinbar aussichtslosen Situationen. Deine konsequenten Ansichten erschreckten oft. Nein, ein bequemer Mensch warst Du nie. Man konnte damit rechnen, dass Du den Salat umwarfst auf einer Party oder eine Rede hieltest, die alles sprengte. Man nannte uns liebevoll das Bombenlegerpaar. Oder Du verließest das Haus von Freunden mit knallender Haustür, um draußen mit einem herrlichen Lachanfall vorzuschlagen: Jetzt müsste man tanzen oder was erleben, was Spaß macht. Dein Lachen, das war mitreißend, animierend, es nahm kaum ein Ende, und nie klang es schadenfroh.
    Dein Zorn – wie ein Dämon konntest Du Dich aufregen, besonders über dumme Leute. Dein umfangreiches Wissen – ob Politik, Wirtschaft, Medien, Film, es gab kein Thema, das Dich nicht interessierte. Auskosten jeden Tag, jede Nacht – fast immer zu wenig Schlaf, zu schön war das Dasein auf diesem Planeten für Dich.
    Und ich bin Dir gefolgt, so wie Du mir, beobachtend, kritisch, verliebt. Mit Dir lebte ich auf einem Extrastern. Waren wir getrennt, haben uns unsere Briefe atmen und das Feuer brennen lassen über alle Jahre. Ja, man konnte eine Persönlichkeit sein an Deiner Seite, wenn man Kraft hatte. Meine Kraft reichte aus für Dich, hat mich nie verlassen. Du hast mich gefordert, ich konnte mein Chaos ordnen, da Du mir vertraut hast. Auch in den schwierigsten Situationen hast Du mich ermutigt, mich zu wehren, die Feinde zu beißen und nichts zu tun, was mir nicht gefällt. Ich tat es und wurde angegriffen wie Du, oftmals. Aber ich wuchs.
    Zweitausend Bücher hast Du mir hinterlassen. Du warst der leidenschaftlichste Leser, den ich je gesehen habe. Gleich nach der Arbeit gingst Du ans Bücherregal, vertieftest Dich bis zum Abendbrot, danach lasest Du Märchen vor, wir lauschten Deiner tiefen Stimme, beruhigten uns, es war Frieden im Hause Antoni. Kam ich von der Vorstellung oder aus der Küche, fand ich häufig einen großen und zwei kleine Menschen schlafend ineinander gekuschelt und obenauf ein Buch.
    Oder Du saßest im Schaukelstuhl, hörtest Bob Dylan, Joan Baez, Leonard Cohen, Mahler, Bach oder Mozart, und Du warst glücklich, dass auch das nach meinem Geschmack war.
    Feiern – ein Zauberwort für Dich, das wollte und konnte keiner wie Du, jeder hier von unseren jahrelangen Freunden erinnert sich an die großen Feste bei uns, jedes Ereignis bot Anlass für ein großes Treffen. Auch heute sind alle, die es ermöglichen konnten, gekommen.
    Du liebtest die Premieren, Geburtstage, Jahreswechsel, Ereignisse Deiner Kinder und der Familie. Dann warst Du oft der schillernde Mittelpunkt, der Halt, der

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