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Im Licht der roten Erde

Im Licht der roten Erde

Titel: Im Licht der roten Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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sie auf dem Land einzusetzen, und so kam es zu der Yandoo-Gemeinschaft.«
    »Gehörten sie einem bestimmten Stamm an? Aus dieser Gegend?«
    »Vermutlich. Es gibt verschiedene Familien und Anverwandte. Sie haben ein unglaublich kompliziertes Familiensystem. Aber wie dem auch sei – sie teilten sich den Ort, halfen, ihn aufzubauen, und sie hatten
tucker
und einen festen Lagerplatz, obwohl sie zu jener Zeit nach wie vor auf Pilgerreise zu ihren heiligen Stätten gingen, um ihre Zeremonien abzuhalten.
Walkabout
nennen sie das. Meine Großeltern kümmerten sich um all die Familien. Es gehörte zur Tradition, und alle schienen zufrieden mit ihrem Schicksal zu sein, bis in die Tage meines Vaters. Doch dann kam Wave Hill, und die Dinge änderten sich.«
    »Wie hat sich Wave Hill auf Yandoo ausgewirkt?«
    »Nun, wie du vielleicht weißt, traten die Aborigines – die Gurindji, um genau zu sein – 1966 auf der Wave-Hill-Station etwa sechshundert Kilometer südlich von Darwin in den Streik und forderten bessere Arbeitsbedingungen und die gleiche Bezahlung wie weiße Viehtreiber. Sie brachten ihren Fall vor die Vereinten Nationen.«
    »Aber sie haben doch gewonnen?«
    »Ja. Letztendlich gab die Regierung nach über acht Jahren der Auseinandersetzungen den Gurindji ihr Land zurück. Die Pastoralisten konnten die Forderungen der Aborigines schlicht und einfach nicht erfüllen, viele von ihnen mussten aufgeben. Das ist das Problem mit den politischen Aktivisten und manchen Mitgliedern des
land council:
Sie mischen sich ein und sorgen für Ärger, indem sie den Aborigines erzählen, dass sie ausgebeutet werden, dass sie Unabhängigkeit und Selbstbestimmung anstreben sollen.«
    »Das war damals eine ziemlich einschneidende Angelegenheit«, bemerkte Susan.
    »Vor allem, weil sich einige australische Kommunisten der alten Schule unter den Weißen befanden, die den Gurindji halfen, gegen die Besitzer der Wall-Hill-Station, die britische Landwirtschaftsgesellschaft Vesteys, zu kämpfen. Die Entscheidung zog eine Kettenreaktion nach sich. Überall mussten die Farmer Aborigines entlassen. Sie konnten es sich einfach nicht mehr leisten, sie zu bezahlen. Eine ganze Industrie ging so den Bach runter.« Er grinste. »Manche hielten das für das Ende der Zivilisation, so wie wir sie kannten. Aber das war es nicht, und ich schätze, auf lange Sicht sind wir alle besser dran. Du meine Güte, kannst du dir vorstellen, was die Welt heutzutage sagen würde, wenn wir unseren schwarzen Arbeitern nur einen Bruchteil des Lohns bezahlen würden wie unseren weißen, nur weil sie schwarz sind?«
    »Ganz zu schweigen von der Arbeit, die wir Rechtsanwälte dann hätten! Aber mal im Ernst: Das Erstaunliche ist doch, dass die Industrie überhaupt so lange damit durchgekommen ist.«
    »Wie dem auch sei, in Yandoo mussten wir uns jedenfalls fügen. Sie anständig entlohnen, genau wie die Weißen. Wie überall sonst mussten auch wir Arbeiter entlassen, doch die Technik kam uns zu Hilfe: bessere Fahrzeuge, Hubschrauber, Lastzüge statt riesigem Viehtrieb, zu dem man haufenweise Treiber brauchte … wir haben die Lage gemeistert.«
    »Manchmal bedarf es bloß eines einziges Ereignisses, um die Geschichte zu verändern …«
    »Dad hat mir erzählt, dass die Dinge vor dem großen Streik aus den Fugen zu geraten schienen. Mit zunehmend verbesserter Ausstattung der Farmen waren bereits Aborigines ausgemustert worden. Die Schafscherer-Gewerkschaft sorgte dafür, dass Aborigines nicht länger als Schafscherer arbeiteten. Und als erst einmal die weißen Frauen kamen und sich auf den Stationen niederließen, änderten sich Maßstäbe.«
    »Zum Besseren, sollte man vermuten.«
    Andrew grinste boshaft. »Kommt drauf an. Der Boss musste sich zusammenreißen, kein freundschaftlicher Verkehr mehr mit den hübschen schwarzen Mädchen. Keine Mischlingskinder mehr auf den Stationen.«
    »Was ist mit ihnen passiert?«
    »Die Behörden der Weißen und die Kirchen haben sie mitgenommen und in irgendwelche Institutionen gesteckt, und zwar über viele Jahre hinweg.«
    »Diesem Aborigine-Klienten, den ich gerade vertreten habe, ist das auch passiert.«
    »Dann hat er zumindest eine gute Erziehung genossen. Er war im Fernsehen, nicht wahr? Hat ’ne Menge Geld gemacht? Das hätte er nicht geschafft, wenn er im Busch geblieben wäre.«
    »Andrew! Das weißt du doch gar nicht! Mittlerweile gibt es Möglichkeiten für begabte Aborigines! Wie kannst du behaupten, er habe es jetzt

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