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Im Licht der roten Erde

Im Licht der roten Erde

Titel: Im Licht der roten Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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Weite hinter den Horizonten, und sie hatte den Eindruck, dass Andrew mit jedem Fleckchen seines Landes vertraut war.
    »Du liebst es, nicht wahr?«, fragte sie sanft und nahm seine Hand, als sie auf einem Hügel neben dem Wagen standen und zusahen, wie mit sinkender Sonne die Farben weicher und die Schatten länger wurden.
    Langsam ließ er den Blick über das Land schweifen, das sich unter ihnen erstreckte. »Ja, ich liebe es. Seit ich ein Kind war und anfing, mit Hunter die Gegend zu erkunden. Er hatte Fährtenlesen gelernt, so dass wir uns nie verirrten. Obwohl wir noch so jung waren, wusste ich, dass ich bei ihm sicher war.« Er verstummte.
    »Was, glaubst du, ist mit ihm passiert?«
    »Keine Ahnung. Ich denke gelegentlich an ihn. Hoffe, dass es gut für ihn gelaufen ist. Ich habe immer ein schlechtes Gewissen seinetwegen gehabt. Es war schwer, vom Internat zurückzukommen und festzustellen, dass er einfach … fort war.« Erneut schwieg er einen Moment, dann deutete er auf eine Baumgruppe in der Nähe einer Windmühle. »Siehst du diese Pumpe und die Bäume dort?«
    »Ja.«
    »Dort habe ich zum ersten Mal als Junge mit Dad gezeltet. Das erste Mal, nur mit Rindertreibern. Ich war vielleicht sieben oder acht. Seitdem habe ich an Tausenden von Lagerfeuern gesessen. Lehrreiche Erfahrungen. Manchmal, so denke ich, habe ich mehr an diesen Lagerfeuern gelernt als jemals in der Schule.« Andrew grinste.
    »Und worüber?«
    »Oh, alles über Pferde, Rinder, Frauen …« Jetzt lachte er. »Mein Bruder und ich sagten ›Buschschule‹ dazu … es war einfach das Beste.«
     
    An jenem Abend beim Essen bediente sich Ian Frazer mit Kartoffeln und wandte sich anschließend an Susan. »Andrew sagt, Sie fahren in die Kimberley-Wüste und zelten bei ein paar Stammesleuten?« Er klang nachdenklich.
    »Ja, es handelt sich um eine Art kulturelle Erfahrung im Outback. Man nehme eine Gruppe von weißen Städtern und lasse sie bei den Ureinwohnern leben, damit sie von ihnen lernen.«
    »Und was bringt Ihnen das als Anwältin? Betrifft Ihre Arbeit etwa deren Eigentumsrechte oder Ähnliches?«
    »Aber nein.« Dass sie gerade einen Aborigine vor Gericht in einem Zivilprozess vertreten hatte, ließ sie unerwähnt. »Ich möchte lediglich sehen, wie Aborigines leben – Menschen, die weiterhin traditionelle Wege beschreiten.«
    Ian Frazer kippte mehr Bratensoße über sein Roastbeef. »Hängt davon ab, was Sie unter ›traditionellen Wegen‹ verstehen. Ich garantiere Ihnen, die Betrunkenen, die man in den Städten sieht, können sich daran nicht mehr erinnern. Katherine ist voller gestrauchelter Schwarzer. Hoffnungslose Fälle. Die Aborigines hier in Yandoo führen eine ebenso traditionelle Lebensweise wie sonst wo. Sie können mir nicht erzählen, dass Ihre Buschkumpel nicht im gleichen Maße von staatlichen Zuwendungen leben wie von der Jagd.«
    Susan legte Messer und Gabel auf den Tellerrand. »Was meinen Sie damit, wenn Sie behaupten, Ihre Yandoo-Aborigines führten eine traditionelle Lebensweise? Sie jagen nicht, gehen nicht auf
walkabouts
und führen auch nicht ihre Stammesriten aus, oder? Wo ist ihr angestammtes Land?« Andrew warf Susan einen warnenden Blick zu, den sie geflissentlich übersah.
    »Wenn einer von ihnen Anspruch auf Yandoo erhoben hätte, hätte ich ihn verjagt«, fuhr Ian fort. »Wie ich schon sagte: Meine Familie ist seit drei Generationen hier. Wir haben genauso ein Recht, hier zu sein, und sie akzeptieren das. Wir geben ihnen Arbeit, kümmern uns um ihre Familien und zu Besuch kommende Verwandte, und wir alle bewirtschaften gemeinsam dieses Land. Es gefällt ihnen so. Ab und an machen sie sich auf den Weg zu irgendwelchen Zeremonien, aber damit können wir leben, konnten es immer schon.« Er machte eine Pause, um Luft zu holen. »Ich habe lieber Schwarze, die auf meinem Besitz kampieren, als weiße Touristen und Wildschweinjäger. Die Schwarzen machen die Gatter zu, lassen keine Feuer brennen und gehen pfleglich mit Land und Wasser um.«
    »Dann kommen Sie also alle miteinander klar? Das entspricht nicht dem, wovon die Politiker ausgehen.«
    »Scheiß auf die Politiker. Entschuldigen Sie meine Ausdrucksweise. Sollen sie doch mal aus Canberra rauskommen und sich von Angesicht zu Angesicht mit den Schwarzen und den Pastoralisten unterhalten. Das ist mein Land, und ich habe jedes Recht darauf. Aber in einem Punkt stimme ich Ihnen zu: Wir haben eine gemeinsame Geschichte mit den Aborigines. Wir treffen uns zwar

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