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Im Licht der roten Erde

Im Licht der roten Erde

Titel: Im Licht der roten Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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benommen von den gigantischen Ausmaßen der beiden ineinander verkeilten Bestien.
    »Mindestens sechs Meter!«, rief Andrew. »Geh runter, Julian, damit Susan ein Foto machen kann!«
    Julian ging tiefer und drehte, dann blieb er dicht über der Wasseroberfläche stehen. »Was wäre, wenn sie vorbeigekommen wären, als wir in diesem winzigen Boot saßen?«, fragte Susan atemlos.
    »Sie mögen kein Aluminium«, erwiderte Julian mit einem lakonischen Grinsen.
    »Mag sein, aber ein einziger Schlag mit dem Schwanz hätte uns rausgeworfen. Sie sind ja fast dreimal so groß!« Mit einer Mischung aus Entsetzen und Faszination betrachtete Susan den gelblichen Bauch eines der sich im Kampf um die eigene Achse drehenden Krokodile.
    Sie riss sich zusammen und schoss rasch ein paar Fotos. »Aus einem von denen kann man gleich mehrere Handtaschen und Stiefel machen«, brüllte Andrew ihr zu.
    Julian ging noch weiter runter. »Nicht zu tief, Julian!«, schrie Susan ängstlich.
    »Keine Sorge, er weiß, was er tut.« Andrews Aufmerksamkeit war von den kämpfenden Riesen gefesselt.
    »Ja! Das ist der Wahnsinn! Ein Kampf um Leben und Tod.«
    »Julian, flieg bitte höher, wir streifen sie noch!« Susan konnte die schnappenden Kiefer mit ihren unglaublichen Zahnreihen erkennen.
    Die Krokodile hatten das große Insekt über ihnen offenbar gar nicht wahrgenommen. Jetzt aber, als eines von ihnen den Sieg ahnte, bemerkte es die schwebende Bestie auf Beutezug. So schnell, dass niemand es kommen sah, schoss das riesige Tier in die Höhe und griff den Hubschrauber an. Der Vortrieb seines kräftigen Schwanzes ließ es aus dem Wasser schnellen, und seine großen Kiefer schlossen sich um eine der metallenen Landekufen. Der Hubschrauber schlingerte von dem zusätzlichen Gewicht seitwärts, dann stabilisierte er sich. Julian gab sich alle Mühe, ihn höher in die Luft zu kriegen. Susan biss sich auf die Lippe.
    »Versuch, ihn abzuschütteln!«, brüllte Andrew. »Wieso ziehst du nicht einfach nach oben, dann lässt er los!«
    »Hab nicht genug Auftriebskraft!«
    Susan kauerte sich in ihren Sitz und blickte auf die nahe Wasseroberfläche, wohl wissend, was dort lauerte.
    »Der Fisch, der verdammte Fisch! Gib ihm den Barramundi!«, schrie Julian zum Kreischen des überlasteten Hubschraubermotors.
    Susan fuhr herum und sah, wie Andrew den großen Fisch vom Fußboden riss und durch die Türöffnung auf das Krokodil warf, das sich grimmig entschlossen in die Kufe verbissen hatte. Blitzschnell ließ es los, Fisch und Krokodil glitten zusammen durch die Luft und landeten binnen Sekunden im Fluss. Der Hubschrauber schoss nach oben, und Julian stieg auf normale Höhe und Geschwindigkeit, dann kreiste er ein letztes Mal über dem Wasser. Die drei blickten hinunter. Alles war ruhig. Doch sie wussten, dass von dem Barramundi nicht der kleinste Rest übrig geblieben war. »Nun, das war unser Abendessen«, sagte Julian.
    »Du meinst wohl, wir wären selbst um ein Haar das Abendessen geworden«, erwiderte Andrew grinsend. »Ich hoffe, deine Fotos haben sich gelohnt. Fantastisch, nicht wahr?«
    Susan antwortete nicht. Andrew schaute in ihr blasses Gesicht. »Keine Sorge, Liebes. Ein kaltes Bier bringt dich wieder auf die Beine.«
     
    An Susans letztem Vormittag überließen sie und Andrew das Gespräch am Frühstückstisch Julian und seiner Mutter und zogen sich zurück, sobald sie konnten.
    »Wir möchten noch eine Runde durch den Garten drehen, bevor Susan abreist«, sagte Andrew, und Ellen lächelte verständnisvoll.
    Julian zwinkerte seinem Bruder zu. »Die Tulpen sind prächtig«, neckte er. »Die müsst ihr euch unbedingt anschauen.«
    »Ich habe gar keine Tulpen gesehen«, sagte Susan irritiert.
    »Sonst geht’s dir aber gut, Julian, oder?«, gab Andrew zurück, und alle lachten.
    »Ich fliege in fünfzehn Minuten los«, sagte sein Bruder.
    »Gut. Wir werden da sein. Susans Gepäck ist schon im Heli. Charley hat es vor dem Frühstück rausgebracht.«
    Hand in Hand gingen sie durch den Garten, keiner mochte das unvermeidliche letzte Gespräch beginnen.
    »Ich werde dich vermissen, Susan. Das waren wundervolle Tage.«
    »Ich werde dich auch vermissen, Andrew.«
    »Du wirst vermutlich nicht viel Zeit haben, an mich zu denken, wenn du erst mal im Busch bist.«
    »Ich verspreche, mindestens einmal am Tag an dich zu denken.«
    »Schätze, ich sollte dankbar dafür sein, aber es klingt für mich nicht gerade so, als hätte ich bei dir einen besonderen Eindruck

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