Im Licht der Sonne: Roman (German Edition)
der Veranda stehen und drehte sich zu ihm um. Er hatte eine Skimütze aufgesetzt, und sein dunkelblondes Haar war hier und dort darunter hervorgerutscht. Er lächelte sie mit seinen goldbraunen Augen ungezwungen an. »Und? Wollen Sie jetzt vielleicht auch noch einen Gutenachtkuss?«
»Gerne.«
Seine Reaktion war so vergnügt, so harmlos vergnügt, dass Ripley grinsen musste. Aber nur für einen kurzen Moment.
Er hatte gewisse … Tricks drauf. Raffinierte, unerwartete, unglaubliche Tricks.
Seine Bewegung war nicht schnell, aber sie war so geschickt, so geschmeidig, dass Ripley keine Zeit blieb, sich dagegen zu wehren. Oder auch nur zu denken.
Seine Arme legten sich um sie, ließen sie an seinen Körper gleiten, sodass sie ohne wirklichen Druck an ihn gepresst wurde. Er beugte sie zurück, nur ein ganz klein wenig, und brachte es irgendwie fertig, die Illusion zu erzeugen, dass sie in horizontaler statt in vertikaler Lage waren.
Die Intimität dieser Haltung verwirrte und erregte sie derart, dass sich ihr bereits alles drehte, noch bevor er ihren Mund nahm.
Weich. Warm. Köstlich. Er streifte nicht mit den Lippen über ihre oder knabberte zart daran, sondern verschlang ihren Mund ganz einfach. Jetzt gesellte sich eine schimmernde Woge sinnlicher Hitze zu dem Schwindelgefühl, eine Hitze, die in ihren Zehen anzufangen und von dort aus immer höher aufzusteigen schien, bis sie jeden einzelnen Knochen in ihrem Körper schmolz. Ein gedämpfter Laut des Erstaunens und Vergnügens summte in ihrer Kehle. Ihre Lippen öffneten sich bereitwillig. Ja, mehr mehr! Sie brauchte zwei Anläufe, bis es ihr gelang, ihre knochenlosen Arme zu heben und um Macs Hals zu schlingen.
Ihre Knie waren derart wackelig, dass sie unter ihr nachzugeben drohten. Es hätte sie nicht überrascht, wenn sie gespürt hätte, wie sich ihr Körper ganz einfach auflöste und dahinschmolz, um in kleinen Tropfen auf den Fußboden zu fließen.
Als Mac den Kuss schließlich beendete und sie sanft von sich schob, war sie völlig benommen, ihr Kopf wie leer gefegt, und sie konnte ihre Umgebung nur noch verschwommen wahrnehmen. »Wir werden das hier demnächst mal wieder tun müssen«, sagte er.
»Äh …« Sie konnte sich nicht mehr so genau daran erinnern, wie man Worte bildete.
Er lächelte, zog spielerisch an ihrem Haar. »Du solltest jetzt besser ins Haus gehen, bevor du hier draußen erfrierst.«
»Mmmm.« Sie gab den Versuch auf, einen zusammenhängenden Satz hervorzubringen, drehte sich blindlings um und lief prompt gegen die geschlossene Tür.
»Warte, lass mich das für dich machen.« Er sprach in ruhigem, sehr sachlichem Ton, als er den Türknauf drehte und die Haustür leicht aufstieß. »Gute Nacht, Ripley.«
»Mmmm.«
Sie wankte ins Haus und musste sich dann notgedrungen gegen die Tür lehnen, die Mac hinter ihr geschlossen hatte, bis sie sich wieder zurechtfand und wieder zu Atem gekommen war.
Harmlos? Hatte sie tatsächlich geglaubt, Mac wäre harmlos?
Sie schaffte es, ein paar schwankende Schritte in Richtung Treppe zu machen, dann ließ sie sich auf die unterste Treppenstufe sinken. Sie würde ganz einfach warten, bis ihre Beine nicht mehr so schwach und zittrig waren, entschied sie, und dann versuchen, die Treppe hinauf in ihr Zimmer zu kommen.
8. Januar 2001
Einundzwanzig Uhr zehn.
Ich will in kurzen Worten den Inhalt meiner Notizen und der Bandaufnahme von meinem ersten Interview mit Ripley Todd aufzeichnen. Leider bin ich in dieser Sitzung nicht so weit mit Ripley vorangekommen, wie ich eigentlich gehofft hatte. Es gab allerdings zwei spezielle Vorfälle, die ich in meinem offiziellen Protokoll noch sehr viel eingehender beschreiben werde. Meine persönliche Reaktion gehört jedoch hierher.
Ripleys Temperament und ihre beschützende Haltung gegenüber ihrer Schwägerin, Nell Todd (Daten über Nell Todd mit Querverweisen unter ihrem Namen abgespeichert), können und werden sich schließlich als stärker erweisen als ihr Widerwille, über ihre besondere Gabe zu sprechen. Oder diese Gabe zu demonstrieren, wie ich es heute Abend erlebt habe. Ich habe den Eindruck, dass ihre Warnung an mich, als ich Nell Todd erwähnte, rein instinktiv war und dass die Nachwirkung dieser Warnung nicht beabsichtigt war. Der Umstand, dass sie mich dabei verletzte, war
eher ein Nebenprodukt als ein Ziel. Die Verbrennungen auf meinem Handgelenk stimmten – zumindest dem Aussehen nach zu urteilen – mit dem Griff und der Form ihrer
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