Im Licht der Sonne: Roman (German Edition)
Finger überein. Es war keine plötzliche Verbrennung, sondern eher so, dass die Hitze langsam, aber stetig stärker wurde. So wie man es vielleicht empfindet, wenn man eine Flamme höher dreht.
Die physischen Veränderungen, die ich während dieses Phänomens bei Ripley feststellte, waren eine Erweiterung der Pupillen und eine deutliche Röte unter der Haut.
Ihr Zorn wendete sich augenblicklich nach innen.
Ich glaube, diese mangelnde Kontrolle und ihre Angst vor dem, wozu sie fähig ist, sind der Grund dafür, warum sie sich so dagegen sträubt, über die besondere Art ihrer Gabe zu sprechen und sie zu erforschen.
Sie ist eine interessante Frau, eine, die ihrer Familie offensichtlich sehr nahe steht. In allen anderen Bereichen außer diesem einen speziellen spüre und beobachte ich bei ihr ein starkes Selbstvertrauen, eine innere Ausgeglichenheit. Sie ist schön, wenn sie lächelt.
Mac hielt mit Schreiben inne und war drauf und dran, diese letzte Beobachtung wieder durchzustreichen. Sie war noch nicht einmal zutreffend. Ripley war nicht schön – attraktiv, faszinierend, das ja, aber nicht schön, zumindest nicht im herkömmlichen Sinne.
Trotzdem, so sagte er sich, ist dieses Tagebuch dafür da, persönliche Eindrücke und Empfindungen festzuhalten. Der Gedanke, dass Ripley schön war, musste irgendwo in seinem Hinterkopf gewesen sein, wenn er ihn niedergeschrieben hatte. Also blieb der Satz stehen.
Der zweite Vorfall ereignete sich, kurz bevor wir gehen wollten und war, daran besteht für mich kein Zweifel, sehr viel schwieriger für sie. Die Tatsache, dass sie die Brandwunden beseitigen und ihre Fähigkeit bewusst demonstrieren
wollte, lässt auf ein starkes Verantwortungsbewusstsein und einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn schließen. Das – ebenso wie ihr Instinkt, die Menschen und das, was sie liebt, zu beschützen – ist letztendlich stärker als ihr dringendes Bedürfnis, ihre Gabe zu verdrängen.
Ich hoffe, ich werde im Laufe der Zeit herausfinden, welches Ereignis oder welche Ereignisse sie dazu bewogen haben, ihre Kräfte zu verleugnen oder ihnen abzuschwören.
Ich muss sie unbedingt wiedersehen, um meine Vermutungen und Folgerungen auf ihre Richtigkeit nachzuprüfen.
»Hol’s der Teufel«, murmelte er vor sich hin. Wenn er in seinem ganz privaten Tagebuch nicht aufrichtig sein konnte, wo dann?
Ich möchte sie wiedersehen, und zwar auf einer rein persönlichen Ebene. Es hat mir Spaß gemacht, mit ihr zusammen zu sein, auch wenn sie oft unverschämt und beleidigend ist. Es beunruhigt mich ein bisschen, dass es mir womöglich Spaß machen könnte, mit ihr zusammen zu sein, weil sie unverschämt und beleidigend ist. Abgesehen davon herrscht eine starke sexuelle Anziehungskraft zwischen uns. Im Gegensatz zu der reinen Bewunderung für Schönheit, die ich bei meiner ersten Begegnung mit Mia Devlin gefühlt habe – und der ganz natürlichen und menschlichen Fantasievorstellung, die der Anblick einer so schönen Frau bei mir auslöste –, ist dies hier sehr viel elementarer und daher unwiderstehlicher. Auf der wissenschaftlichen Ebene würde ich diese vielschichtige Frau namens Ripley Todd am liebsten auseinander nehmen, Stück für Stück, um zu begreifen, was sie ist. Aufder persönlichen Ebene möchte ich einfach …
Halt, nein, das geht nun doch ein bisschen zu weit, dachte Mac. Selbst bei einem privaten Tagebuch gab es gewisse Grenzen, die man nicht überschreiten sollte. Er konnte unmöglich schreiben, was genau er mit Ripley Todd tun wollte.
Ich ertappe mich bei der Frage, wie es wohl sein würde, ihr Geliebter zu sein.
Na also, dachte er, das ist doch eine annehmbare Formulierung. Es war wirklich nicht nötig, allzu sehr ins Detail zu gehen.
Ich habe sie heute Abend nach Hause gefahren, da eisiger Frost herrscht und die Temperatur bei ungefähr fünfzehn Grad minus liegt. Die Tatsache, dass Ripley unter solchen Bedingungen zu Fuß hierher gekommen war und auch wieder zu Fuß nach Hause gegangen wäre, zeigt sowohl ihre Hartnäckigkeit als auch ihre Unabhängigkeit. Sie war ganz offensichtlich amüsiert über so simple Möglichkeiten wie zum Beispiel, ihr in den Mantel zu helfen oder die Tür für sie aufzuhalten. Nicht beleidigt, sondern amüsiert, was ich wiederum entwaffnend fand.
Ich hätte sie nicht geküsst, wenn sie nicht davon angefangen hätte. Ich hatte ganz sicherlich nicht die Absicht, das schon in diesem frühen Stadium unserer Beziehung zu tun. Ihre Reaktion auf
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