Im Licht der Sonne: Roman (German Edition)
Zeit Gefallen am Vagabundenleben gefunden und reisen seitdem in einem großen Wohnmobil herum.«
»Klappern die Nationalparks ab.«
»Die Nationalparks und weiß der Himmel was sonst noch alles. Sie amüsieren sich großartig. Wie zwei Kinder, die endlose Sommerferien haben.«
Es war nicht sosehr das, was sie sagte, sondern vielmehr die Art wie sie es sagte, die ihm verriet, dass die Todds eine liebevolle und glückliche Familie waren. Ripleys Problem mit ihren paranormalen Fähigkeiten rührte also nicht von einem familiären Konflikt her. Dessen war er sich sicher.
»Sie und Ihr Bruder arbeiten zusammen.«
»Offensichtlich.«
Mac lächelte leicht. Ja, sie war wieder ganz die Alte. »Ich habe ihn gestern kennen gelernt. Sie sind ihm eigentlich nicht besonders ähnlich.« Er blickte von seinen Notizen auf. »Abgesehen von den Augen.«
»Zack hat all die Netter-Mensch-Gene in der Familie geerbt. Für mich sind nicht mehr genug übrig geblieben.«
»Sie waren dabei, als er bei der Festnahme von Evan Remington verletzt wurde.«
Ihre Miene wurde wieder vollkommen ausdruckslos. »Wollen Sie den Ermittlungsbericht lesen?«
»Den habe ich bereits gelesen. Es muss eine schlimme Nacht gewesen sein.« Und dieses Thema wollen wir vorläufig lassen, dachte er. »Sind Sie gerne Polizistin?«
»Ich tue nichts, was mir nicht gefällt.«
»Sie Glückspilz. Warum Der Malteser Falke?«
»Warum nicht?«
»Ich wüsste gerne, warum Sie ausgerechnet diesen Film ausgesucht haben statt, sagen wir, Casablanca.«
Ripley schüttelte den Kopf, sammelte ihre Gedanken. »Ich weiß nicht. Vielleicht, weil ich finde, dass Bergman zu Bogart hätte sagen sollen, Paris, und keine Widerrede, statt in das Flugzeug zu steigen. Im Falke hat er die Sache durchgezogen. Er hat Astor ausgeliefert. Das war Gerechtigkeit.«
»Ich habe mir immer ausgemalt, dass Ilsa und Rick nach dem Krieg wieder zusammengekommen sind, und Sam Spade … na ja, er ist einfach Sam Spade geblieben. Welche Art von Musik mögen Sie?«
»Was?«
»Musik. Sie sagten, Sie trainieren gerne zu Musik.«
Ihre dunklen, geraden Augenbrauen zogen sich wieder zusammen. »Was hat denn das mit Ihrem Projekt zu tun?«
»Sie haben vorhin gesagt, Sie wollten nichts mit meiner
Arbeit zu tun haben. Also können wir den Rest der Zeit auch ebenso gut damit verbringen, uns gegenseitig besser kennen zu lernen.« Sie stieß den Atem aus, nippte an ihrem Wein. »Sie sind wirklich ein seltsamer Mensch.«
»Na schön, dann lassen wir das, genug über Sie. Sprechen wir zur Abwechslung mal über mich.« Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, und als er Ripleys Gesicht nur noch verschwommen sehen konnte, fiel ihm wieder ein, dass er seine Lesebrille noch aufhatte, und setzte sie ab. »Ich bin dreiunddreißig und unverschämt reich. Der zweite Sohn der New Yorker Bookes. Immobilien. Der MacAllister-Zweig der Familie – wir haben diesen Familiennamen als Vornamen gemeinsam – besteht hauptsächlich aus Juristen, die auf Gesellschaftsrecht spezialisiert sind. Ich fing an, mich für Okkultismus und übernatürliche Phänomene zu interessieren, als ich ein Junge war. Ihre Geschichte, Variationen, ihr Einfluss auf Kulturkreise und die gesellschaftliche Umwelt. Mein Interesse veranlasste meine Familie, den Rat eines Psychologen zu suchen, der ihnen versicherte, dass dies nur eine Form von Rebellion sei.«
»Ihre Eltern haben Sie zu einem Hirnklempner geschleppt, weil Sie sich gerne gegruselt haben?«
»Wenn man ein vierzehnjähriger College-Freshman ist, ruft immer irgendjemand den Hirnklempner.«
»Mit vierzehn auf dem College?« Sie schürzte nachdenklich die Lippen. »Das muss seltsam gewesen sein.«
»Na ja, es war ziemlich schwierig, ein Date zu bekommen, das können Sie mir glauben.« Das amüsierte Zucken um ihre Lippen gefiel ihm. »Ich habe die Energie, die sonst für diese ersten sexuellen Umtriebe draufgegangen wäre, stattdessen in mein Studium gesteckt – und in meine persönlichen Interessen.«
»Sie sind also auf Bücher und Forschung abgefahren.«
»So könnte man es nennen, ja. Als ich achtzehn war, hatten
meine Eltern den Versuch aufgegeben, mich in eine der Familienfirmen zu stecken. Dann wurde ich einundzwanzig und kam in den Genuss meines Treuhandvermögens und konnte endlich tun, was ich wollte.«
Ripley legte den Kopf schief. Sie konnte sich nicht helfen, ihr Interesse an ihm war jetzt geweckt. »Haben Sie jemals ein Date bekommen?«
Er lächelte, langsam,
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