Im Licht der Träume: Drei Romane in einem Band (German Edition)
durchorganisiert. Jeder meinte, dass Allena etwas Disziplin nur gut tun würde. Und Margaret hatte ihr mit unmissverständlicher Deutlichkeit und Brutalität klar gemacht, dass dies ihre letzte Chance sei.
»Ich erwarte gründliche Vorbereitung, Zuverlässigkeit und absolute Pünklichkeit«, hatte Margaret gesagt, als sie Allena in ihrem perfekt gestylten und perfekt organisierten New Yorker Büro empfing. »Wenn du das hinkriegst, könnte da eine Chance für dich bestehen. Wenn nicht, fliegst du raus.«
Es wäre nicht das erste Mal, dass Allena aus einem Job hinausfliegen würde. In den vergangenen drei Jahren hatte sie dreimal die Arbeit verloren. Nun, genauer gesagt viermal, wiewohl die beiden grässlichen Tage als Assistentin für die Schwester der Schwiegermutter ihres Onkels eigentlich nicht zählten.
Sie hatte ja nicht absichtlich die Tinte auf das weiße Valentino-Kleid gekippt. Wenn dieser standesbewusste Drache nicht darauf bestanden hätte, dass sie für sämtliche Korrespondenz einen Füllfederhalter – ja, tatsächlich! – benutzte, hätte sie gar keine Tinte zum Auskippen gehabt.
Aber das war nicht der Punkt, sagte sie sich, während sie auf den Anhänger starrte. Sie hatte diesen Job genauso wie all die anderen verloren, und jetzt gab ihr Margaret die Chance zu beweisen, dass sie keine komplette Niete war.
Was jedoch, wie Allena befürchtete, vermutlich zutraf.
»Sie müssen Ihren Platz finden.«
Allena blinzelte, riss den Blick gewaltsam von dem Anhänger los und wandte sich wieder der alten Frau zu. Die
Augen der Frau wirkten unendlich gütig und weise. »Vielleicht habe ich keinen.«
»Oh, jeder von uns hat seinen Platz, aber manche Menschen scheinen nicht in diese Welt zu passen und gelten dann als Außenseiter. Wie wir. Sie haben nur an den falschen Plätzen gesucht. Zumindest bis jetzt. Der hier«, sagte sie erneut, »gehört zu Ihnen.«
»Ich kann mir das wirklich nicht leisten«, sagte sie entschuldigend, obwohl sie bereits die Hand ausstreckte. Einfach nur, um den Anhänger zu berühren. Sie spürte die Hitze des Silbers und ein jähes, tiefes Verlangen. Gleich darauf jagte ihr ein erregendes Prickeln über den Rücken, während sich gleichzeitig etwas Schweres über ihr Herz zu legen schien.
Es konnte nichts schaden, den Anhänger anzuprobieren. Um zu sehen, wie er ihr stand, wie er sich anfühlte.
Wie in einem Traum nahm sie von der alten Frau die Kette entgegen und legte sie um. Die Schwere in ihrem Herzen wich. Das von draußen hereinfallende Licht gewann für einen Moment an Stärke, tauchte den bunten Tand, die Kräuterschalen und die seltsamen kleinen Steine, die dicht gedrängt auf den Regalen und der Theke lagen, in hellen Glanz.
Bilder stürmten auf sie ein, Bilder von Rittern und Drachen, von wildem Wind und Wasser, von einem Kreis aus Steinen, der einsam unter einem schwarzen, zornigen Himmel emporragte.
Dann der Schatten eines Mannes, reglos wie die Steine, als würde er warten.
In ihrem Herzen wusste sie, er wartete auf sie. Wie keiner
je zuvor und niemand danach. Und er würde weiter warten. Ewig.
Sie schloss die Hand über dem Anhänger, strich mit dem Daumen über den Stern. Freude brach aus ihr hervor, klar wie das Sonnenlicht. Ah, dachte sie. Natürlich. Er gehört zu mir. So wie ich zu ihm gehöre, gehört er zu mir.
»Wie viel kostet er?«, hörte sie sich fragen und wusste, dass kein Preis zu hoch sein würde.
»Zehn Pfund, als Unterpfand.«
»Zehn?« Sie griff bereits nach ihrer Geldbörse. »Er ist sicher sehr viel mehr wert.« Eines Königs Lösegeld, eines Hexers Zauberspruch, eines Liebenden Traum.
»Sicher.« Die Frau streckte die Hand nach dem Geldschein aus. »Und Sie auch. Machen Sie sich auf Ihren Weg. Gute Reise. Und viel Glück.«
»Danke.«
»Sie sind ein gutes Mädchen«, rief die Frau ihr hinterher. Und sobald sich die Tür hinter Allena geschlossen hatte, malte sich ein helles, kraftvolles Lächeln in ihren Zügen. »Er wird nicht begeistert sein, aber du wirst ihn bis zur Mittsommernacht umstimmen. Und falls du etwas Hilfe brauchen solltest, nun, an mir soll es nicht liegen.«
Allena stand draußen vor der Tür und starrte auf das Meer, die Hafenmauer und Häuserreihen, als würde sie gerade aus einem Traum erwachen. Seltsam, dachte sie, was für ein wunderbares, seltsames Erlebnis. Lächelnd befühlte sie den Anhänger. Nur ein Einziger, gehärtet in Dagdas Kessel, bearbeitet von Merlins Hand.
Margaret würde natürlich
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