Im Licht der Träume: Drei Romane in einem Band (German Edition)
Da waren Boote, und wenn es Boote gab, musste es auch Menschen geben, die diese Boote steuerten. Ja, sie würde ein Boot mieten, jeden Preis dafür bezahlen.
»Haben Sie sich verirrt?«
Erschrocken zuckte sie zusammen und umklammerte instinktiv den Anhänger. Ein junger Mann, kaum älter als ein Junge, stand neben einem kleinen weißen Boot. Er trug eine Kappe über seinem strohfarbenem Haar und beobachtete sie aus lachenden grünen Augen.
»Nein, verirrt nicht, sondern verspätet. Ich habe die Fähre verpasst.« Hilflos gestikulierte sie in Richtung des Anlegeplatzes. »Mir ist die Zeit davongelaufen.«
»Nun, Zeit ist relativ.«
»Für meine Schwester nicht. Ich arbeite für sie.« Rasch ging sie zu ihm ans Ufer hinunter. »Ist das Ihr Boot oder das Ihres Vaters?«
»Aye, das ist zufällig meines.«
Das Boot war klein, machte aber einen freundlichen, gepflegten Eindruck. Allerdings hatte sie keine Ahnung von Schiffen und konnte nur hoffen, dass es auch seetauglich war. »Können Sie mich übersetzen? Ich muss die Fähre unbedingt einholen. Ich zahle jeden Preis.«
Margaret hätte über so eine Bemerkung angewidert das Gesicht verzogen, aber Feilschen war im Moment kein Thema. Überleben hingegen sehr wohl.
»Ich werde Sie dorthin bringen, wo Sie hin müssen.« Mit funkelnden Augen streckte er die Hand aus. »Für zehn Pfund.«
»Heute kostet alles zehn Pfund.« Sie griff nach ihrer Geldbörse, doch er schüttelte den Kopf.
»Ich habe die Hand nach Ihnen ausgestreckt, Lady, nicht nach Ihrem Geld. Die Bezahlung erfolgt, wenn Sie an Ihrem Ziel angekommen sind.«
»Oh, danke.« Sie reichte ihm die Hand und ließ sich ins Boot helfen.
Während er ablegte, nahm sie steuerbord auf einer kleinen Bank Platz. Erleichtert schloss sie die Augen und lauschte dem Pfeifen des Burschen, der sich am Heck niederließ und den Motor startete. »Ich bin Ihnen sehr dankbar«, begann sie. »Meine Schwester wird furchtbar wütend auf mich sein. Ich weiß selbst nicht, was ich mir dabei gedacht habe.«
Er wendete das Boot mit einer kurzen, weichen Bewegung. »Hätte sie nicht ein paar Minuten auf Sie warten können?«
»Margaret?« Bei dem Gedanken musste Allena lachen. »So etwas würde ihr nie in den Sinn kommen.«
Der Bug hob sich, und das kleine Boot gewann an Geschwindigkeit. »Ihnen schon. Sie hätten gewartet«, sagte er.
In voller Fahrt glitten sie über das Wasser. Verzückt drehte Allena ihr Gesicht dem Wind entgegen. Oh, das war besser, viel besser als irgendeine lahme Fähre, einschließlich ödem Vortrag. Es war fast den Preis wert, den sie zu guter Letzt zahlen würde, und damit meinte sie nicht das Geld.
»Angeln Sie?«, rief sie ihm zu.
»Wenn die Fische anbeißen.«
»Es muss herrlich sein, das zu tun, was man will und wann man es will. Und so nahe am Meer zu leben. Sehen
Sie das auch so?«
»Ja, ich mag mein Leben. Die Menschen schränken sich gegenseitig ein. Das finde ich sehr eigenartig.«
»Ich habe damit auch meine liebe Not. Ständig vergesse ich, was man tun darf und was nicht.« Das Boot hüpfte,
prallte hart auf dem Wasser auf und brachte sie zum Lachen. »Bei dem Tempo werden wir die Fähre bestimmt überholen.«
Die Vorstellung, wie sie wartend am Ufer stand und Margaret mit selbstgefälligem Blick entgegensah, war so unterhaltsam, dass sie kaum auf das Wetterleuchten am Himmel achtete oder auf das jäh einsetzende, unheilvolle Brüllen der See.
Erst als der Regen auf sie niederprasselte, sah sie sich um und stellte erschrocken fest, dass sie um sich herum nur noch Wasser sehen konnte, einen Vorhang aus Regen und aufspritzender Gischt, der kein Licht hindurchließ.
»Margaret würde das gar nicht gefallen. Sind wir bald da?«
»Aye. Bald.« Seine Stimme hatte einen singenden Unterton, der die Nerven beruhigte, noch ehe Angst aufkeimen konnte. »Da drüben, sehen Sie? Dort müssen Sie hin.«
Sie drehte sich um. Durch den Regen und den Wind hindurch erspähte sie einen dunklen Landstreifen, aufragende Hügel, die verschwommenen Flecken eines Dorfes. Nur Schemen, doch sie erkannte es. Kannte es.
»Es ist schön«, murmelte sie.
Wie Rauch schwebte die Insel näher. Jetzt konnte Allena die schäumende Brandung sehen und die hoch aufragenden Klippen. In dem aufflammenden Blitz glaubte sie für einen Moment, einen Mann zu erkennen.
Bevor sie etwas sagen konnte, schaukelte das Boot bereits in der Brandung und der Junge sprang in das schäumende Wasser, um das Boot an Land zu
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