Im Licht der Träume: Drei Romane in einem Band (German Edition)
Erfolgsmenschen. Die Frau, die noch auf der Suche nach sich selbst war und trotzdem willens zu sein schien, sich mit dem Schicksal, das sie an dieses Ufer verschlagen hatte, zu arrangieren. Zweifellos eine moderne Frau, die dennoch für die alten Mythen offen war.
Nicht nur offen. Sie saugte sie förmlich in sich auf. Als hätte sie nur darauf gewartet, dass ihr endlich jemand sagte, wo sie hingehörte.
Er würde derjenige gewiss nicht sein, lehnte das entschieden ab. Sein Leben lang hatte man ihm erzählt, dass dieser Tag einst kommen würde. Aber er würde sich diesem Erwartungsdruck nicht beugen, seinen eigenen Willen nicht aufgeben. Einzig um dies zu beweisen, war er an diesen Ort zurückgekehrt.
Mochte ihn die Schicksalsgöttin auch belächeln, beinahe vermeinte er ihr Kichern zu hören.
Grimmig betrachtete er seine Skizze. Es war Allena mit ihren großen Augen, den markanten Gesichtszügen und dem kurzen, struppigen Haar, das perfekt zu ihrem eckigen Gesicht und dem langen Hals passte. Und an ihrem Rücken hatte er mit vagen Strichen Elfenflügel angedeutet.
Auch diese passten perfekt zu ihr.
Aber das versetzte ihn nur noch mehr in Wut.
Gereizt warf er den Zeichenblock zur Seite. Er hatte viel Arbeit vor sich und wollte sich gleich nach dem Frühstück daran machen.
Der Wind hatte sich gelegt. Die Morgensonne lugte durch die aufgetürmten Wolken hindurch und ließ ihre
Strahlen über das Meer tanzen. Die Luft vibrierte vom Donnern und Tosen der Brandungswellen. Conal liebte den Anblick dieses launischen, ungestümen Meeres. Auch während seiner Zeit in Dublin war die Sehnsucht nach Wasser und Himmel und einer rauen, kargen Landschaft immer in ihm wach geblieben.
So oft er die Insel auch verlassen und wohin immer er gehen würde, er würde immer wieder zurückkehren. Denn hier waren sein Herz und seine Seele zu Hause.
Als er sich zum Haus umdrehte, sah er sie.
Sie kniete im Garten. Bunte Blumen umzüngelten sie, und die Morgensonne schimmerte in ihrem Haar. Ihr Gesicht war von ihm abgewandt, doch er konnte es im Geiste vor sich sehen. Während sie das Unkraut zupfte, das er so achtlos ignorierte, würde in ihren Augen jener leicht abwesende, zufriedene Blick liegen.
Schon jetzt wirkten die Blumen viel fröhlicher, als wären sie nach Wochen der Vernachlässigung dankbar für die Zuwendung.
Aus dem Kamin quoll Rauch, an der Hausmauer lehnte ein Besen. Aus irgendeinem Winkel hatte sie einen Korb ausgegraben, in den sie das Unkraut warf. Ihre Füße waren nackt.
Eine warme Zuneigung erfüllte ihn, noch ehe er sich dagegen wehren konnte, und in seinem Inneren raunte eine Stimme: Sei willkommen, Allena.
»Das müssen Sie nicht tun.«
Sie blickte auf und sah in der Tat glücklich aus. »Das war dringend nötig. Außerdem liebe ich Blumen. Meine Wohnung ist voller Pflanzen, aber in der Natur gedeihen sie am
besten. Ich habe noch nie so große Löwenmäulchen gesehen.« Zart strich sie über eine der buttergelben Blüten. »Sie erinnern mich immer an Alice.«
»Alice?«
»Alice im Wunderland. Ich habe schon Tee aufgebrüht.« Sie richtete sich auf und zog angesichts ihrer von Erde beschmutzten Hosenbeine eine Grimasse. »Mangels eines gut sortierten Kleiderschranks sollte ich auf meine Kleidung lieber Acht geben. So, wie mögen Sie Ihre Eier?«
Er wollte ihr schon sagen, dass sie nicht verpflichtet sei, ihm das Frühstück zu machen. Doch dann erinnerte er sich an die köstliche Suppe vom Vorabend. »Rühreier – falls das keine Umstände bereitet.«
»Gar nicht. Das ist das Mindeste, was ich tun kann, um Sie für die Vertreibung aus Ihrem eigenen Bett zu entschädigen.« An der Tür blieb sie stehen und drehte sich zu ihm um. »Sie hätten bleiben können.«
»Das weiß ich.«
Nachdenklich sah sie ihn an und nickte schließlich. »In Ihrer Gefriertruhe war ein Stück Speck. Das habe ich gestern Abend zum Auftauen herausgeholt. Ach ja, und Ihre Dusche hat getropft. Aber da war nur eine neue Dichtung nötig.«
Entgegen seiner sonstigen Gewohnheit benutzte er den Fußabstreifer. »Sie haben die Dusche repariert?«
»Nun ja, sie hat getropft.« Sie war bereits auf dem Weg in die Küche. »Sie wollen sich wahrscheinlich waschen. Ich werde inzwischen das Frühstück zubereiten.«
Verlegen kratzte er sich am Nacken. »Ich danke Ihnen.«
Sie warf ihm einen kurzen Blick zu. »Und ich Ihnen.«
Nachdem er im Schlafzimmer verschwunden war, tanzte sie übermütig im Kreis herum. Oh, sie liebte diesen
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