Im Licht der Träume: Drei Romane in einem Band (German Edition)
Tisch gedeckt und die bunt zusammengewürfelten Teller und Schüsseln so geschickt angeordnet, als wäre dieses Kunterbunt System, nicht Nachlässigkeit. Auch hier brannten Kerzen, und auf der Theke stand entkorkt eine der Weinflaschen, die er aus Dublin mitgebracht hatte.
Im Moment legte sie Plätzchen auf ein Backblech.
»Allena, Sie brauchen sich doch nicht so viel Mühe zu machen.«
»Ach, das tue ich gern. Kochen ist eine Art Hobby von mir.« Sie schenkte ihm ein Glas Wein ein. »Ich habe sogar mal einen Kochkurs belegt. Damals war ich von der Idee begeistert, Chefköchin zu werden oder ein eigenes Restaurant zu eröffnen.«
»Und?«
»Für die Leitung eines Restaurants ist eine Menge kaufmännisches
Talent erforderlich. Und als Geschäftsfrau bin ich eine Katastrophe. Die Idee mit der Chefköchin habe ich auch bald wieder aufgegeben, da mir bewusst wurde, dass man unter dem Diktat der Speisekarte steht und Tag für Tag mehr oder weniger das Gleiche kochen muss. Also habe ich das Kochen zu einem meiner zahlreichen Hobbys erhoben.« Sie schob die Plätzchen in das Backrohr. »Aber dieses Hobby hat wenigstens einen praktischen Nutzen. So.« Sie wischte sich die mehlbestäubten Hände an dem Geschirrtuch ab, das sie sich um die Taille gebunden hatte. »Ich hoffe, Sie sind hungrig.«
Er blitzte ihr ein Lächeln zu, das ihren Herzschlag ins Trudeln brachte. »Ich bin kurz vor dem Verhungern.«
»Gut.« Sie stellte einen Teller mit Käse und Oliven auf den Tisch. »Dann werden Sie nicht allzu kritisch sein.«
Er selbst hätte die Suppe direkt aus dem Topf in den Teller geschöpft, Allena hingegen kippte sie in eine bauchige weiße Schüssel. Aus irgendeinem Winkel hatte sie auch die gläserne Butterdose seiner Mutter ausgegraben, die er seit Jahren nicht mehr gesehen hatte. Und die Plätzchen, die sie nun aus dem Backrohr holte, gab sie in einen Korb, der mit einem blauweißkarierten Geschirrtuch ausgelegt war. Als sie die Suppe austeilen wollte, legte er die Hand auf ihren Arm.
»Das werde ich tun. Setzen Sie sich.«
Allein schon das Aroma der Suppe war köstlich. Und der erste Löffel der würzigen Gemüsebrühe war so überwältigend, dass er vor Genuss die Augen schloss.
Als er die Augen wieder öffnete, sah er, dass sie ihn mit amüsierter Zufriedenheit beobachtete. »Mir gefällt Ihr
Hobby«, sagte er. »Ich hoffe, Sie werden ihm für die Dauer Ihres Aufenthalts ausgiebig frönen.«
Verlegen nahm sie ein Plätzchen und begutachtete es. Sein Lob freute sie ungemein. »Das ist sehr großzügig von Ihnen.«
»Ich habe mich jetzt monatelang selbst versorgt, leider mehr schlecht als recht.« Er suchte ihren Blick, hielt ihn fest. »Durch Sie wird mir bewusst, was ich vermisst habe. Ich bin ein launischer Mann, Allena.«
»Wirklich?« Ihr Ton war so sanft, dass ihm der spöttische Unterton beinahe entgangen wäre. Doch seine Sinne waren geschärft.
Er lachte, schüttelte den Kopf und nahm einen weiteren Löffel Suppe. »Beschauliche Ruhe habe ich in den nächsten Tagen wohl nicht zu erwarten.«
Fünf
Er schlief im Atelier. Das schien ihm das Klügste zu sein.
Er begehrte sie, und das war ein Problem. Zweifellos hätte sie das Bett mit ihm geteilt, sich ihm hingegeben. Und so sehr er das auch der eisigen, schmalen Pritsche in seinem vollgestellten Atelier vorgezogen hätte, wäre er sich doch wie ein Schuft vorgekommen, wenn er ihre romantische Anwandlung ausgenutzt hätte.
Sie bildete sich ein, sie sei in ihn verliebt.
Es war verblüffend, dass eine Frau binnen eines Augenblicks solch eine Entscheidung treffen konnte und sie dann auch noch offen verkündete. Andererseits war Allena Kennedy völlig anders als all die Frauen, die ihm bisher über den Weg gelaufen waren. Ein komplizierter Charakter, vielschichtig und kapriziös. Obwohl man sie auf den ersten, flüchtigen Blick hin leicht für unkompliziert, fast schon naiv halten könnte.
Doch sein Blick ging tiefer. Er nahm Facetten an ihr wahr, die einem oberflächlichen Betrachter entgehen würden – Nachdenklichkeit, Temperament, Leidenschaft, Mitgefühl. Und seltsamerweise schien sie sich selbst dieser Eigenschaften gar nicht bewusst zu sein.
Diese Unwissenheit wiederum zeugte von einer Reinheit des Herzens, die sie ungemein liebenswert machte.
Die Augen noch schwer von der unruhigen Nacht, nahm
er den Zeichenstift zur Hand und begann zu skizzieren. Allena Kennedy aus New York City, das schwarze Schaf in einer Familie aus angepassten
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