Im Licht der Träume: Drei Romane in einem Band (German Edition)
Märchen. Mit einem Gefühl der Verlegenheit wandte sie sich von ihrem Spiegelbild ab.
Das Bett, in dem sie gelegen hatte, hatte einen Baldachin mit üppigen Samtdrapierungen und war von Kissen aus Samt und Seide übersät. Auf der antiken Spiegelkommode aus der Ära von Charles II. entdeckte sie eine mit Lapislazuli eingelegte silberne Bürstengarnitur sowie antike Parfümflaschen aus Opal und Jade. Langstielige Rosen ragten weiß wie Schnee und frisch wie Morgentau aus einer kobaltblauen Vase empor.
Auch das Zimmer war wie aus einem Märchen, dachte sie. Ein perfekter Rahmen für Kerzenlicht und flackerndes Kaminfeuer. In einer Ecke stand ein Queen-Anne-Sekretär, die hohen Fenster waren mit Spitze und Samt drapiert, an den Wänden hingen hübsche Aquarelle von Hügel- und Wiesenlandschaften und der robuste Holzfußboden war mit wunderschön verblichenen Läufern ausgelegt.
Es war ein Raum, der bis ins kleinste Detail vollkommen war.
Seine Manieren mochten zwar mangelhaft sein, sein Geschmack indessen war untadelig. Oder der seiner Gattin, verbesserte sie sich. Denn dies war eindeutig das Zimmer einer Frau.
Dieser Gedanke war so beruhigend, dass sie ihr leicht
flaues Gefühl im Magen ignorierte und lieber ihre Neugierde befriedigte, indem sie das Opalfläschchen öffnete.
Seltsam, dachte sie, als sie daran schnupperte. Das Fläschchen enthielt ihr Lieblingsparfüm.
Drei
Flynn genehmigte sich noch einen ordentlichen Schluck Whiskey, bevor er sich um das Essen kümmerte. Der Alkohol erquickte ihn wie ein Leben spendendes Feuer.
Zum Glück gab es nach wie vor einige Dinge, auf die sich ein Mann verlassen konnte.
Er würde seine Frau – denn sie war fraglos die seine – mit Nahrung versorgen und ihr etwas Aufmerksamkeit angedeihen lassen. Er würde sich um ihr Wohlbehagen kümmern, wie ein Mann es für seine Frau tun sollte, und danach würde er ihr erklären, wie die Situation für ihn aussah.
Doch zunächst wollte er dafür sorgen, dass sie wieder ganz auf der Höhe war.
Das Kaminfeuer im Speisesaal war entfacht. Er hatte den Tisch mit Porzellan und schwerem Tafelsilber gedeckt, mit duftenden Rosen, schlanken weißen Kerzen und funkelndem Kristall.
Nun schloss er die Augen, hob die Arme mit den Handflächen nach oben und begann, den Tisch mit den Speisen zu decken, die ihr am besten schmecken würden.
Sie war so lieblich, seine Kayleen. Er wollte sehen, wie ihre Wangen wieder rosig erblühten. Er wollte sie lachen hören.
Er wollte sie.
Und so würde es geschehen.
Er trat zurück, begutachtete sein Werk mit kühlem Kennerblick. Zufrieden verließ er dann den Raum, um Kayleen am Treppenaufgang zu erwarten.
Und als sie die Stufen herunterkam, geriet sein Herzschlag ins Holpern. »Speirbhean.«
Kayleen runzelte die Stirn. »Verzeihung?«
»Sie sind schön. Sie sollten die gaelische Sprache erlernen«, erwiderte er, während er ihre Hand ergriff und sie durch die Halle führte.
»Danke, aber ich denke nicht, dass das notwendig sein wird. Und noch mal vielen Dank dafür, dass Sie mich so freundlich bei sich aufgenommen haben. Sagen Sie, dürfte ich vielleicht kurz Ihr Telefon benutzen?« Der Gedanke war ihr soeben erst gekommen.
»Ich habe kein Telefon. Gefällt Ihnen das Kleid?«
»Kein Telefon. Nun, vielleicht hat einer Ihrer Nachbarn ein Telefon, das ich benutzen könnte.«
»Ich habe keine Nachbarn.«
»Dann eben im nächsten Dorf«, sagte sie, während sie allmählich in eine leichte Panik geriet.
»Es gibt kein Dorf. Warum grämen Sie sich, Kayleen? Hier sind Sie warm und trocken und sicher.«
»Das mag sein, aber … Woher kennen Sie meinen Namen?«
»Sie haben ihn mir gesagt.«
»Daran kann ich mich nicht erinnern. Ich entsinne mich nicht, Ihnen …«
»Sie haben keinen Grund zur Sorge. Sobald Sie gegessen haben, werden Sie sich besser fühlen.«
Inzwischen war sie sehr wohl der Meinung, dass sie Grund zur Sorge hatte. Das Wohlgefühl, das sie in dem hübschen Raum empfunden hatte, war fast völlig gewichen. Und als sie den Speisesaal betrat, war sie nur noch geschockt.
Die Tafel war lang genug, um fünfzig Leuten Platz zu bieten, und mit Speisen für ebenso viele Leute beladen.
Schüsseln, Servierplatten und Terrinen drängten sich von einem Ende der Eichenplatte bis zum anderen. Obst, Fisch, Fleisch, Suppen, ein bunter Reigen an Gemüse, eine Vielzahl von Teigwaren.
»Woher …« Ihre Stimme schraubte sich gefährlich in die Höhe und kippte um. Es dauerte einige
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