Im Licht der Träume: Drei Romane in einem Band (German Edition)
man Disziplin einhalten muss. Ob Regen oder Sonnenschein, ich ging jeden Tag immer auf demselben Weg zur Arbeit. Natürlich erst, nachdem ich mein Bett gemacht und ein gesundenes, nahrhaftes Frühstück zu mir genommen hatte.«
Sie glitt ein Stück nach unten, um ihre Worte mit kleinen Küssen auf seine Schulter und seine Brust zu unterstreichen. »Ich bin exakt dreißig Minuten vor Öffnungszeit im Laden angekommen, um den morgendlichen Papierkram durchzusehen und gegebenfalls das Schaufenster oder den Verkaufsraum umzudekorieren. Dreißig Minuten für ein anständiges, warmes Mittagessen, eine Viertelstunde für den Nachmittagstee, dann den Laden zuschließen und auf demselben Weg nach Hause.«
Sie arbeitete sich an seinem Hals wieder nach oben. »Mmm. Beim Abendessen die Fernsehnachrichten – man muss schließlich auf dem Laufenden bleiben. Dann noch ein Kapitel in einem guten Buch und ab ins Bett. Außer mittwochs. Mittwochs habe ich immer auf den Putz gehauen und mir einen interessanten Film angesehen. Und Samstagnachmittags habe ich immer meine Mutter besucht, um ihr eine Standpauke zu halten.«
Obwohl ihr hübscher Mund eine große Verlockung darstellte, achtete er genau darauf, was sie sagte und in welchem Ton sie es sagte. »Du hast deiner Mutter Standpauken gehalten?«
»Oh, ja.« Sie knabberte an seinem Ohr. »Meiner schönen, leichtsinnigen, lebensfrohen Mutter. Ich muss ihr schrecklich auf die Nerven gegangen sein. Sie ist dreimal
verheiratet gewesen und mindestens doppelt so oft verlobt. Irgendwie klappt es nie, und sie ist dann jedesmal zu Tode betrübt … nun ja, für ungefähr eine bis eineinhalb Stunden.«
Lachend hob Kayleen den Kopf. »Das war jetzt natürlich übertrieben, aber trotz aller Rückschläge hat sie nie den Glauben an die große Liebe verloren. Abgesehen davon verlegt sie ihre Rechnungen, kann sich Verabredungen nicht merken, verbummelt Termine und ist ständig auf der Suche nach ihrem Schlüssel. Sie ist wundervoll.«
»Du liebst sie sehr.«
»O ja.« Seufzend bettete Kayleen den Kopf an Flynns Schulter. »Ich habe bereits in sehr jungen Jahren erkannt, dass ich mich um sie kümmern muss. Genauer gesagt war das, nachdem Ehemann Nummer zwei sie verlassen hatte.«
Er kämmte mit den Fingern durch ihr blumengeschmücktes Haar. »Und dein leiblicher Vater? Ist er gestorben?«
»Nein, wiewohl das Resultat dasselbe ist. Er hat uns verlassen, als ich sechs Jahre alt war. Im Grunde war er genauso leichtsinnig und flatterhaft wie meine Mutter, was für mich ein Grund mehr war, einen gegenteiligen Weg einzuschlagen. Er hat sich weder im Familienunternehmen engagiert noch als Ehemann oder Vater. Ich kann mich kaum an ihn erinnern.«
Trotz ihres gelassenen Tons spürte er die Traurigkeit hinter ihren Worten. »Warst du glücklich?«
»Ich war nicht unglücklich. Das Familienunternehmen der Brennans war mir wichtig, vielleicht auch deshalb, weil es für meinen Vater so unwichtig war. Er hat die Tradition
und die Verantwortung dafür genauso sorglos abgeschüttelt wie seine Frau und Tochter.«
»Es hat dir weh getan.«
»Anfangs. Dann habe ich nicht mehr zugelassen, dass es mir weh tut.«
Stimmt das?, dachte Flynn. Oder ist das lediglich eine Schutzbehauptung?
»Ich dachte, man müsse alles ganz genau und nach Plan machen, damit es richtig ist. Wenn man alles richtig macht, wird man nicht verlassen«, fügte sie leise hinzu. »Und man weiß genau, was als Nächstes passiert. Mein Onkel und mein Großvater haben die Geschäftsleitung nach und nach an mich weitergegeben, weil ich Geschick dafür bewies und mich somit in die Familientradition einreihte. Meine Mutter erlaubte mir, den Handel zunächst von zu Hause aus zu betreiben. Sie ist sehr gutmütig.«
Erneut seufzte sie und schmiegte sich an ihn. »Nächsten Monat wird sie wieder heiraten und ist schon ganz aufgeregt. Das war auch einer der Gründe für meine Reise. Ich wollte mir diese rosaroten Zukunftspläne einfach nicht mehr anhören. Wahrscheinlich habe ich durch meinen plötzlichen Aufbruch ihre Gefühle verletzt. Aber ich hätte sie mehr verletzt, wenn ich geblieben wäre und meine Meinung offen ausgesprochen hätte.«
»Magst du ihren zukünftigen Mann denn nicht?«
»Doch, er ist sehr nett. Die Verlobten meiner Mutter sind immer sehr nett. Komisch, seit ich hier bin, habe ich mir noch kein Mal Sorgen um meine Mutter gemacht. Vermutlich geht es ihr ohne meine permanente Nörgelei ganz ausgezeichnet. Der Laden
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