Im Licht des Mondes: Roman (German Edition)
habe die Absicht, auf den Drei Schwestern zu bleiben.«
Sie sah ihn voll an. Er sah dramatisch aus, dachte sie. Romantisch. Düster und schwermütig und bis aufs Äußerste angespannt. Sie musste nicht erst hinter seine Sonnenbrille schauen, um zu wissen, dass seine blitzenden grünen Augen jetzt den Ärger und Tumult in seinem Inneren widerspiegelten. Gerade deswegen gönnte sie sich das Vergnügen, ihm noch einen Stoß zu versetzen.
»Wofür? Um ein Hotel zu führen? Das hat dein Vater jahrelang getan, ohne hier sein zu müssen.«
»Ich bin nicht mein Vater.«
Der Tonfall, in dem er das sagte, diese kleine verbale Explosion, spülte noch mehr Erinnerungen an die Oberfläche. Er hatte sich ewig selbst etwas beweisen müssen, dachte sie. Der ständige innere Krieg des Samuel Logan. Sie zuckte mit einer Schulter.
»Nun, wie auch immer, ich nehme an, dass du sehr bald gelangweilt sein wirst vom Inselleben und dem entfliehen willst. Wie du es schon einmal getan hast. Eingesperrt, glaube ich, war der Begriff, den du benutzt hast. Du fühltest
dich hier eingesperrt. Also muss ich einfach nur genügend Geduld haben und abwarten können.«
»Da kannst du lange warten«, warnte er sie. Er stopfte seine Hände in die Taschen. »Lass uns etwas klarstellen, damit wir uns nicht ständig im Kreis bewegen müssen. Ich habe Wurzeln hier, genau wie du. Die Tatsache, dass du deine Zwanzigerjahre auf der Insel verbracht hast und ich nicht, ändert nichts daran, dass wir beide am selben Ort geboren sind. Wir haben beide Geschäfte hier, und jenseits davon haben wir eine Aufgabe, eine jahrhundertealte Aufgabe. Was auf und mit den Drei Schwestern geschieht, betrifft mich genauso sehr wie dich.«
»Eine interessante kleine Ansprache von einem, der einfach verschwand.«
»Es war alles andere als einfach«, begann er, aber sie hatte ihm bereits den Rücken zugekehrt und sich in Bewegung gesetzt, auf das Kliff zu.
Lass sie gehen, befahl ihm sein Verstand. Lass sie um Gottes willen gehen. Wenn das das Schicksal ist, kann man es nicht ändern. Sollte man es nicht zwingen, sich zum Besseren zu wenden.
»Zur Hölle damit«, grollte er und rannte hinter ihr her. Er griff nach ihrem Arm, riss sie zu sich herum, so heftig, dass ihre Körper zusammenprallten. »Es war alles andere als einfach«, wiederholte er. »Weder impulsiv noch sorglos.«
»Ist das deine Einschätzung?«, schoss sie zurück. »Rechtfertigst du es so? Du bist gegangen, weil es dir gepasst hat, und du bist zurückgekommen, weil dir das auch passt. Und weil du nun schon einmal hier bist, passt es dir wiederum ins Konzept, eine alte Flamme wieder aufflackern zu lassen.«
»Ich habe mich in der Beziehung ziemlich zurückgehalten.« Er riss sich die Sonnenbrille herunter, schmiss sie auf den Strand. Seine Augen schossen Blitze, grasgrüne Blitze. »Bis jetzt.«
Er presste seinen Mund auf ihren und ließ dem Gefühlssturm, der ihn in der Höhle überfallen hatte, freien Lauf. Wenn er verdammt war, würde er verdammt sein für das, was er wollte, nicht für das, was er gehen ließ.
Ihr starker, einzigartiger Geschmack durchdrang ihn, erhitzte ihn, umnebelte seine Sinne. Sein Griff wurde fester, hielt ihren langen, schlanken Körper an sich gepresst, und ihr Herz klopfte und galoppierte wie wild unter seinem, bis ihre Herzschläge einander glichen. Eins waren.
Ihr Geruch war herber als früher und erinnerte an etwas Verbotenes. Er nahm ihn in sich auf, und er schnürte ihm den Verstand ab. Die Erinnerungen an das Mädchen und die Realität der Frau schnurrten zusammen und wurden zu einer Person. Wurden zu Mia.
Nur einmal sagte er ihren Namen, nur einmal legte er seine Lippen auf ihre, dann befreite sie sich.
Sie atmete ebenso heftig wie er. Und ihre Augen waren groß, dunkel, nicht zu lesen. Er wartete darauf, dass sie ihn verfluchte, und dachte, dass dieser eine Moment der Glückseligkeit es wert gewesen war.
Aber sie ging auf ihn zu, eine einzige schnelle Bewegung. Legte ihre Arme um seinen Hals und presste sich an ihn, nahm sich von ihm, was er sich von ihr genommen hatte.
Ihr Mund spürte das Feuer, und der Schmerz durchfuhr sie. Er war der einzige Mann, der ihr Schmerzen zugefügt hatte, und der einzige Mann, der ihr wahre Lust bereitet hatte. Beides schmerzte sie jetzt, durchfuhr sie messerscharf, aber sie hielt stand.
Sie hatte ihn herausgefordert, hatte in der Wunde gestochert mit einer einzigen Absicht: dies. Genau dies. Wie groß das Risiko, wie hoch der
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