Im Licht von Apfelbäumen | Roman
Kopf in die gleiche Richtung.
Della, die ein Stück zurückgewichen war, rieb sich die Arme an den Stellen, wo Talmadge sie gepackt hatte, und schaute mit einem Anflug von Neugier ebenfalls in die Richtung, aus der der Schuss gekommen war.
Wallach näherte sich ihnen, drehte sich dabei wiederholt zu der Menschenmenge um, die sich jetzt in entgegengesetzter Richtung den Strand hinunter in Marsch setzte. Den letzten Teil des Weges lief Wallach. Er blickte finster drein.
Sie müssen mit mir kommen, sagte er.
Nein, sagte Talmadge, und die beiden jungen Leute sahen ihn erstaunt an.
Der Amtsrichter hat mir meinen Tag mit ihr versprochen, sagte Talmadge. Wir werden hier sitzen bleiben, extra für Sie, wir gehen nirgendwohin. Höchstens rauf in die Stadt, um was zu essen …
Alter Mann, sagte Wallach – er lachte beinahe vor Erstaunen –, Sie folgen mir jetzt, sofort. Er nahm ein Paar Handschellen von seinem Gürtel unter der Jacke ab und legte sie Della an, die gleichgültig zuschaute.
Jedes Mal, wenn ich mich umdrehe, will ich Sie beide hinter mir sehen, sagte Wallach, jetzt vollkommen ernst, und ging los.
Sie folgten ihm. Er steuerte auf das Lagerhaus zu. Je näher sie kamen, umso mehr Leute gesellten sich zu ihnen, und der junge Mann in Uniform tauchte in der Menge abwechselnd unter und wieder auf. Ein paar Mal blickte er sich zu ihnen um, doch dann war er verschwunden. Irgendetwas geschah da vorne; ein großes Gedränge …
Talmadge blieb stehen.
Della auch. Was?
Sie waren jetzt fast beim Lagerhaus angelangt. Komm, sagte er. Sie rührte sich zuerst nicht von der Stelle, doch als er sich umblickte, kam sie, gegen den Strom der Leute, mit ausdruckslosem Gesicht hinter ihm her.
Bevor sie den Fahrkartenverkäufer erreicht hatten, zog Talmadge sein Flanellhemd aus und wickelte es Della um die Handgelenke, damit die Handschellen nicht zu sehen waren. Della sagte nichts. Er kaufte zwei Tickets, und sie gingen zusammen über die Brücke auf das Schiff. Talmadge führte sie zu dem Schrank. Er schob die Tür auf und sah die Flasche Wasser, die das Mädchen dort hineingestellt hatte, eine braune Tüte mit Essen, eine Wolldecke. Er schob die Tür wieder zu, prüfte ihren Widerstand. Es war wenig Platz, aber sie würde gerade noch hineinpassen.
Da soll ich rein?
Beeil dich, sagte er und blickte sich um. Er schwitzte jetzt. Die Welt schien im Begriff, aus den Fugen zu geraten.
Sie rührte sich nicht. Unfähig, seine Ungeduld zu verbergen, sagte er: Was ist los?
Sie dachte angestrengt über irgendetwas nach. Stand regungslos da.
Erneut blickte er sich um. Es waren nicht viele Leute auf dem Schiff; manche waren wegen des Tumults unten am Strand ausgestiegen. Aber sie würden alle wiederkommen, und zwar bald.
Du willst, dass ich …
Ja, geh da rein. Es ist genug Platz. Und … Angelene hat etwas zu essen für dich dort versteckt und Wasser … was ist los? Du passt da schon rein, wiederholte er, in der Annahme, dass es das sei, was ihr Sorgen machte.
Doch sie starrte nur weiter auf den kleinen Raum, als wäre er ein ihr unbekanntes wildes Tier.
Wenn du nicht geschnappt wirst, musst du nicht wieder zurück. Du bleibst eine Stunde oder so da drinnen, dann kannst du rauskommen. Nur deine Handschellen musst du verstecken. Wenn du in Stehekin bist, hast du ein bisschen Zeit, aber nicht viel. Kümmer dich um die Handschellen. Es gibt da einen Laden …
Ich weiß, sagte sie. Woher wusste sie das?, fragte er sich. Andererseits war es gut möglich, dass sie so etwas wusste. Dieses Mädchen hatte viele Leben gelebt. Sie zögerte noch immer.
Was ist los?
Sie mied seinen Blick. Beugte sich noch einmal vor, um in den Schrank zu schauen – er hatte die Tür wieder aufgeschoben –, richtete sich dann auf und sah sich an Deck um. Es war, als erwachte sie aus einem Traum.
Nein.
Talmadge stand wie vor den Kopf geschlagen da. Ihm wurde augenblicklich klar, dass auch er ins Gefängnis wandern würde, wenn sie jetzt nicht in den Schrank stieg und Wallach sie beide hier an Bord beim Diskutieren erwischte. Dann wäre Angelene auf sich allein gestellt. Wie kam es, dass sich die schrecklichsten Konsequenzen immer erst im letzten Moment offenbarten, wenn es zu spät war, den Kurs noch zu ändern?
Was soll das heißen: nein?, sagte er und hörte die Wut in seiner Stimme. Er musste sich beherrschen, um sie nicht am Arm zu packen und mit einer gewaltsamen Bewegung in den Schrank zu drängen. Sie war nicht sehr groß, dachte
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