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Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx

Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx

Titel: Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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drauf. Aber den Viechern hat’s gestern die ganze Zeit nicht gefallen. Da wird’s einfach weggelaufen sein.«
    »Ich hatte es angebunden«, erwiderte Gontas. »An dem Haufen, auf dem ich geschlafen habe.« Er hob das Ende des Taus auf. Das Stück, das noch auf dem Boden lag, war ausgefranst, vielleicht abgerissen, vielleicht durchgenagt. Aber das ganze Seil kam ihm mürber vor, als er es in Erinnerung hatte.
    Sie betraten den Pilzwald. Der Boden schmatzte bei jedem Schritt. Gontas kämpfte mit dem letzten Packtier.
    Jetzt, bei Tageslicht, wirkte der Wald wieder weiß, beinahe silbern. Die Pilze waren hell, und der Schleim, der alles bedeckte, schimmerte im Sonnenlicht. Sobald sie den Waldrand hinter sich ließen, tauchten sie in eine Stille ein, die sich um sie zu schließen schien. Selbst ihre eigenen Stimmen klangen gedämpft, der weiche Boden schluckte jeden Laut. Sie mussten auf ihre Schritte achtgeben, damit sie nicht ausrutschten.
    Pilzseim glitt in trägen Tropfen die Stämme hinab. Schleimige Fäden spannten sich kreuz und quer durch den Wald wie Spinnweben. Überall glitzerte und funkelte es. Mart und Tori gingen voraus und schnitten den Weg frei, wo nötig. Gontas folgte mit dem Dromedar.
    »Wir können zum Fluss runter, hm?«, sagte Tori. »Vielleicht is der Weg sauberer da. Können im Wasser waten.« Sie kratzte sich. Ihr Lederpanzer war so mit Schleim verschmiert, dass sie aussah wie eine Schnecke, die sich an den Pilzen labte.
    »Selbst wenn wir den Fluss finden«, antwortete Gontas, »er windet sich zu sehr. Mir wäre ein gerader Weg lieber, damit wir schnell wieder rauskommen.«
    »Wär mir auch recht«, sagte Mart.
    Sie trotteten durch den stillen Wald, rasteten, aßen, trotteten weiter, mit mechanischen, abgestumpften Bewegungen. Gegen Mittag sahen sie an der Seite eines Pilzbaums ein kleines Tier in einer dicken Schleimschicht. Es schien darin ertrunken zu sein und klebte am Stamm wie festgefroren. Der Leib war halb verwest, erinnerte aber noch an ein Eichhörnchen.
    »Iiih«, rief Tori. »Richtig eklig, du! Hat’s Einauge wohl doch recht gehabt, was jedem Lebewesen in diesem Wald blüht.« Sie schüttelte sich.
    »Ich sehe vor allem, dass es hier Tiere gibt«, sagte Gontas. »Also kann man in diesem Wald überleben.«
    »Aye, und wie lang?«, murmelte Tori. Sie starrte auf das tote Eichhörnchen und schabte an dem Gurt herum, mit dem sie den Sichelhaken an ihrem Armstumpf befestigt hatte.
    »Vielleicht ist das arme Viech gar nicht von hier«, sagte Mart. »Vielleicht haben Tarukans Truppen es eingeschleppt. Immerhin behauptest du ja, sie sind hier durchgekommen.«
    »Eingeschleppt.« Tori schnaubte. »Is was groß für ’ne Sackratte. Selbst für Tarukans Speckärsche.«
    Gontas schüttelte den Kopf und ging weiter.
    Am Nachmittag legte Mart den Kopf schräg. »Ich hör da was …«
    Er änderte jäh die Richtung und schlug sich nach rechts durch den Wald. Bald hörten die anderen es auch: ein hohles Rauschen und Gluckern, das sich vom gewohnten, gemächlichen Rinnen des Schleims unterschied.
    Sie erreichten den Fluss.
    Die Riesenpilze neigten sich über das Wasser, das am Ufer von einem zähen Schaum bedeckt war. Von den Pilzhauben tropfte der Schleim in die Brühe und verschwand darin. An manchen Stellen hingen die Fäden so dicht wie Vorhänge, sie wuchsen zu Stalaktiten zusammen, die wie trübe Eiszapfen über der Böschung hingen. In der Mitte des Flusses war eine schmale Rinne frei geblieben. Das Wasser darin sah milchig und unrein aus. Es leckte an dem Schaumteppich, ohne dass sich etwas davon löste.
    Tori schaute enttäuscht drein. »Hm, sieht nicht aus, als möcht ich mir hier die Füße waschen.« Sie rieb sich unbehaglich die Stirn.
    Mart starrte auf die schaumige Flut, die vor ihm lag wie ein pockennarbiger Eispanzer. »Ich denk eher daran«, sagte er, »dass wir schon seit Tagen das Zeug saufen, das hier langgeflossen ist. Kann nicht gut sein, das.«
    »Wir tragen es sogar in unserem Fass mit herum.« Auch Gontas hatte ein mulmiges Gefühl im Magen, aber er wollte sich nichts anmerken lassen. »Und es schmeckt wie gutes Wasser. Also weiter.«
    »Gutes Wasser.« Mart zog vernehmlich die Nase hoch und spie in den Fluss. In dem Schaum war seine Spucke nicht zu sehen. »Wenn wir aus dem Wald raus sind, kipp ich alles weg und spül das Fass aus. Mit Wasser vom Oberlauf.«
    »Wenn wir rauskommen, du«, sagte Tori. »Wenn die Pilze nicht bis zu den Bergen wachsen und wenn die Zitadelle

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