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Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx

Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx

Titel: Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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Eichhörnchen zu Beginn ihres Weges. Gontas wurde selbst immer müder, und der Wald wollte kein Ende nehmen.
    Eine weitere Nacht brach an.
    Ein weiterer Morgen, an dem Gontas seine matten Gefährten zum Aufbruch mahnte.
    Irgendwann an diesem Tag kam ihm zu Bewusstsein, dass er Mart und Tori über den Schultern trug. Sonst hatte er nur noch seine Äxte dabei, Marts Schwert, Toris Haken – ihre wichtigsten Waffen. Er erinnerte sich nicht mehr, wann er das übrige Gepäck zurückgelassen hatte, wie lange er schon mit dieser Last halb schlafend weiterstapfte.
    Er vergewisserte sich kurz, dass die beiden noch lebten, dann ging er weiter. Immer wieder setzte seine Erinnerung aus, immer wieder tauchte sein Bewusstsein kurz empor, und er musste sich neu orientieren. Der Wald, der tropfende Schleim um ihn. Glitzernd wie Kristall. Ging er überhaupt noch in die richtige Richtung?
    Gontas schwankte zwischen Unsicherheit und Vergessen, zwischen Traum und Klarheit. Die Gefährten nicht loslassen! Weitergehen.
    Schatten vor ihm, zwischen den Pilzen.
    Nichts mehr.

23.
    Gontas erwachte von einer zärtlichen, feuchten Berührung auf der Haut. Es fühlte sich an wie ein kalter Kuss – oder wie eine glitschige Pilzranke, die über seinen Leib tastete!
    Entsetzt fuhr er hoch.
    Er schaute in ausdruckslose Augen, glitzernde facettierte Kugeln über scharfen Kiefern und unter wippenden Fühlern. Er war umgeben von Ameisenmännern, wie er sie im Knochenturm in Khâl kennengelernt hatte!
    Die Myrmoi drückten ihn zurück auf den Boden. Gontas spürte eine Kraft in ihren dünnen Gliedmaßen, die einen Menschen in Stücke reißen konnte. Und er selbst war nackt, und von seinen Waffen war keine Spur zu sehen.
    Aber die Riesenameisen behandelten ihn sanft, wenn auch mit Nachdruck. Sie säuberten seinen Leib mit nassen Schwämmen, und er lag auf einem Lager von weichem, von trockenem Moos, in einer Art Höhle, einem Gang, der von grün schillerndem Leuchten erfüllt war.
    Gontas erinnerte sich, wie diese Geschöpfe ihm gegen Tarukans Hexenmeister beigestanden hatten. Er begriff ihre Handlungsweise nicht, aber die Myrmoi waren nicht notwendigerweise seine Feinde. Er entspannte sich ein wenig.
    »Was wollt ihr von mir?«, fragte er. »Wo bin ich hier?«
    Er erhielt keine Antwort. Die Ameisenkiefer waren wohl auch gar nicht imstande, menschliche Laute zu bilden, selbst wenn die Myrmoi es gewollt hätten. Vermutlich verstanden sie ihn nicht einmal.
    Seufzend ließ Gontas sich auf das Moos sinken und erduldete die Waschung. Es war gut, die Reste des Pilzwaldes nicht mehr auf der Haut zu spüren.
    Dann, mit einiger Verzögerung, erhielt er doch eine Antwort.
    »Die Königin empfängt Euch.«
    Gontas wandte den Kopf. Die Stimme schien aus keiner bestimmten Richtung zu kommen. Die beiden Ameisen bei ihm fuhren fort, ihn zu waschen, mit bedächtigen Bewegungen, als fürchteten sie, den weichen Menschen mit ihren Schwämmen zu verletzen.
    Da bemerkte Gontas eine kleinere Gestalt hinter den riesenhaften Myrmoi. Es schien ein Mensch zu sein, aber es war nicht genau auszumachen, ob er verkrüppelt und missgestaltet war oder ob er sich einfach nur auf unmögliche Weise zusammenkauerte und dadurch so zwergenhaft wirkte. Er war dürr, trug Lumpen am Leib, und sein Gesicht zeigte die Züge der Völker von Khâl, auch wenn die Haut im Phosphorschimmer fahl und gräulich aussah.
    Gontas betrachtete seine eigene Hand und kam zu dem Schluss, dass es nicht allein am Licht lag. Der Mann dort war viel bleicher, als ein Mensch es sein sollte.
    »Wer bist du?«, fragte er. »Was ist das für ein Ort?«
    Der Mann wand sich und senkte immer wieder den Kopf. Seine Stimme klang so farblos, wie die Gestalt selbst aussah. »Oh, ich bin niemand. Ein Nichtswürdiger. Ich habe die Gnade, beim Volk zu leben, als eine Stimme. Eine Stimme des Volkes bin ich, nicht mehr; weniger als das geringste Anhängsel im Dienste der Königin.«
    Eine der Ameisen wandte den Kopf zu dem Sprecher. Der verstummte sofort. »Die Königin wird mit Euch reden«, fügte er hastig hinzu. »Sie redet mit Euch, oh gesegneter Besucher.«
    »Was für eine Königin?«
    »Die Königin.« Ängstlich sah der Mann zu Gontas’ Bademägden. »Sie wird Euch sagen, was zu sagen ist.«
    Hastig kroch er rückwärts durch den Gang davon.
    »Was ist mit meinen Freunden?«, rief Gontas ihm nach.
    »Oh, denen geht es gar nicht gut«, antwortete der Mann. Er robbte dabei immer weiter durch den Gang davon und sah im

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