Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx

Titel: Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann

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lassen ihn einfrieren. Dann kommen die Ungeheuer, die da im Wald hausen, und schmausen.«
    Mart blickte sie böse an. »Ja, erzähl du nur lustige Geschichten, Frau. Ich kenn keinen, der der da drin gewesen ist, keinen, der näher dran war und mehr weiß als wir jetzt. Heißt nicht, dass es niemanden gibt, der dichter rangegangen wäre. Ich kenn nur keinen, der zurückgekommen ist, um davon zu berichten. Aber wer ihn von Ferne gesehen hat, an der Grenze zu Modwinja, der beschreibt ihn genau so wie das hier.«
    »Hm, da sagste was Echtes«, ergänzte Tori. »Und vor allem beschreiben sie ihn so: an der Grenze zu Modwinja ! Auf der anderen Seite vom Steinland also.«
    Mart funkelte sie an. »Du bist zu dumm, um zu sehen, was vor deinen Augen liegt. Es gibt hier einen zweiten weißen Wald, und kein Mensch kann ihn durchqueren. Wir müssen weiter vom Fluss weg und sehen, ob wir drum herumgehen können.«
    Gontas ließ seinen Blick über den Saum der weißen Fläche streifen. Sie zeichnete sich deutlich ab, denn zu dem Wald hin schien der Sand dunkler zu werden und lag wie ein schwarzer Gürtel um den glitzernden Landstrich.
    »Ein Mensch hat ihn durchquert. Tarukan. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er so einen Umweg gegangen ist.«
    »Woher willst du das wissen?«, fragte Mart. »Und selbst wenn – woher willst du wissen, dass er je wieder herausgekommen ist? Wir haben keinen Grund, ihm in jedes Verderben nachzulaufen.« Er dachte kurz nach, und seine Augen leuchteten auf. »Besser noch: Wenn Tarukan im weißen Wald verloren geht und wir sicher darum herumgehen, dann fegen wir alle Schätze in der Zitadelle ohne Kampf für uns allein aus!«
    Gontas schüttelte den Kopf. »Die Schätze sind mir gleich, Söldner. Ich suche Halime. Die ist bei Tarukan.«
    Mart verzog das Gesicht. »Du wiederholst dich, Buschmann. Aber wenn du blind in jede Gefahr rennst, dann rettest du niemanden.«
    »Wenn Tarukan diesen Weg gegangen ist, dann werde ich nicht davor zurückschrecken. Und wenn er auf diesem Weg in Bedrängnis gerät, dann braucht Halime meine Hilfe dort.«
    Mart wollte weitere Einwände erheben, aber Gontas schnitt ihm mit einer Geste das Wort ab. »Ich folge dem Fluss. Es ist entschieden.«.
    Gegen Abend ließen die drei die Sandwüste hinter sich und erreichten bewachsenes Land. Erst wurde der Boden hart, als wäre er feucht, und er fühlte sich klebrig an. Ein bitterer Geruch lag in der Luft, und die Dromedare wollten nicht weitergehen.
    Dann schoben sich einzelne Halme aus dem Boden, dünn und schwarz und feucht wie von Tau. Vor ihnen ragte das Gras höher auf, ein schwarzes Feld, das im Wind wogte. Der Waldrand dahinter war nur eine helle Linie am Horizont. Sie zerrten die Tiere weiter.
    Das schwarze Gras reichte ihnen bald bis zu den Hüften, dann bis zu den Schultern. Zuletzt schlug es über ihren Köpfen zusammen. Die Halme waren rund, wie dünne Röhren, die nach oben spitz zuliefen. An jeder Spitze klebte ein einzelner klarer Tropfen. Er zog Fäden, wenn man ihn berührte, und bald waren ihre Kleidung und das Fell der Dromedare mit glitzernden Schlieren überzogen wie von Speichel. Der Geruch war schwer und erstickend, und durch die Pflanzen ringsum sahen sie nicht mehr, wohin sie gingen.
    »Wir könnten im Kreis gehen«, befürchtete Mart.
    »Ich nicht«, sagte Gontas. »Und bald werden die Sterne uns leiten.«
    »Widerlich, das Zeug hier«, merkte Tori an. »Fühlt sich gar nich an wie Gras. Fühlt sich an wie … wie gar nichts, was ich kenn. Widerlich, hm.«
    Sie hob den Haken und zog ihn durch den Bewuchs wie eine Sichel. Ein ganzes Büschel der schwarzen Stiele fiel zu Boden, schwer und feucht. Es sah aus, als würden sie sich winden, bevor sie zwischen den übrigen Halmen verschwanden. Es raschelte, und das dunkle Gras in ihrer Nähe wogte hin und her, die Bewegung lief durch die Wiese wie eine Welle. Doch da war kein Wind, der die Halme hätte beugen können.
    Der Gestank wurde ekelerregend. Tori krümmte sich und würgte. Die Dromedare niesten und schnaubten und zerrten an den Zügeln, und Gontas und Mart hatten Mühe, sie zu halten.
    »Tu das nie wieder«, sagte Mart.
    »Klar«, antwortete Tori. »Ich pass in Zukunft auf, bevor ich mich mit Gras anleg.«
    »Das ist kein Gras«, sagte Gontas. »Keines der Tiere hat auch nur daran geknabbert.«
    Es wurde dunkel, und sie steckten immer noch in dem Feld. Die Stängel standen schwarz vor einem bleigrauen Himmel. Tori horchte misstrauisch, doch im