Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx
befand Tori. »Haste frische Narben da an deinem Hals? Is noch was passiert im Pilzwald, wovon wir gar nichts mehr mitgekriegt haben?«
Gontas zog seinen Burnus fester um sich. Über diesen Teil seiner Begegnung mit der Königin dieses »Volkes« wollte er erst recht nicht reden. Er wusste immer noch nicht genau, was er davon halten sollte.
»Die Viecher hier«, sagte er, »die reden nicht so wie wir. Nicht mit Worten. Ich habe das Gefühl, diese Königin hat mir eine ganze Menge erzählt. Aber es fühlt sich so an, als hätte sie ihre Botschaft direkt in meinem Blut abgelegt. Vielleicht hat sie auch einiges von mir erfahren. Ist auch egal, wir müssen weiter.«
»Ja, was hatt se dir denn erzählt?«, rief Tori. »Ob’s jetzt mit Blut oder mit der Zunge war?«
»Ich weiß es noch nicht … genau«, gab Gontas zu. »Aber ich glaube, ich werde mich in nächster Zeit an einiges erinnern . Hoffentlich dann, wenn wir’s brauchen. Aber die Viecher erwarten etwas von uns, so viel ist klar.«
»Hab ich’s doch gesagt«, rief Mart. »Die haben uns nicht aus Menschenfreundlichkeit geholfen.«
»Nein«, bestätigte Gontas. Er schüttelte sich bei einer nur halb bewussten Erinnerung. »Das ist nicht ihre Art. Aber die Königin meinte, wir wären alte Verbündete und müssten jetzt wieder gegen unseren gemeinsamen Feind kämpfen. Und dass ich unser Bündnis ehren soll, so wie früher, und dass sie mir dabei helfen will. Was genauso ein Blödsinn ist wie das, was der Tafib in den Bergen immer erzählt, weil ich nämlich garantiert noch nie mit Ameisen verbündet war und weil ich auch nicht weiß, was wir für einen gemeinsamen Feind haben.«
»Tarukan?« Mart runzelte die Stirn.
»Kann sein«, sagte Gontas. »Sie meinte so was wie ›die von meiner Art‹, die uns alle bedrohen. Menschen also. Tarukans Söldner. Kann sein.«
Er trat auf den Stapel Ausrüstung zu. Seine Äxte waren dabei, und auch einiges von ihren Vorräten. Gontas packte um, was er mitnehmen konnte. Mart und Tori schlossen sich ihm an. Weder der Dolmetscher noch ihre Gastgeber ließen sich blicken.
»Eh«, rief Mart unvermittelt. »Das Hemd da, das lag bei meinen Sachen auf’m Dromedar, nicht in meiner Tasche. Wenn die Käfer das gefunden haben, wo ist dann das Packtier?«
»Frag nicht.« Tori klappte den Mund auf und zu. Mart blickte grimmig.
»Nicht zu viel erwarten«, sagte Gontas. »Wir können froh sein, dass sie das für uns aufbewahrt haben. Wenn ich richtig verstanden habe, sind wir nicht mehr weit von den Bergen und von der Zitadelle entfernt. Wir brauchen kein Packtier mehr.«
24.
Swetja, Hauptmann Borija und seine Männer blieben einige Tage im unterirdischen Palast der Gräfin Darija, der aus seinem steinernen Schlaf erwacht war. Sie warteten auf die fehlenden Soldaten und prüften inzwischen die Vorräte, die sie im Keller fanden.
»Es ist nicht viel für fünfhundert Dragoner«, stellte Borija fest. »Das meiste von dem Getreide werden wir allein schon brauchen, damit die Pferde in den Bergen genug Futter haben. Kirus’ Zauber hat zwar alles konserviert, was es in dem Haus gab, aber ihm ist doch immer wieder das ein oder andere entschlüpft. Im Laufe der Jahrhunderte ist auf diese Weise eine Menge verloren gegangen. Aber mit etwas Glück bringt uns der Rest bis an unser Ziel.«
»Und zurück?«, fragte Swetja.
Borija neigte den Kopf. »Wir werden sehen müssen, was wir finden, wenn wir ankommen. Hier hat es ja auch geklappt.«
Das war nicht die Art von Planung, die Swetja bevorzugte. Dennoch musste sie zugeben, Hauptmann Borija hatte bisher immer seinen Weg gefunden, trotz ihrer Zweifel. Und wenn sie sich auch nur schwer an den Gedanken gewöhnen konnte, dass sie Nahrungsmittel aß, die Tausende von Jahren alt waren, so schmeckten es doch genauso frisch wie alles, was man in den Kellern von Modwinja finden konnte.
»Es sind auch noch ein paar von den ursprünglichen Hausbewohnern am Leben«, wandte sie ein. »Es sind ihre Vorräte, die wir hier plündern.«
Borija zuckte die Achseln. »Knechte und Mägde, Hauspersonal. Die Edlen dieses Landes hat der Hexenmeister längst schon zur Ader gelassen für seine blutige Gräfin. Nein, da ist kein Herr mehr, der Anspruch auf den Besitz erheben könnte.
Was die Übrigen betrifft … Vielleicht hätte der eine oder andere von meinen Männern gern einen Burschen, dessen Geschwätz man nicht versteht. Der Rest kann sich zum Fluss durchschlagen und anderswo sein Glück versuchen. Ihr
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