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Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx

Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx

Titel: Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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Hals. Sie riss den Mann, der sie um zwei Köpfe überragte, zu sich heran und trieb ihm den Dolch in die Seite. Die Sichelklinge hatte den Kopf halb abgetrennt und scharrte über die Halswirbel, als Tori sie wieder zurückzog. Blut strömte aus den durchtrennten Adern am Hals, aber das Herz des Mannes hatte schon aufgehört zu schlagen.
    Mart schwang das Schwert mit einer unfassbaren Wucht und schlug einem weiteren Graubart die Schädeldecke ab, als würde er ein Ei köpfen.
    Ein Graubart stieß mit dem stumpfen Doppelende seines Stabs nach der Söldnerin. Tori bog den Oberkörper nach hinten, sodass der Stoß ins Leere ging. Sie drehte sich in der Hüfte ein und trat dem Mann in den Unterleib. Der krümmte sich zusammen, und sie zog dem Gegner ihren Haken durch die Kehle.
    Unruhe breitete sich aus in den Reihen der Fremden. Weitere Graubärte eilten ihren bedrängten Kameraden am Ende des Zugs zu Hilfe. Aber auch die Gefangenen nutzten die Gelegenheit. In dem Tumult kamen sie an ihre Wächter heran und verwickelten die Graubärte in Handgemenge.
    Manch ein Söldner brach zusammen, wenn ein Stab ihn berührte. Andere konnten eine Waffe erobern und schlugen zurück. In der Mitte des Getümmels hüpfte ein dürrer Greis auf und ab, nackt und am ganzen Leib tätowiert, und er rief: »Nein! Sachte! So verletzt euch doch nicht. Die Götter brauchen euch alle!«
    Swetjana fühlte eine Hand auf ihrer Schulter. Borija zog sie in den geschützten Winkel zurück. »Gebt acht, Dewa, dass Ihr nicht entdeckt werdet.«
    »Entdeckt? Unsere Freunde kämpfen bereits. Wir müssen ihnen helfen!«
    » Wir sagt sie.« Lewo kicherte leise. »Und dabei hat die Kleine nicht mal ’ne Waffe dabei.«
    »Lewo!« Borija wies seinen Soldaten zurecht, leise, aber scharf. »Zeig Respekt vor dem Stand des Fräuleins.« Dann flüsterte er Swetja ins Ohr: »Diese Südländer sind nicht unsere Freunde. Aber eine willkommene Ablenkung. Sobald das Scharmützel sich ein Stück von der Treppe entfernt, können wir uns hinter ihrem Rücken in das oberste Stockwerk schleichen.«
    »Aber«, stammelte Swetja. »Wir …«
    »Pssst«, zischte Borija. »Bedenkt, was auf dem Spiel steht, dewa Swetjana! Ich brauche nur ein paar ungestörte Augenblicke, um zu tun, weswegen wir gekommen sind. Wenn die Fremden uns diese Zeit verschaffen, sollten wir die Gelegenheit dann nicht nutzen? Wollt Ihr deswegen Skrupel bekommen und das Schicksal unserer Heimat an die zweite Stelle setzen?«
    Swetja schüttelte den Kopf.
    Borija spähte über ihre Schulter hinweg aus dem Versteck hinaus. »Gut«, sagte er. »Dann ist jetzt der Augenblick gekommen.«
    Sie traten hinter der Treppe hervor. Der Kampf wogte durch die ganze Halle. Die Dragoner und die beiden Frauen schlichen so dicht an der Wand entlang, wie sie nur konnten, bis zu den ersten Stufen, die nach oben führten. Borija ging voraus, Lewo schirmte sie gegen das Kampfgetümmel ab.
    Ein Graubart wurde auf sie aufmerksam. Er drehte sich zu ihnen um. Lewo hieb ihm den Säbel auf den Kopf, bevor der Mann einen Laut von sich geben konnte. Auf der anderen Seite der Halle bemerkte Swetja einen weiteren Graubart, der die vier Modwinjer über die Kämpfenden hinweg ansah. Für die Dauer eines Wimpernschlags trafen sich ihre Blicke. Die Augen des Fremden weiteten sich – da nutzte ein Söldner die Ablenkung seines Gegners. Er stieß dem Graubart das spitze Ende eines erbeuteten Stabs in die Kehle, sodass dieses am Hinterkopf wieder austrat.
    Die Kämpfer in der Halle hatten keine Zeit, sich um die vier Flüchtlinge zu kümmern. Swetja sah Mart und Tori, die immer noch standhielten. Die beiden Söldner schlachteten die Graubärte ab wie Vieh. Mart kämpfte mit dem stoischen Gleichmut eines Mauerbrechers, seine wuchtigen Schwerthiebe gingen durch Haut und Muskeln und Knochen gleichermaßen, und Gegenangriffe parierte er beiläufig. Tori tauchte zwischen ihren Feinden wie ein flinker Raubfisch, sie wich aus und schnitt mit blitzender Sichel und tief geführtem Dolch die Leiber auf. Kurz bemerkte Swetja das festgefrorene, verzerrte Lächeln auf ihrem Gesicht, das Funkeln in Toris Augen, einen Ausdruck wie im Drogenrausch, der immer dann aufflammte, wenn eine Klinge durch die Haut fuhr und Blut floss.
    Es war die Fratze des Wahnsinns.
    Swetja wandte sich rasch ab und huschte hinter Borija die Treppe hinauf.
    Im ersten Moment war sie froh, dem Gemetzel in der Halle zu entfliehen. Leichtfüßig und wie von selbst nahmen ihre Füße Stufe

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