Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx
Hartes Gold noch viel mehr!«
Auf seinen Wink hin brachte eine Schankmaid noch zwei Krüge. Als sie fort war, senkte Mart die Stimme.
»Also, worum geht es? Ich habe gehört, du setzt ein Kopfgeld?«
»Aye, auf einen nackten Wilden. Einen Buschläufer. Sollte ein leichter Fang sein für zwei wie euch.«
Mart spähte misstrauisch über die Schulter. Viele junge Buschläufer zog es für ein paar Jahre in die Städte, für Ruhm, Münzen oder für den Tod. Nach dem Krieg der Stämme waren es noch mehr geworden. Manche taten sogar in der Stadtwache Dienst, viele waren verstädtert und auf den ersten Blick gar nicht mehr zu erkennen.
Mart ging davon aus, dass in dieser Kneipe einige Männer saßen, die gern eine Axt ins Gespräch werfen würden, wenn sie hörten, wie Arri von Buschläufern als »Wilden« redete.
Tori legte den Armstumpf mit dem scharf geschliffenen Haken auf den Tisch, sodass die Spitze fast schon auf Arris Hälfte der Platte lag. Die stinkenden Tranfunzeln unter der Decke verbreiteten mehr Qualm als Licht, dennoch war es im Eisenschwein heller als auf der Straße, und man sah die kaum getrockneten dunklen Spritzer auf dem Stahl.
»Wenn das so einfach ist«, sagte Tori, »warum macht ihr dann keinen öffentlichen Aushang, sondern sprecht nur die Besten an?«
»Ah«, erwiderte Arri. »Deine rechte Hand hat eine hohe Meinung von ihren Talenten. Gefällt mir, wenn eine Frau ein bisschen keck auftritt.«
Mart schob unauffällig Toris Haken vom Tisch. »Lenk nicht ab, Arri«, sagte er. »Sag uns lieber, was es mit dem Buschmann auf sich hat.«
Der Werber zuckte die Achseln. »Was soll ich sagen? Der Fiesel kommt aus der Wildnis, und vielleicht kommt er hierher. Er sucht nach einem kleinen Mädchen und wird Fragen stellen. Wenn ihr über den Kerl stolpert, sorgt dafür, dass die Fragen aufhören. Und dafür gibt es so viel Geld, dass du deiner Freundin ein tägliches Bad in Duftöl und längere Haare kaufen kannst – und was immer du sonst noch vermissen magst. Musst du da noch mehr wissen?«
Mart spürte, wie Tori neben ihm sich anspannte. Beruhigend legte er ihr die Hand auf den Oberschenkel. Das glatte Leder fühlte sich gut an unter seinem Griff, und unwillkürlich atmete er aus.
Dann erinnerte er sich an das, was Arri gesagt hatte. Er funkelte den Werber an. »Fang nicht so an, Arri«, sagte er. »Da gibt’s ’ne Menge, was ich noch gern wüsste. Zuerst einmal, warum will Tarukan den Fiesel tot sehen, und warum schickt er nicht seine eigenen Männer dafür?«
»Wer sagt, dass der Hauptmann selber ihn tot sehen will? Wir sind alle Söldner und nehmen Aufträge von vielen Seiten an. Manchmal lohnt es sich eben, so einen Auftrag an andere Hände weiterzugeben, wenn das eigene Fähnlein gerade beschäftigt ist.«
»Gewiss, gewiss«, sagte Mart. Was für ein Schwätzer, dachte er. »Aber habt ihr vielleicht auch eine etwas genauere Beschreibung? Wird nicht der einzige Buschläufer sein, der sich hier rumtreibt.«
»Wie viele Buschläufer suchen nach einem fremden Kind?«, gab Arri zurück. »Aber wenn ihr noch eine Beschreibung braucht: Er kommt geradewegs aus der Savanne. Trägt also keine anständige Kleidung, und mit ’nem Buschläufer-Söldner aus der Stadt verwechselt ihr den bestimmt nicht. Außerdem hat er Muskeln wie prall gefüllte Wasserschläuche und Arme und einen Brustkorb wie ein Berggorilla, ’ne Nase wie ein Faustkämpfer, und er sieht überhaupt so aus, als würd er gern Leute in Stück reißen. Was er übrigens auch tut.«
Tori prustete bei der Beschreibung. »Klingt so, als würd er das Kind fressen, wenn er’s findet, hm.«
Arri grinste. »Die Beschreibung haben wir von einem unserer Männer, der vor dem Kerl davongerannt ist. Weiß also nicht, wie zuverlässig das ist. Jedenfalls könnt ihr euch denken, warum wir ein paar handfeste … ähm, Leute für die Jagd suchen und nicht jede Straßenratte drauf ansetzen. Woll’n ja nicht, dass sich erst mal ein paar Strohpuppen an ihm versuchen, die nichts weiter erreichen, als dass er vorgewarnt ist.«
Mart wechselte einen Blick mit seiner Begleiterin. Er fragte sich, ob sie vor ihrem geistigen Auge dasselbe sah wie er: große Weidenkörbe voll mit den Köpfen kräftiger Buschleute!
Bei dem Goldbetrag, um den es hier ging, ließ es sich gar nicht vermeiden, dass bald jeder unbeschäftigte Glücksritter Jagd auf den Mann machte. Die Beschreibung war mehr als dürftig. Einem Toten sah man nicht an, ob er zu Lebzeiten nach
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