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Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx

Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx

Titel: Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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hing; er schaute auf Tori, die daneben zappelte und versuchte, das Ding an den Haken so weit wie möglich von sich fortzustoßen. Ein Anflug von Unsicherheit huschte über sein Gesicht.
    »Gleichgültig«, sagte er. »Immerhin hat das den Wurm geweckt – hörst du ihn schon, Barbar?«
    Gontas vernahm ein Knistern aus dem Schacht, das langsam näher kam.
    Sarjat winkte den Ameisenmännern. »Erledigt ihn – und zieht die Frau nach oben!«
    Gontas’ Augen hefteten sich auf den Myrmoi, der vor ihm stand. Der Schaft seiner Stabwaffe zitterte leicht, als er den Angriff erwartete und sich auf seinen Gegenstoß konzentrierte. Das riesige Insekt vor ihm regte sich nicht. Und fast hätte er die andere, rasche Bewegung weit dahinter übersehen.
    Über dem Zauberer blitzte Stahl auf wie eine Flamme. Mit einer flinken Bewegung schlug der Myrmoi hinter Sarjat seinem Herrn die gebogene Klinge in den Hals. Der Kopf löste sich vom Rumpf, prallte auf den Boden und rollte in den Abgrund. Sarjats Körper blieb einen Augenblick aufrecht stehen, dann sackte er einfach in sich zusammen.
    Gontas stand da wie erstarrt. Er wechselte einen Blick mit dem Insektenwesen, das reglos vor ihm verharrte, aber er sah nur sein eigenes Spiegelbild in den fremdartigen Augen. Dann nickte der Myrmoi, sodass seine Antennen wippten. Er ging hinüber zu seinem Gefährten, und gemeinsam beugten die beiden sich über die Leiche. Sie stießen ihren toten Herrn mit den Füßen an und berührten sich gegenseitig mit ihren Fühlern. Eine stumme Zwiesprache fand dort statt, auch wenn Gontas nichts verstand – so wenig, wie er verstand, was eigentlich geschehen war.
    Der Zauberer blieb auf dem Boden liegen und machte keine Anstalten, wiederaufzuerstehen. Was auch immer das Band war, mit dem er seine Lebenskraft erneuert hatte, Gontas’ Angriff auf die untote Kreatur hatte es durchtrennt.
    Einer der Myrmoi trat gleichmütig von der Leiche seines Herrn fort und auf die Winde zu. Wieder legte er einen Hebel um, und dann kurbelte er. Der verstümmelte Torso der Toten stieg langsam nach oben.
    Das Rauschen und Knistern aus der Tiefe wurde lauter.
    »Gontas!« Toris Stimme war voller Angst. »Mach was, Briske, aber mach es schnell!«
    Gontas sah zu ihr hin. Die Söldnerin strampelte und zerrte an ihrem Ledergeschirr, aber ihr Blick war hinab in die Tiefe gerichtet. Gontas sprang an die Kante der Öffnung, er streckte die Stabklinge aus und hakte die Zacken an der Rückseite in die Lederschnüre. Er zog Tori zu sich heran.
    Keinen Augenblick zu früh.
    Gontas sah eine unklare Regung in der Tiefe. Im nächsten Moment quoll es schon aus dem Loch heraus – eine weißliche segmentierte Gestalt, wie eine Made, ein riesiger Wurm, der den Schacht ganz ausfüllte. Ein rosettenförmiger Mund am spitz zulaufenden Ende öffnete und schloss sich wie im Zerrbild eines grausigen Kusses. Der Leib wand sich, der Kopf neigte sich wie suchend zur Seite. Gontas sah keine Augen, aber kleine dicke Borsten wuchsen in kranzförmigen Büscheln überall an der Seite des kränklich grauen Leibes. Sie zuckten. Sie knisterten. Sie bewegten sich wie Spinnenbeine, und tatsächlich schienen es diese Borsten zu sein, die sich an den Steinboden klammerten und die den Riesenwurm vorwärtsbewegten.
    Der Rosettenmund tastete nach Tori, und Gontas zog sie weiter fort. Die Söldnerin schrie und trat nach dem Ungeheuer. Der Myrmoi an der Kurbel drehte in die andere Richtung, der verstümmelte Leichnam kam herab und traf klatschend auf den Rücken des Wurms.
    Dann schoss er wieder empor. Der Ameisenmann drehte die Winde so schnell, dass man der Bewegung kaum folgen konnte.
    Der Wurm streckte sich nach dem Aas. Er richtete sich auf und bewegte sich auf das Loch in der Decke zu, folgte der klirrenden Kette. Gontas hielt Tori mit der Hand fest und löste seine Waffe aus den Lederschnüren. Unsicher verharrte er, doch er wagte es nicht, seine Waffe in die Flanken des Wurms zu schlagen, aus Furcht, dass er damit dessen Aufmerksamkeit wieder auf sie lenken könnte.
    Der Wurm stieß die Schnüre beiseite, an denen Tori hing, und fast hätte er auf seinem Weg nach oben die Söldnerin aus Gontas’ Griff gerissen. Dem Buschläufer wurde bewusst, dass kaum Platz war zwischen dem Wurm und den Seitenwänden des Schachts, der weiter hinaufführte. Es war nur eine Frage der Zeit, bis das Ungeheuer die Lederschnüre, an denen Tori hing, mit sich reißen und die Söldnerin zwischen sich und dem Mauerwerk zerquetschen

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