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Im Mondlicht (Phobos) (German Edition)

Im Mondlicht (Phobos) (German Edition)

Titel: Im Mondlicht (Phobos) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Schuck
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Großobjekte wegen der Wirtschaftsrezession ins Feld führen. Zwei bis drei Wochen würde Dermatt herausholen können, und somit war er für diese Zeit unbeschränkter Herrscher über eine Villa mit sechzehn Zimmern.
    Dermatt begann die einzelnen Zimmer zu besichtigen, besonders das Badezimmer. Er ließ seinen Phantasien freien Lauf, was nicht nur seine Hormon-, sondern auch seine Speichelproduktion auf Hochtouren brachte. Er musste andauernd schlucken.
    Dermatt wieselte von Zimmer zu Zimmer. Hochgefühle überfluteten sein verfettetes Herz. Er hinterließ den Duft seines Rasierwassers von Aramis gemischt mit seinem weniger duftigen Körpergeruch überall in den Räumen, an den alten Möbeln, so wie ein brünstiger Kater seine Duftmarken hinterlassen hätte.
    Im Schlafzimmer des alten Bilumés zuckte Dermatt plötzlich zusammen. Wie fast alle Gierigen lebte er immer in der Angst, erwischt zu werden, selbst wenn er nur in Gedanken gierig war. Er hatte etwas gehört: Ein schleifendes Geräusch vom Erdgeschoss nach oben dringend. Es war ein aberwitziger Misch- und Missklang, als würden Glasscherben übers Parkett gezogen. Aber es waren keine Glasscherben.
    Obwohl Mut nicht die übliche Triebfeder seines Handelns war, brachte Dermatt es dennoch fertig, vor die Balustrade zu treten und einen gewissermaßen empörten Blick nach unten zu werfen. Hier hatte außer ihm niemand etwas zu suchen! Aber Dermatt konnte niemanden erkennen. Nur vor dem Kamin glänzte etwas hell in dem dunklen Tierfell. Dermatt, nun sicher, dass ihn nichts ernsthaft bedrohen konnte, stürmte forschen Schrittes die Treppe hinunter. Im Hinabsteigen erkannte er das lange Schwert. Offenbar vom Kamin herabgefallen, halb aus der Scheide gerutscht, leuchtete es, als wäre seine Klinge gestern frisch geputzt worden.
    Dermatt trat zum Kamin, bückte sich und fasste mit der Rechten den Griff des Schwertes, mit der Linken nach seiner Scheide. Kaum hatten sich seine Finger um die Waffe geschlossen, begannen die goldenen Intarsien auf der Scheide zu leben. Sie sprangen Dermatt förmlich entgegen, und gleichzeitig fühlte er des Schwertes eigene Kraft, unendlich viel größer als seine eigene, in sich eindringen.
    Dermatts Gedankenfaden wurde durchgebrannt, und er stürzte in den ausgetrockneten, schwarzen Brunnenschacht seiner Seele, an dessen Grunde Namenloses lauert. Der Sturz vollzog sich nicht in jener atemlosen Hast, in der sich Selbstmörder von Hochhäusern zu schmettern pflegen. Dieser Sturz in sich selbst hinein führte Dermatt mit gnadenloser Langsamkeit all jene seiner Gesichter vor, die er der Umwelt vorzuführen pflegte, zuzüglich jener, die er wohlweislich verbarg, und vergaß auch jene nicht, die Dermatt selbst noch gar nicht kannte. Schonungslos wurde Dermatt mit seinen sehnsuchtsvollen und seinen völlig erkalteten Seiten, dem leutseligen und dem gierig hechelnden Anteil, bis hin zu einer nachgerade objektiven Grausamkeit, die Dermatt eigentlich unbekannt war, konfrontiert. Dermatt schwebte immer tiefer in sich hinein.
    Am Ende dieses Schwebens aber lauerte Ilein und schluckte Dermatt. Ilein liebte Menschen mit schwacher Persönlichkeit. Sie schmeckten etwas fade, waren dafür aber leicht verdaulich. Alle Informationen aus Dermatts Gehirn gingen auf Ilein über, sogar Reste seiner äußeren Form, eine Art schwacher Erinnerung.
    Dermatt hörte auf zu existieren.
    Was sich da jetzt vom Boden erhob, war eigentlich Ilein, aber in dem menschlichen Körper Dermatts. Nennen wir ihn: Derm-Ilein. Natürlich hatte Dermatts Körper diese Transformation nicht ohne Veränderung überstanden. Dieses neue Wesen trat aus der Kaminecke heraus in die Eingangshalle und besah sich in dem großen Spiegel, der alle Besucher in Bilumés Haus empfing. Er nahm in sich auf, dass er groß war. Derm-Ileins Hosenbeine endeten jetzt direkt unter den Waden und seine Socken waren sichtbar. Dermatts Bauch war wie weggeschmolzen. Derm-Ilein war schlank, groß und von athletischer Körperform. Sein Gesicht hatte sich in die Länge gezogen und auf seiner Stirn erschien ein heller Flecken, leuchtete immer wieder hell auf und verglühte nach innen, während sich sein langes Gesicht zum Hals hin durch Querfalten verzerrte, wie man es von Schildkröten und anderen Reptilien her kennt. Die Kopfform geriet leicht ins Dreieckige. Die ersten Schritte verstolperte Derm-Ilein. Seine neuen Glieder waren für ihn noch ungewohnt, ebenso seine neue Kraftverteilung. Dann aber stand er wieder vor

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