Im Mondlicht (Phobos) (German Edition)
glühend Heißes an ihrem Hals.
Derm-Ilein schöpfte eine Handvoll Blut ab, das aus ihrer Halswunde schoss , und malte damit ein grobes Hakenkreuz über die Kommode an die Wand.
*****
Kern erwachte erst wieder am Samstagmittag. Er hatte schlecht geschlafen, weil er durch die gebrochene Nase so schlecht Luft bekam. Sein Mund war ausgetrocknet wie die Sahara. Der Ambulanzarzt hatte sein Bestes getan, um ihm die Nase wieder einzurichten, aber zaubern konnte er auch nicht. Er hätte Kern noch gerne im Krankenhaus behalten. Aber darüber ließ Kern nicht mit sich diskutieren. Er hatte zu tun.
An diesem warmen Samstagmittag wirkte der Schmerz in seiner Nase und auch der im Nacken, wo sich die Wucht des Schlages irgendwie gefangen hatte, wie ein Aufputschmittel auf ihn. Er begann seine Bücher und Unterlagen zu ordnen. Dann begann er seine Vorlesungen nachzuschreiben. Gegen Abend hatte er soviel gearbeitet, wie seit Monaten nicht.
Jetzt aber wurde er immer unruhiger. Kern spürte, dass sich etwas in der Stadt zusammenbraute und dass er dazu ausersehen war, das Schlimmste zu verhindern. Die Unruhe machte ein weiteres Arbeiten unmöglich.
Es wurde gerade 22 Uhr, als Kern in seiner Billardkneipe ankam. Kaum hatte er die Türe geöffnet, da wusste er, dass heute alles anders sein würde.
An "seinem" Tisch spielte eine Frau. Sie trug silberfarbene Leggins und ein Oberteil, das ebenfalls metallisch glänzte. Zusammen mit ihren weißen Haaren wirkte sie in dieser miesen Pinte völlig deplaziert, wie ein Engel, der in der Hölle Urlaub macht e . Die anwesenden Unterteufel sahen ihr andächtig beim Spielen zu, sprachen mit gedämpften Stimmen, um sie nicht zu irritieren. Und es war wirklich ein Genuss, wie sie spielte. Ihre Körperbeherrschung war perfekt, ihre Stöße effektiv.
Kern ging direkt auf sie zu und fragte: "Können wir eine Partie spielen?"
Sie sah ihn amüsiert an und nickte schließlich. Sie hieß Efraine.
"Na klar! Allein ist es sowieso etwas langweilig", antwortete sie. Ein Raunen ging durch die Reihen der Unterteufel. Offenbar hatten schon einige versucht, mit der Weißhaarigen ins Spiel zu kommen, und es war ihnen nicht gelungen.
Efraine und Kern, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste, dass sie es war und wer sie war, stellten sich nebeneinander an die Längsseite des Tisches und spielten je einen Ball, um den ersten Stoß festzulegen. Efraines Ball schmiegte sich exakt an die gegenüberliegende Seite. Sie begann.
Kern war in der Form seines Lebens. Aber er war nur knapp besser als Efraine. Sie erspielten sagenhafte Passagen, Kombinationen, von denen man in dieser Kneipe noch Jahre später sprechen würde, und die Unterteufel spendeten fleißig Beifall, vor allem, wenn Efraine spielte. Wobei man nicht recht wusste, ob sie ihre Spieltechnik oder mehr ihre Figur, die sie beim Spielen machte, bewunderten.
Als die Spielserie zu Ende war, setzten sich Efraine und Kern an die Theke. Alle Versuche Kerns, etwas über Efraine persönlich zu erfahren, hatte sie bisher im Keim erstickt. Sie wollte ihre Rolle eines Engels in geheimer Mission offensichtlich konsequent beibehalten.
Kern spürte die magnetische Ausstrahlung ihrer Persönlichkeit, diese Spur Verachtung allem Lebenden gegenüber. Und dann wusste er es plötzlich. Alle diese Dinge gehörten zusammen: Der Zusammenprall mit dem Schwertträger, die gebrochene Nase, seine Arbeitswut und die Begegnung mit Efraine. Das ließ auf eine Fortsetzung der Geschichte hoffen.
Kern versuchte noch ein paar persönliche Sätze. Aber er hatte nicht den Eindruck, dass er mit seinen Bemerkungen ihren Abwehrpanzer überwand. Sie spielte auch nach dem Billard ein Spiel mit ihm, und es gefiel ihr offensichtlich.
"Werden wir uns wiedersehen?", fragte er, als sie vom Barhocker glitt.
"Wäre eigentlich sehr schön", hörte er sie nachdenklich sagen. Aber was sie dann sagte, schien in unbekannten Räumen zu verhallen. Kerns Blick war in den Spiegel über der Bar gefallen und er sah in Efraines fürchterlich zugerichtetes Gesicht.
"Du bist in schrecklicher Gefahr", brachte Kern hervor.
"Sind wir das nicht alle?", gab Efraine zurück.
"Nein, im Ernst. Ich sehe es im Spiegel. Jemand will dir ans Leben."
Efraine sah ebenfalls, allerdings zweifelnd, in den Spiegel. "Ich sehe nichts. Kannst du sehen, wer mir ans Leben will?"
Kern sah wieder nach oben zum Spiegel. Er erkannte die Gestalt mit dem Schlangenkopf zu neuen Schlägen und Tritten ausholen.
"Ich bin ihm
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